stadtgeflüster
Nichts überstürzen in der Bauabteilung

28.12.2018 | Stand 02.12.2020, 14:57 Uhr

(rh) Selbst die treuesten Anhänger unserer freiheitlichen Demokratie kommen manchmal an der Einsicht nicht vorbei, dass der Parlamentarismus leider auch gewisse Nachteile mit sich bringt.

Was könnte etwa, um nur ein Beispiel zu nennen, der AfD-Opa Alexander Gauland für ein beschauliches und stressfreies Rentnerdasein führen, er könnte sich daheim in aller Ruhe um seinen Garten kümmern, könnte seine Krawattensammlung in Ordnung bringen und vielleicht mal ein gutes Buch über die deutsche Geschichte lesen. Aber nein, stattdessen nötigt der Wählerwille den alten Mann dazu, im Fernsehen rassistische Reden zu halten und sich dafür noch aus Steuermitteln gut bezahlen zu lassen.
Auch Theaterfreunde können nicht leugnen, dass ihnen mitunter vordemokratische Zeiten arg verlockend erscheinen. Kaum zu glauben, dass ein solches Wunderwerk wie das Markgräfliche Opernhaus in Bayreuth in ganzen vier Jahren gebaut wurde, ohne Architektenwettbewerb. Innerhalb dieses Zeitraums würde es heute ein Prüfungsantrag der SPD-Fraktion mit der Forderung, spätestens 2050 mit der Generalsanierung des Stadttheaters zu beginnen, nur unter glücklichen Umständen überhaupt auf die Tagesordnung des Stadtrates schaffen. Den Bau der Kammerspiele an der Schlosslände hätte Markgräfin Wilhelmine von Bayreuth locker in zwei Jahren durchgezogen - und zur Einweihung gleich noch ein selbst verfasstes Theaterstück geliefert.
Die Schwester Friedrichs des Großen hatte vor 270 Jahren die geplante Vermählung ihres Fräulein Tochter zum Anlass genommen, um den berühmtesten Theaterbaumeister aus Italien zu holen, der ihr für die Feierlichkeiten den angemessenen Rahmen schaffen sollte. Man darf wohl ohne Übertreibung behaupten, dass ihm dies gelungen ist. Das original erhaltene Rokoko-Juwel ist inzwischen Unesco-Weltkulturerbe. Wie wir den erfolgsorientierten Schanzer CSU-Regenten einschätzen, wird er alle Kräfte mobilisieren, damit Ingolstadt, wenn nicht zur Welthauptstadt der Digitalisierung, so doch zum Top-Standort mit führendem Gründerzentrum avanciert. Dass oben auf den Brigk-Neubau unbedingt ein nobles Panoramarestaurant gehört, sollte der OB aber besser nicht mit einem baldigen Hochzeitstermin in seiner Familie begründen. Damit käme er wohl nicht einmal in der CSU-Fraktion durch.