Nürnberg
Nürnbergs Problemkind

Misidjan droht Haftstrafe - Gegen Hannover 96 könnte er erstmals in der Startelf stehen

21.09.2018 | Stand 23.09.2023, 4:16 Uhr
Krönung seines Einsatzes im Club-Trikot: Virgil Misidjan (Mitte) traf gegen Werder Bremen zum Ausgleich. −Foto: Jaspersen/dpa

Nürnberg (DK) Dass Virgil Misidjan dem 1. FC Nürnberg sportlich weiterhelfen kann, haben schon seine ersten Einsatzminuten in der Fußball-Bundesliga gezeigt.

An diesem Samstag (15.30 Uhr) könnte der Angreifer gegen Hannover 96 erstmals in der Startelf stehen. Es gibt allerdings ein anderes Problem mit dem Neuzugang.

Weil Misidjan trotz kurzzeitiger Atemnot am Ende unbeschadet aus der Club-Traube hervorgekrochen war, konnte der Offensivspieler in dieser Woche ganz normal trainieren und sich demnach auch für das Heimspiel gegen Hannover anbieten. "Ich hätte mir keinen besseren Start vorstellen können", sagt der Neuzugang, der am vergangenen Wochenende nach seinem Treffer gegen Werder Bremen in der Nachspielzeit von seinen Teamkollegen in deren Euphorie beinahe erdrückt worden wäre. Das Tor zum 1:1 an der Weser war die Krönung einer guten ersten halben Stunde im Club-Trikot. "Ich habe hoffentlich gezeigt, dass ich bereit bin, in der Startelf zu spielen", sagt Misidjan.

Tatsächlich hat bereits der erste Einsatz des Niederländers am vergangenen Sonntag angedeutet, dass er für den Aufsteiger enorm wertvoll sein kann. Für seine Verhältnisse hat sich der Club den 25-Jährigen mit 2,5 Millionen Euro Ablöse an Ludogorez Rasgrad auch einiges kosten lassen. 47 Tore und 35 Vorlagen in 202 Pflichtspielen für den bulgarischen Serienmeister sowie Champions-League- und Europa-League-Teilnahmen waren schließlich auch beeindruckende Fakten in Misidjans Bewerbungsschreiben. Und doch hat der erste Eindruck auch gezeigt, wie schade es für den Club wäre, wenn Misidjan plötzlich nicht mehr mitspielen könnte.

Der Neuzugang hat nämlich noch ein ganz anderes Problem mit nach Nürnberg gebracht: Zunächst einmal ein sehr persönliches, aber eben auch eines, das sich für den Club auswirken könnte, sollte der 25-Jährige tatsächlich eine drohende Haftstrafe antreten müssen. Wegen Körperverletzung wurde der Niederländer in seiner Heimat in erster Instanz zu einer sechsmonatigen Freiheitsstrafe (zwei Monate auf Bewährung) verurteilt.

Misidjan soll einen 68-Jährigen nach einem Streit verprügelt haben, der Mann soll sich dabei Ellenbogen und Knöchel gebrochen haben. Es gebe Zeugenaussagen, die behaupten, Misidjan habe sich nur selbst verteidigt, sagt sein Anwalt, und hat Widerspruch eingelegt. Bis zur nächsten Verhandlung bleibt Misidjan auf freiem Fuß. In Nürnberg wussten sie das alles, sahen aber großzügig darüber hinweg, weil Misidjans sportliches Können auf dem Weg zum Klassenerhalt wichtiger sein könnte und weil, wie es Sportvorstand Andreas Bornemann beschreibt, "davon auszugehen ist, dass das Urteil in der nächsten Instanz anders ausfallen wird und Virgil uns dann ganz normal zur Verfügung steht".

Bis dahin ist Misidjan für Nürnbergs Trainer Michael Köllner also zunächst einmal eine von mehreren Alternativen, die es ihm erlauben, "mehrere Optionen möglich zu machen". Eine groß angelegte Rotation, auch im Hinblick auf die Englische Woche, wäre laut Köllner zwar "der falsche Ansatz", doch ein paar Veränderungen aus taktischen Überlegungen heraus könnte es geben.

Zumal ein zweiter Neuzugang in Bremen für rein sportliche "Probleme" sorgte: Matheus Pereira, ebenfalls ein Last-Minute-Neuzugang aus Lissabon, den die Nürnberger von Sporting ausgeliehen haben, überzeugte auf der Außenbahn zwar mit kreativen Offensivaktionen, offenbarte aber im Defensivverhalten noch einige Defizite und wurde nach einer Stunde für Misidjan ausgewechselt. Gegen konterstarke Hannoveraner könnte Köllner diese Variante zu heikel sein. Es wäre die nächste Chance für Misidjan zu beweisen, dass die sportlichen Vorzüge die anderen Probleme überwiegen.

Matthias Vogt