Nichts überstürzen

Kommentar

04.02.2018 | Stand 02.12.2020, 16:51 Uhr

Wenn die EU-Kommission am morgigen Dienstag ihre Strategie für den Westbalkan vorstellt, wird nicht aus allen EU-Hauptstädten Applaus kommen. Denn viele Regierungen hegen Sympathie für die bisherige Position von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, nach der die EU die Beitritte von 13 Staaten in den vergangenen Jahren erst einmal verkraften muss.

Hinzu kommt der Brexit, der die Union vor große Herausforderungen stellt und schwächen wird. Morgen jedoch sollen Albanien, Mazedonien, Montenegro, Bosnien-Herzegowina, Serbien und Kosovo eine konkrete Beitrittsperspektive bekommen.

Demnach könnten Serbien und Montenegro bereits 2025 EU-Mitglieder werden. Wichtig aber wird sein, keine falschen Hoffnungen zu schüren, sondern glasklare Bedingungen zu stellen, etwa was wirtschaftliche und rechtsstaatliche Reformen oder den Kampf gegen Korruption und die organisierte Kriminalität angeht. Serbien etwa muss endlich sein Verhältnis zum Kosovo normalisieren. In anderen Ländern sind die Aufgaben noch größer. Das tief gespaltene Bosnien-Herzegowina ist zu einem Hort des Islamismus geworden, Saudi-Arabien hat seinen unseligen Einfluss konsequent ausgebaut.

Auch Russland oder die Türkei kämpfen um Einfluss in der Region. Das darf nicht verharmlost werden. Es ist natürlich in europäischem Interesse, die sechs Länder an Europa zu binden. Die EU hat jedoch eine Menge eigene Probleme zu bewältigen. Deshalb darf sie sich nicht leichtfertig neue aufhalsen. Beim Beitritt neuer Mitglieder darf nichts überstürzt werden, die Erweiterung nicht gegen den Willen der Europäer durchgeboxt werden. Den deutschen Bauern wäre zum Beispiel kaum zu vermitteln, wenn sie auf Milliarden aus Brüssel verzichten müssten, während die EU Länder aufnimmt, in die für viele Jahre Unsummen an Gemeinschaftsgeldern fließen werden.