Wolnzach
Nichts als heiße Luft

Fünf Jahre nach Schließung ist das Insolvenzverfahren gegen den Hallertau-Park eingestellt

12.02.2016 | Stand 02.12.2020, 20:12 Uhr

Der große Andrang blieb aus, Parkplätze waren vor dem Eingangscontainer des Hallertau-Parks immer leicht zu finden. - Foto: WZ-Archiv/Trouboukis

Wolnzach (WZ) Größer, schöner, Hallertau-Park. Doch von der Indoor-Freizeitanlage in Deutschlands größter Traglufthalle, die vor fünf Jahren in Wolnzach dichtgemacht hat, ist nur ein Berg Schulden übrig: Das Insolvenzverfahren ist laut dem Amtsgericht Ingolstadt eingestellt, weil nichts zu holen ist.

"Wir haben gedacht, das passt schon. Schließlich war er ein Wolnzacher Unternehmer und wir auch. Da hilft man sich gegenseitig." Noch dazu, wenn man sich praktisch täglich sieht. Da warte man im guten Glauben schon mal länger auf die Bezahlung einer Rechnung. Ein Trugschluss, das weiß dieser Handwerksmeister heute. Denn sein Vertrauen kam ihm teuer zu stehen: Er ist auf einer hohen fünfstelligen Summe sitzengeblieben. Der finanzielle Schaden ist das eine, schwer wiegt aber auch die persönliche Enttäuschung, die sich bei so manchem in tiefes Misstrauen gewandelt hat. "Unser Glaube in andere ist schwer angeschlagen", sagt die Frau eines geschädigten Unternehmers. Erst kürzlich habe das bei einem Auffahrunfall auch ihr Unfallgegner zu spüren bekommen. "Ich habe gleich nach der Polizei verlangt", gesteht sie. Den Beteuerungen ihres Unfallgegners habe sie nicht ohne Weiteres glauben wollen. Ein "gebranntes Kind" sei sie nach ihren Erfahrungen mit dem Hallertau-Park.

Der Hallertau-Park. Eine riesige Traglufthalle war das, die im Juni 2009 auf einem - damals der Marktentwicklungsgesellschaft Wolnzach gehörenden - Grundstück im Gewerbegebiet Schlagenhauser Mühle aufgeblasen wurde. Eine optische Zäsur zwischen Feldern und Hopfengärten, eine, die nicht allen gefiel und bald für heftige Kritik aus der Bevölkerung sorgte. Einen modernen Indoor-Freizeitpark mit Klettertürmen, Dschungelatmosphäre, Tretbooten, Bewirtung und zahlreichen überdimensionalen Hüpfburgen beherbergte die Halle, die bald als "Ufo" betitelt wurde. Das Projekt wurde großspurig beworben, die Macher des Parkes fielen durch entsprechendes Auftreten auf.

"Man wusste, sich zu verkaufen", so einer der Gläubigeranwälte heute. Mehrfach habe er selbst mit dem Parkchef zu tun gehabt, könne verstehen, dass die Parkbetreiber sowohl bei der Gemeinde als auch bei vielen Unternehmen, die sie zum Aufbau und Betrieb der Anlage ins Boot holten, zunächst keinen Anlass zum Misstrauen gaben. Das allerdings sollte sich bald ändern, denn das so glänzend gemalte Park-Bild bekam ganz schnell Risse. "Die Idee war gut, die Ausführung aber mangelhaft bis ungenügend." Der Wolnzacher Bürgermeister Jens Machold muss nicht lange nachdenken, wenn er seine Eindrücke zum Hallertau-Park rekapitulieren soll. Der Markt habe die Geschäftsidee anfangs unterstützt, in der Ansicht, dass ein solcher Indoor-Park durchaus zum Publikumsmagneten werden könnte. Aber: "Dazu hätte es auch ein hohes Maß an Professionalität in der Ausführung gebraucht", so der Rathauschef. "Und das hat der Betreiber nicht erfüllen können."

Gezeigt hat sich das eigentlich schon gleich nach der - übrigens mehrfach verschobenen - großen Eröffnung im Sommer 2009: Die Container, die den Parkeingang markieren, wirkten provisorisch, der unbefestigte Parkplatz wurde bei Regenwetter - für einen Indoor-Park die beste Witterung - zur Schlammwüste, durch die die Besucher stapfen mussten. Der Schlamm an den Schuhen verteilte sich über die Trittwege und haftete bald in sämtlichen Anlagenteilen, die Sauberkeit ließ zu wünschen übrig und im Sommer herrschten in der Halle hohe Temperaturen, "die dem Dschungel schon sehr nahe kamen", weiß der Bürgermeister noch gut. Das Image war schnell angeschlagen. Gäste kamen zwar, auch Schulklassen buchten immer wieder den Kletterpark, der Gewinn reichte allerdings nicht, um das Megaprojekt zu finanzieren und die Mitarbeiter zu bezahlen.

Das bekamen viele zu spüren, die Leistungen für den Hallertau-Park erbracht haben. Mit kleinen Zwischenzahlungen wurden einige Unternehmer immer wieder besänftigt, "zum Weiterarbeiten überredet", nennt das einer der Anwälte. Das dicke Ende: Im Zuge des Insolvenzverfahrens wurden diese Beträge von der Gegenseite sogar wieder zurückgefordert - obwohl der Hallertau-Park mit einem Vielfachen bei den Unternehmen in der Kreide steht. Begründung: Die Zahlungen stammten angeblich nicht aus der Unternehmensmasse, sondern aus der Privatkasse des Betreibers und seien damit nicht Gegenstand des Verfahrens. "Das schlägt dem Fass wirklich den Boden aus", so der Anwalt. Im Interesse seiner Mandantschaft werde er das auch "so nicht hinnehmen".

Die Luft ist raus, die Halle nach langem Hin und Her abgebaut, die Kosten dafür trug die VBM Leasing als Eigentümerin der teuren Traglufthalle. Jetzt ist ein weiteres Kapitel des Hallertau-Parks zugeschlagen: Laut einer aktuellen Bekanntmachung des Amtsgerichts Ingolstadt ist das von der Minijob-Zentrale der Deutschen Rentenversicherung am 14. September 2010 beantragte Insolvenzverfahren gegen die Hallertau-Park GmbH eingestellt - mangels "einer die Kosten des Verfahrens deckenden Masse". Damit ist es amtlich, dass nichts zu holen ist.

Für die Gläubiger ist das keine Überraschung. Doch der Stachel sitzt tief, schon bei der Erwähnung des Hallertau-Parks geraten sie in Wallung; auch jetzt noch, fünf Jahre nachdem die Zahlungen ausblieben. "Ich würde denen gerne ins Gesicht sagen, was ich von ihnen halte", so ein Gläubiger. Das dürfte allerdings schwierig werden, denn der Parkbetreiber ist längst fort, soll sich aktuell nicht einmal mehr in Deutschland aufhalten - sondern im sonnigen Florida.