Neuburg
Notorischer Betrüger muss hinter Gitter

Drei Jahre und zwei Monate Haft: 31-Jähriger hat sich seinen Lebensunterhalt im Internet ergaunert

23.08.2017 | Stand 02.12.2020, 17:36 Uhr

Neuburg (DK) Drei Jahre und zwei Monate muss ein notorischer Betrüger ins Gefängnis. Gestern verurteilte das Schöffengericht am Neuburger Amtsgericht den 31-Jährigen für 36 Taten. Begangen hatte er sie von 2013 bis 2015 in seiner damaligen Wohnung im östlichen Kreis Neuburg-Schrobenhausen.

Über Monate hinweg hat der Mann in einem Luftschloss gelebt und sich seinen Alltag einzig und allein mit Betrügereien finanziert. Doch schließlich ist diese Scheinwelt über ihm zusammengebrochen. In den nächsten Jahren wird er keinen Schritt mehr auf freiem Fuß machen, ein normales Leben ist für den mehrfach vorbestraften 31-Jährigen – der zum Zeitpunkt der Taten obendrein unter zweifach offener Bewährung stand – mit dem gestrigen Urteil in weite Ferne gerückt.

Bereits seit Februar sitzt der Mann, der zuletzt in einer Gemeinde im Landkreis Regensburg gelebt hatte, in Haft. Doch das gesamte Ausmaß seines Handelns kam erst im Laufe der vergangenen Monate ans Tageslicht. Der Angeklagte selbst versuchte in dem Verfahren erst gar nicht, sein kriminelles Treiben zu verschleiern. „Ich habe aus falschem Stolz gehandelt und keine Hilfe gesucht“, beschrieb er den Teufelskreis, in den er nach einem Bandscheibenvorfall und dem folgenden Verlust seines Arbeitsplatzes in Ingolstadt geraten war. Anstatt seinen Lebensstandard herunterzuschrauben, fing der Mann im September 2013 damit an, Waren im Internet zu bestellen – wohl wissend, dass er sie nicht bezahlen kann. Sein eigen Hab und Gut hatte er zu diesem Zeitpunkt überwiegend schon verscherbelt, um seine laufenden Kosten zu decken. Und auch die bestellten Waren verkaufte er überwiegend weiter. Die einzige Ausnahme waren Lebensmittel und Kleidung sowie ein paar Teile für seinen Computer. „Ich habe nur noch ein Loch nach dem anderen gestopft“, erinnerte sich der Mann. Ein Luxusleben habe er indes nie gewollt. „Ich dachte eher, dass ich das irgendwie noch alles hinbekomme.“ Doch letztlich verlor er angesichts der schieren Masse an Waren den Überblick – und rutschte immer tiefer in die Kriminalität ab. Oder wie es sein Verteidiger Martin Ondrasik ausdrückte: „Ab einem bestimmten Zeitpunkt war er in diesem Kreislauf gefangen.“

„Ich habe nur nochein Loch nach dem anderen gestopft.“

Der Angeklagte

 

 

Tatsächlich kam dabei eine beachtliche Anzahl an Straftaten zusammen: 40 Fälle des gewerbsmäßigen Betrugs mit einer Schadenssumme von knapp 8000 Euro warf Staatsanwältin Verena März ihm vor; nach einem Rechtsgespräch verständigten sich Gericht, Anklage und Verteidigung darauf, sich auf 36 davon zu beschränken. Dass diese erst nach und nach aktenkundig wurden, liegt zum einen daran, dass die geschädigten Firmen über das gesamte Bundesgebiet verstreut sind. Zum anderen benutzte der Angeklagte bei seinen Bestellungen eine Vielzahl an Identitäten. „Sie haben zahlreiche Leute mit reingezogen“, erklärte die vorsitzende Richterin Celina Nappenbach. Sie selbst habe bereits in einem anderen Verfahren jemanden freigesprochen, der für eine der Taten des 31-Jährigen angeklagt war. Erst bei einer Hausdurchsuchung Mitte 2015 in der Gemeinde im östlichen Landkreis war aufgeflogen, dass sich der Mann zahlreicher Scheinidentitäten bedient hatte. In der Folge trudelten Dutzende Verfahren bei den Ermittlern ein, wie ein als Zeuge geladener Polizist aus Neuburg erläuterte „Dieses System konnte nicht funktionieren“, sagte die Richterin in ihrer Urteilsbegründung.

Doch diese Erkenntnis kam dem Angeklagten erst spät. Zu einem Zeitpunkt, als bereits zahlreiche Anzeigen gegen ihn vorlagen. Geschuldet war das wohl auch der Entwicklung des 31-Jährigen, dem ein Gutachter eine Störung der Persönlichkeit attestierte. Eine Folge daraus sei „die Flucht in Scheinwelten, obwohl er um die strafrechtlichen Konsequenzen weiß“, so der Facharzt des Oberlandesgerichts München. Gleichzeitig schilderte er, dass der Angeklagte bestimmte Fernziele, also beispielsweise eine neue Berufsausbildung, in den Hintergrund rückt, rasch zugunsten seiner Bedürfnisse aufgibt. Eine Verminderung der Schuldfähigkeit ist nach Ansicht des Experten allerdings nicht gegeben.

„Dieses System konnte nicht funktionieren.“

Richterin Celina Nappenbach

 

Das sah auch das Gericht so, dass in sein Urteil drei weitere Strafen gegen den 31-Jährigen einbezog. Im Dezember 2015 hatte das Amtsgericht Jena den Mann zu einer Geldstrafe verurteilt, im vergangenen April stellte ihm das Amtsgericht in Aalen einen Strafbefehl über sechs Monate Freiheitsstrafe zu, und erst im Mai verurteilte ihn das Amtsgericht Neuburg zu elf Monaten Gefängnis, alles wegen Betrugs. Alle vier Strafen zusammen ergeben nun die drei Jahre und zwei Monate – hoffentlich die letzte Verurteilung, wie Nappenbach betonte. „Sie haben bisher eine Karriere gemacht, die für einen Richter frustrierend ist“, erklärte sie angesichts der Lebensgeschichte des früheren Anlagenmechanikers. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.