Alfershausen
Nur das Interesse lässt zu wünschen übrig

Weißenburger Vocalisten geben in der Alfershausener Martinskirche ein hochkarätiges Konzert

18.11.2019 | Stand 23.09.2023, 9:31 Uhr
Die Weißenburger Vocalisten stellen in Alfershausen ihr Können unter Beweis. −Foto: Unterburger

Alfershausen (HK) Als Dekanatskantor ist Michael Haag für das gesamte evangelische Dekanat Weißenburg zuständig, der Kirchenmusikdirektor besucht auch gerne die Kirchen der Region.

Am Vorabend des Volkstrauertags ist er jetzt mit den Weißenburger Vocalisten in die Kirche St. Martin nach Alfershausen gekommen - einem von ihm gegründeten Vokal-Ensemble mit stimmlich erfahrenen Mitgliedern. Es war ein Chorkonzert auf höchstem Niveau. Allerdings war der Besuch enttäuschend. Nur rund 20 Zuhörer hatten sich eingefunden, um den sakralen Liedern des Kammerchors zu lauschen.

Das Chorkonzert stand unter dem Motto der Jahreslosung 2019: "Suche Frieden und jage ihm nach! " Die Alfershausener Pfarrerin Beate Krauß wünschte den Besuchern "eine schöne Einkehr in einem Konzert, das dem eigenen inneren Frieden gut tut". Kirchenmusikdirektor Haag, der den Chor seit der Gründung leitet und auch zwei Kompositionen auf der Orgel spielte, berichtete, dass Otto Riedmüller im Jahre 1934 die Tradition der Jahreslosungen und Gegenstück zu den Parolen der Nationalsozialisten eingeführt habe.

Der ausdrucksvolle Vortrag des gemischten Chores beeindruckte und faszinierte gleichermaßen. Kompositionen vom Barock über die Romantik bis zur Moderne beleuchteten die zu jeder Zeit wichtige Friedensthematik, ergänzt durch besinnliche Orgelwerke. Die zwölf Sängerinnen und sieben Sänger überzeugten vor allem in den sehr ruhigen Passagen der geistlichen Lieder. Die wunderbar aufeinander abgestimmte Mehrstimmigkeit und das perfekte Ausklingen mancher Lieder begeisterten.

Mit dem Kanon "Da pacem domine" ("Gib Frieden, Herr, in unseren Tagen") von Melchior Franck (1579-1639) zogen die Weißenburger Vocalisten in die Kirche ein und gruppierten sich um den Altar. Die ersten beiden Stücke standen unter dem Zeichen schrecklicher Kriege. So schrieb Heinrich Schütz (1585-1672) im Jahr 1648 - also im letzten Jahr des 30-jährigen Krieges - die fünfstimmige Motette "Verleih uns Frieden gnädiglich" aus der "Geistlichen Chormusik". Am Karsamstag des Jahres 1945 komponierte Rudolf Mauersberger (1881-1971) die Trauermotette "Wie liegt die Stadt so wüst" nach den Klageliedern des Jeremia. Während Jeremia an Jerusalem dachte, nahm Mauersberger einen Bezug zum zerstörten Dresden.

In einem zweiten Teil präsentierte der Chor Stücke in ganz verschiedenen Stilrichtungen, in denen angestrebt wird, den Frieden mit sich selbst und anderen zu finden. Franz von Assisi hatte seinerzeit gebeten: "O Herr, mach mich zu einem Werkzeug deines Friedens! " Der Komponist Rolf Schweizer machte dieses Gebet zur Grundlage einer bemerkenswerten Koposition. Chorleiter Michael Haag intonierte auf der Orgel die "Sonate c-moll/C-Dur" mit den Sätzen Grave, Adagio, Allegro maestoso e vivace und Fuga von Felix Mendelssohn-Bartholdy (1809-1847), deren Bandbreite vom schwermütigen Moll zum strahlenden Dur reichte.

Dann intonierte der Chor die Motette "Ubi caritas et amor, deus ibi est" ("Wo Liebe ist, da ist Gott") des französischen Spätromantikers Maurice Duruflé (1902-1986), die er im Jahr 1960 komponiert hat.

Chorleiter und Kirchenmusikdirektor Michael Haag, geboren 1961, setzte den Psalm 127 "Wo der Herr das Haus nicht baut, bauen umsonst die daran bauen" in ein Lied um. John Rutter, geboren 1945, komponierte das Lied "Let's begin again", bei dem Michael Haag den Chor auf dem E-Piano begleitete. Orgelklänge von Johann Sebastian Bach (1685-1750) füllten den Raum der kleinen Martinskirche, als Michael Haag die Komposition "Schmücke dich, o liebe Seele" auf der Königin der Instrumente, der Orgel, spielte.

Nach der meditativen Choralbearbeitung von Bach erfolgte ein großer Sprung in die Moderne: Karl Jenkins, geboren 1944, hat die Bittrufe "Peace! Peace! " in Englisch, Hebräisch, Sanskrit, Arabisch und Aramäisch verwendet und in eine ungewöhnliche Komposition eingebaut.

Als ebenfalls sehr ungewöhnlich und experimentell erwies sich das Stück "To be what we are to be about" ("Sein, was man wirklich ist") von Kurt Suttner, geboren 1936. Aus Suttners Worten ergab sich eine chorische Improvisation, die mit diesen Wörtern spielt.

Weniger experimentell war die Komposition "Peace I leave with you" ("Den Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch"), ein Satz aus dem Johannes-Evangelium, den Simon Waver, geboren 1979, als Grundlage für sein Stück nahm.

Abschließend sang der Chor gemeinsam mit den wenigen Frauen und Männern, die sich für das Konzert erwärmt hatten, den Kanon "Da pacem domine" ("Gib Frieden, Herr, in unseren Tagen") von Melchior Franck (1579-1639), mit dem er schon anfangs in die Kirche eingezogen war. Eine Bitte, die nichts von ihrer Aktualität verloren hat.

Pfarrerin Beate Krauß dankte dem qualitativ hochwertigen Kammerchor und lobte das Konzert in höchsten Tönen, es sei "beschwingt, bedrängend, bezaubernd", gewesen. Eine Einschätzung, der man voll zustimmen kann.

Die Kollekte dieses wunderbaren Abends wird für die Innenrenovierung von St. Martin verwendet. Eine Wiederholung des Konzerts fand übrigens einen Tag später in der Weißenburger Andreaskirche statt.

Robert Unterburger