Eichstätt
Nonnen auf nächtlicher Flucht

Schwierige Überquerung der Altmühl - Brückengeschichten: Schlagbrücke mit Zoll- und Torhaus

14.08.2020 | Stand 02.12.2020, 10:46 Uhr
Der 1933 fertig gestellte Altmühlübergang mit der vereinten Schlag- und Eselsbrücke, was auf dem Bild vom Historischen Verein gut erkenntlich ist. Die Brückenpfeiler sind Eisenkonstruktionen. −Foto: Reproduktionen Ettle, Historischer Verein

Eichstätt - Wie so viele Flussübergänge in der engeren Heimat, von der Autobrücke bis zum einfachen Fußgängersteg, ist in den letzten Kriegstagen im April 1945 auch die Schlagbrücke im Westen Eichstätts von fanatischen deutschen Soldaten gesprengt worden.

In der Mitte notdürftig geflickt, konnte die Brücke über Jahre etwa von Lastwagen nur unter größter Vorsicht befahren werden. Dieses Schicksal erinnert an eine andere Kriegszeit, nämlich an den Dreißigjährigen Krieg (1618 bis 1648). Als einmal die Nonnen von Marienstein in die Stadt fliehen mussten, waren von der Schlagbrücke nur noch Balken stehen geblieben, über die Soldaten die Klosterfrauen leiteten.

Von einem Neubau der Schlagbrücke im Jahr 1583 schreibt Julius Sax im Buch "Eichstätt - Geschichte des Hochstifts und der Stadt": "Die Brücke bestand aus Holz, in der Mitte wurde ein Zoll- und Torhaus gebaut". Die Priorin von Marienstein, Clara Staiger (1588 bis 1656), nennt die Brücke in ihrem berühmten Tagebuch "schlachtbruggen". Aus dem Jahr 1781 wird von einer Reparatur berichtet und außerdem, dass die Schlagbrücke nun nur noch von fürstlichen Fuhrwerken benutzt werden durfte. Zugleich entfernte man in dem Jahr das Zollhaus und den Schlagbaum. Daran erinnert heute noch der Name Schlagbrücke; Erbauer war Bischof Martin von Schaumberg.
Im Jahr 1777 hatte ein Eisstoß die Schlagbrücke schwer beschädigt. Sie wurde abgetragen und ein Neubau, auch aus Holz, hingestellt. Es bestand noch eine zweite kleine Brücke, die den Hofmühlgraben überspannte. Sie wurde als Eselsbrücke bezeichnet. Einen Flussübergang gab an der Stelle schon im 15. Jahrhundert, denn das Tiefe Tal war eine der Zubringer-Straßen zur Stadt.

1893: Erste Brücke aus Steinen gebaut1836 entstand eine neue hölzerne Brücke über die Altmühl. 1893 hatte die Holzbrücke ausgedient. Die Bauleute errichteten nun eine Eisenbrücke, verfüllten teilweise den Hofmühlgraben und integrierten die Eselsbrücke in die Schlagbrücke. Der Wasserlauf heißt von der Brücke an in Richtung Stadt "Freiwasser". Zum Ende des Zweiten Weltkriegs, am Abend des 24. April 1945, wurden in Sekundenschnelle die Schlagbrücke - und weitere Eichstätter Flussübergänge - von deutschen Soldaten zerstört. Ein bedeutendes Stück der Schlagbrücke war in der Mitte mit Balken und Bohlen notdürftig geflickt. Wenn schwere Fahrzeuge kamen, mussten Mitfahrer aussteigen, da die Gefahr des Einbrechens bestand. Als letzte der 1945 beschädigten Brücken wurde die Schlagbrücke in einer Bauzeit von acht Monaten erneuert, dazu mussten 18 Pfeiler bis in eine Tiefe von 13 Metern in den Untergrund gerammt werden.

Zur Einweihung im Juni 1953 kamen rund 150 Zuschauer. Nach dem Abspielen der "Bayern-Hymne" sprach Oberbürgermeister Dr. Hans Hutter. Er sagte: "Das Zerstörungswerk war ein verbrecherischer Befehl am Ende eines sinnlosen Krieges. " Das kostete viel Geld: 63000 Mark hatte die Stadt aufwenden müssen. Teile der alten Eisenkonstruktion, die stark verschoben waren, wurden benutzt. Den kirchlichen Segen erteilte dem Bauwerk Domdekan Josef Heindl. Das "Brückenmahl" wurde im Stadtkeller eingenommen.

Zuletzt ist die Schlagbrücke im Jahr 1978 neu gebaut worden; die Einweihung war im Dezember. Die Kosten lagen bei 1,32 Millionen Mark. Baulastträger ist die Stadt Eichstätt.

Zurück zu den Mariensteiner Augustinerinnen. "Am 27. September 1648 herrschte übles Geschwätz und große Furcht", notierte Priorin Clara Staiger, "und der Schlosshauptmann hat einen Boten geschickt mit dem Rat, die Schwestern sollen in die Stadt fliehen. " Die Nonnen hätten das Notwendige zusammengepackt und das Kloster verlassen. Die Schlagbrücke sei schon abgebaut gewesen. Unter Lebensgefahr seien sie "bei finsterer Nacht" dank einiger Balken und mithilfe von Soldaten über die Altmühl in Sicherheit gekommen. "Das hat viel Brot und Bier gekostet", bemerkte die Priorin in ihrem berühmten Tagebuch.

Jura-Marmor für den Bau der WalhallaJura-Marmor aus dem Altmühltal wird heute in alle Welt verfrachtet. Und schon vor knapp 200 Jahren war der Stein aus den Brüchen am Fuß der Willibaldsburg vom königlichen Hofarchitekten Leo von Klenze begehrt: Er bestellte umfangreiche Lieferungen für die Errichtung des Ruhmestempels Walhalla.

Aus den Brüchen stammen auch die Steine für den Bau der Willibaldsburg. Der ursprünglich fürstbischöfliche Steinbruch war 1830 von Steinmetz Anton Wagner erworben worden. Dieser hatte den Auftrag von 88000 Kubikfuß (etwa 2470 Kubikmeter) Steine zum Bau der Walhalla bei Donaustauf erhalten, und lieferte Eichstätter Werkstein für den Unterbau. Die Marmorblöcke wurden bei der Brücke auf Lastkähne verladen und abtransportiert.

Die Schlagbrücke wird westlich von einer Steinplastik geschmückt, die den Heiligen Johannes von Nepomuk zeigt. Die Statue wurde um 1730 von Matthias Seybold geschaffen. In jüngster Zeit wurde das Kunstwerk mehrmals geschändet.

EK