Nürnberg
Nürnberger Messe will autark werden

Bau eines Wasserstoff-Kraftwerks geplant - Startschuss fällt bereits im kommenden Jahr

19.11.2020 | Stand 23.11.2020, 3:33 Uhr
Als erste Messegesellschaft der Welt wollen die Nürnberger ein Wasserstoff-Kraftwerk, um energetisch komplett autark zu wirtschaften. −Foto: Dierenbach

Nürnberg - Die NürnbergMesse will als erste Messegesellschaft der Welt ein Wasserstoff-Kraftwerk bauen und bis 2028 energetisch komplett autark wirtschaften. Das kündigten Geschäftsführer Roland Fleck und Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) am Mittwoch in Nürnberg an. "Die NürnbergMesse geht im Bereich Nachhaltigkeit voran und unterstützt damit unsere Agenda als Stadt Nürnberg, Wasserstoff zu einem zentralen Zukunftsthema der Stadtentwicklung zu machen", sagte Nürnbergs Oberbürgermeister Marcus König.

Startschuss für das Projekt ist bereits im kommenden Jahr, schon bis Ende 2023 soll der Grundbedarf an Energie auf dem Messegelände von derzeit 1,25 Megawatt (MW) zu 100 Prozent aus regenerativer Energie abgedeckt werden. In weiteren Schritten ist geplant, die Anlage auf bis zu 15 Megawatt stufenweise auszubauen. Für die CO2-neutrale Energiegewinnung kalkuliert die NürnbergMesse mit einem zweistelligen Millionenbetrag an Investitionen. Dafür werden derzeit entsprechende Förderanträge an die Bayerische Staatsregierung vorbereitet: "Corona wird den Messemarkt verändern, deshalb gehen wir als NürnbergMesse ganz bewusst neue Wege und investieren gezielt in Wasserstoff und damit in unsere Zukunft", sagt Peter Ottmann, CEO der Messe Group.

Die Grundidee der neuen Energieoffensive basiert auf einer Energieversorgung über regenerativ erzeugten Strom und Wärme auf Basis der Schlüsseltechnologie Wasserstoff. Konkret: Grünstrom-Erzeugung durch Photovoltaik-Anlagen auf den Hallendächern der Messe, grüner Wasserstoff aus überschüssiger elektrischer Energie und der Einsatz eines Wasserstoff-Langzeitspeichers auf Basis von flüssigen organischen Wasserstoffträgern (LOHC-Technik).

Gleichzeitig soll auch die Mobilitätsinfrastruktur auf dem Messegelände durch E-Ladesäulen und den Bau einer Wasserstofftankstelle ausgebaut werden - und somit das Angebot an Ladeinfrastruktur nicht nur für Aussteller und Besucher, sondern auch für den öffentlichen Verkehr und den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) um einen weiteren Energieträger mit hohem Potenzial vergrößert werden.

Für die Entwicklung des Projekts "Wasserstoff-Kraftwerk" hat sich die NürnbergMesse mit Jochen Lorz, CEO von Heitec und Klaus-Peter Gilbert von INP Deutschland, geballte Energie-Kompetenz aus Erlangen in die Messe geholt. Heitec hat sich einen Namen gemacht mit Produkten und Projekten zur Senkung des CO2-Footprints, INP bietet mehr als 30 Jahre Erfahrung in Kraftwerksbau und Energiewirtschaft.

Vorgesehen ist laut Messe ein Investitionsvolumen in zweistelliger Millionenhöhe. Allein die reine Technik werde 30 bis 40 Millionen Euro kosten. Das Kraftwerk soll auf großen Photovoltaik-Flächen auf den Dächern der Messehallen fußen. Die daraus gewonnene Energie soll mit Hilfe von Wasserstoff gespeichert und dann später über Brennstoffzellen und Wasserstoff-Tankstellen verbraucht werden. Reine Photovoltaik - ohne Wasserstoff - sei für die Messe nicht geeignet, da viel Energie in den sonnenarmen Wintern und wenig in den sonnenstarken Sommern gebraucht werde.

Die Investition in Nürnberg ist Teil der Wasserstoff-Initiative des Freistaates Bayern. Nach Angaben von Aiwanger will der Freistaat bis 2030 ein Netz von 100 Wasserstofftankstellen schaffen. Dazu stünden 50 Millionen Euro an Fördermitteln bereit. Aiwanger forderte die Akteure aus dem Energiesektor auf, die Wasserstoff-Initiative mitzutragen, auch wenn die Profitabilität derzeit noch nicht in vollem Umfang gegeben sein möge. Wasserstoff habe Potenzial für die Luftfahrt, für die Industrie, als Lkw-Treibstoff und als Speichermedium für Photovoltaik-Strom, etwa wenn für ältere Anlage die Einspeisevergütung auslaufe. "Wir müssen überall Akteure finden, die sich von der Wasserstofftechnik Profit versprechen", sagte Aiwanger.

dpa