Pfaffenhofen
Notfalls auch vor Gericht

Ilmmünsterer hält seine Abschleppgebühren für zu hoch und lässt sich gegen Parkäume KG vertreten

10.08.2017 | Stand 02.12.2020, 17:40 Uhr
Dieses große Hinweisschild gab es noch nicht , als Günter Gniosdorz Wagen abgeschleppt wurde. Er habe das kleine Hinweisschild Ende Mai nicht gesehen, sagt Gniosdorz. Der Ilmmünsterer zieht wenn nötig auch vor Gericht, denn er hält die 342,50 Euro, die er für das Abschleppen seines Wagens bezahlt habe, für „Abzocke“. −Foto: Brenner

Pfaffenhofen (PK) Die Abschlepppraxis der Parkräume KG auf den Supermarktparkplätzen von Penny und Rewe hat viele Pfaffenhofener erzürnt. Rechtsanwalt Oliver Nagy vertritt nun zwei Betroffene in der Sache. Darunter Günter Gniosdorz, der die Gebühren für unverhältnismäßig hoch hält.

Am 26. Mai fuhr der Ilmmünsterer mit seinen beiden vier und sieben Jahre alten Enkelinnen zur Gartenschau und stellte seinen Wagen auf einen der Penny-Parkplätze, berichtet er. Gedanken darüber habe er sich nicht gemacht. „Der Parkplatz war ziemlich leer.“ Als er zur Gartenschau spazierte, fiel ihm sogar noch der Abschleppwagen auf, der an der Seite parkte. „Aber ich wäre nie darauf gekommen, dass der für Fremdparker ist“, sagt Gniosdorz. Doch als er rund vier Stunden später, gegen 19 Uhr, zurückkam, war sein Auto weg. „Ich habe die Kassiererin gefragt, die mir erst einmal eine falsche Nummer gab“, so der Ilmmünsterer. Dann habe sich herausgestellt, dass der Verantwortliche noch da war. Der Angestellte des Abschleppunternehmens informierte ihn über das weitere Vorgehen: Er solle 342,50 Euro bezahlen und erfahre danach, wo sein Auto stehe. Gniosdorz bezahlte, „auch weil meine Enkelinnen sehr müde waren und ich endlich zum Auto wollte“. Das parkte rund eineinhalb Kilometer weiter in der Ziegelstraße.

Im Nachhinein bekommt der Ilmmünsterer erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Vorgehensweise: „Die hohe Summe ist überhaupt nicht gerechtfertigt“, sagt er. „Ich finde, das ist Abzocke.“ Ihm geht es nun auch ums Prinzip, darum, sich als Bürger zur Wehr zu setzen.

Sein Anwalt Oliver Nagy (linkes kleines Bild) hält die Chancen vor Gericht für recht erfolgsversprechend. Ganz zurück bekommt allerdings wohl keiner sein Geld, dessen Fahrzeug abgeschleppt wurde. Aber zumindest teilweise wäre es möglich, erklären Nagy und sein Kollege André Schneeweiß (rechtes Bild). Nagy vertritt neben Gniosdorz auch noch Robert Königer aus Nötting, der 327 Euro an die Berliner Parkräume KG zahlte und die Sache nun wie Gniosdorz „bis zum bitteren Ende“ durchfechten will.

Ob er Erfolg haben wird, das ist auch Königer klar, wird sich erst noch zeigen. „Grundsätzlich gilt: Auf dem Privatgrund darf der Eigentümer oder Besitzer seine Interessen durchsetzen und unberechtigt parkende Fahrzeuge abschleppen lassen, ganz unabhängig davon, ob noch weitere Stellplätze verfügbar sind“, so Anwalt Nagy. Wenn Gartenschaubesucher seine Stellplätze blockierten, könne das seinem Geschäft schaden. Seinen Anspruch auf Kostenerstattung gegen den jeweiligen Parkenden könne er dann auch an Dritte – und eben auch an das Abschleppunternehmen selbst – abtreten. Doch dabei gelte auch die Schadensminderungspflicht sowie der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit. „Er kann nicht sagen, ich lasse jetzt eine Firma aus Hamburg kommen, die mit Fahrtkosten mehr als tausend Euro verlangt“, erklärt Schneeweiß, der bereits viele Jahre Erfahrung mit ähnlichen Fällen hat. Der Unternehmer müsse eben schauen, dass möglichst kostengünstig abgeschleppt wird.

Mandant Gniosdorz hatte mittlerweile ein Erlebnis, dass ihn in seiner Ansicht bestätigt, zu viel gezahlt zu haben: „Ich wurde vor Kurzem von Neubiburg nach Pörnbach zu meinem Reifenhändler abgeschleppt und das Unternehmen stellte dem ADAC 180,39 Euro in Rechnung“, so Gniosdorz. Selbst wenn der ADAC Sonderpreise verhandelt habe, könne er sich diese große Differenz nicht erklären.

Auch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs in einem ähnlichen Fall aus dem Jahr 2014 könnte für seine Mandanten relevant werden, so Anwalt Nagy: „Er hat entschieden, dass die Firma zwar auf Privatgrund abschleppen lassen darf, aber nur zum ortsüblichen Preis.“ Diesen schätzt Nagy in Pfaffenhofen auf rund 150 Euro, das wäre knapp die Hälfte des Preises, der verlangt wurde.

Doch Kläger gehen ein hohes Risiko ein, warnt Schneeweiß: Sie müssen den Beweis führen, also oftmals mittels eines Gutachtens – das mehrere Tausend Euro kosten kann – nachweisen, dass die ortsüblichen Preise bei ihrem Fahrzeug nicht vergleichbar sind. „Es ist nämlich auch ein Unterschied, wie groß der abgeschleppte Wagen ist oder wie viel Anfahrtszeit man braucht.“

Zahlen müsste im Fall des Falles übrigens der Handelnde, also das Abschleppunternehmen, an das ja auch der Schadensersatzanspruch abgetreten wurde. Ob der dann seinerseits den Supermarkt verklagen könnte, „das ist wieder eine völlig andere Rechtslage“, so Schneeweiß. Für ihn ist in jedem Fall klar: „Ohne eine Rechtsschutzversicherung sollte man auf keinen Fall vor Gericht ziehen.“ Denn selbst bei einem Erfolg könnte es bitter werden: Geht die Firma während des Prozesses pleite, hole sich der Staat die Kosten vom Sieger, bevor er selbst zahle.

Einen Tipp haben die beiden Anwälte für Fahrer, deren Auto abgeschleppt wurde. „Man sollte auf jeden Fall einen Vorbehalt gegen die Zahlung äußern, am besten schriftlich und vor Zeugen“, so Schneeweiß. Das könne später enorm helfen. „Wenn jemand umgekehrt irgendwie klar macht, dass er weiß, wie viel niedriger die ortsübliche Rate ist und trotzdem ohne Vorbehalt zahlt, kann ein Rückzahlungsanspruch gegebenenfalls ausgeschlossen sein.“ Schließlich habe er dann genau gewusst, auf was er sich einlasse, so die juristische Erklärung.

Es bestehe generell sogar die Möglichkeit, dass ein Abschleppunternehmen sich mit seinem Handeln strafbar mache: Nämlich dann, wenn ihnen bekannt sei, wie hoch die ortsübliche Rate ist und sie wissentlich mehr verlangen. Das muss allerdings vor Gericht erst noch bewiesen werden – kein leichtes Unterfangen, schätzen die Anwälte.

Zurzeit wartet Anwalt Nagy noch darauf, ob und wie die Parkräume KG auf seine Schreiben reagiert. „Sonst wird es wohl auf eine Klage hinauslaufen.“ Eine Stellungnahme zu dem Thema gab es von der Parkräume KG nicht – die Firma hat sich auch auf Anfrage unserer Zeitung bisher nicht gemeldet.

Bürgermeister Thomas Herker (SPD) traf sich Mitte Juni mit den Vertretern von Rewe und Penny. Dabei habe man sich „einvernehmlich“ darauf geeignet, dass die Stadt zwar niemanden untersagen wolle, seine eigenen Parkräume zu überwachen. Wenn das allerdings so unvermittelt geschehe, dass sich viele Bürger über die Praxis bei der Stadt beschwerten, könne das weder im Sinn der Stadt als auch der Unternehmen sein.

Rewe hat mittlerweile in einer Pressemitteilung reagiert: „Selbstverständlich stehen außerhalb unserer Öffnungszeiten die Parkplätze des Rewe-Marktes in der Weiherer Straße den Bewohnern von Pfaffenhofen und den Besuchern der Gartenschau zur Verfügung“, so Ursula Egger, Pressesprecherin der Rewe Süd. „Um unnötigen Ärger zu vermeiden, wird Rewe die Beschilderung auf ihrem Parkplatz überprüfen und zusätzliche Hinweisschilder anbringen, die plakativer als die bisherigen auf die begrenzte Dauer der Parkzeit hinweisen.“