Schrobenhausen
Nicht künstlich wirken

30.09.2011 | Stand 03.12.2020, 2:20 Uhr

Wie man sich gut schminkt: Gabi Grosch hat sich in Schrobenhausen ein kleines Studio eingerichtet - Foto: Junk

Schrobenhausen (SZ) Davon ist Gabi Grosch überzeugt: „Solange das Gesamtbild passt, kann man alles machen!“ Und diese Einstellung ist in ihrem Beruf durchaus wichtig.

Die Schrobenhausenerin arbeitet nämlich seit vielen Jahren als Maskenbildnerin. Für sie besteht ihre Hauptaufgabe darin, „das Positive aus einem Gesicht herauszuholen“. „Beim richtigen Schminken geht es darum, den Charakter durch das Aussehen zu zeigen und Tolles im Gesicht hervorzuheben, ohne dabei künstlich zu wirken“, erklärt sie.

Wenn sie beispielsweise Sabine Sauer auf die Moderation ihrer Sendung „Wir in Bayern“, die vom Bayerischen Rundfunk ausgestrahlt wird, vorbereitet, konzentriert sie sich darauf, das Schöne zu sehen. „Jemanden zu schminken ist wie ein Bild zu malen. Das Endergebnis bleibt bis zum Schluss unsicher“, beschreibt sie ihre Arbeit.

Wie kam Gabi Grosch eigentlich zu dieser Tätigkeit? „Zunächst muss man wissen, dass es bei uns im Westen damals keine Literatur für Maskenbildner gab. Die Ausbildung wurde meist im Theater gemacht. In der DDR hingegen gab es extra Hochschulen dafür“, erklärt sie. „Der Geselle des Salons, in dem ich meine Friseurausbildung – Voraussetzung für die Ausbildung zum Maskenbildner – absolvierte, hatte jedoch einen dicken Wälzer zu dem Thema, der hat mich dann neugierig gemacht.“ Deshalb ging sie anschließend zum Theater, wo sie zunächst lernte, Bärte zu knüpfen und Haarteile anzufertigen. „Man musste von Anfang an mitarbeiten, der Schwerpunkt lag immer auf der Praxis“, erinnert sie sich.

Detektivarbeit

Das 1991 erschienene Werk „Maskengestaltung. Theater – Film – Fernsehen“ von Julius Hellmich ist die erste Fachliteratur, die sie selbst besitzt. „Das Buch hat mir so gut gefallen, dass ich unbedingt Kontakt zum Autor aufnehmen wollte“, erzählt sie schmunzelnd. Das Problem dabei: Der ältere Mann, der in Dresden lebte, besaß noch kein Telefon. „Also habe ich beim Verlag angerufen und dort erzählt, dass ich Maskenbildnerin bin. Nachdem ich eine Weile gebettelt hatte, gaben sie mir tatsächlich seine Adresse und ich fuhr auf gut Glück nach Dresden.“ Dort stand sie dann vor seiner Haustür und traf auf einen sehr überraschten Mann. „Er bat mich dann wirklich herein und wir unterhielten uns lange.“ Noch heute zählt sie dieses Treffen, aus dem eine Freundschaft entstand, zu ihren schönsten Erlebnissen. „Ich habe den Mann ausfindig gemacht, der nicht zu finden war“, lacht sie.

Bis heute bereut sie ihre Berufswahl nicht. Trotz steigenden Konkurrenzdrucks aus dem Ausland und sinkenden Löhnen meint Gabi Grosch: „Ich kann mich nicht beklagen, ich habe noch genug Arbeit.“ Dabei hört die Unsicherheit, die eine freiberufliche Tätigkeit mit sich bringt, nie auf. „Aufträge erhalte ich meistens durch Kontakte. Prominente wollen meist von Menschen ihres Vertrauens geschminkt werden und nicht von irgendeinem Unbekannten.

Auch Zuverlässigkeit ist entscheidend. „Ich würde nie einen Termin absagen, nur um ein besseres Angebot anzunehmen“, erklärt sie. Und auf Pünktlichkeit wird beim Fernsehen und Film viel Wert gelegt, da jede Sekunde Geld kostet. „Durch den steigenden Preisdruck tritt Qualität immer mehr in den Hintergrund“, beurteilt Gabi die Entwicklungen der letzten Jahre. So beschäftigen die meisten privaten Rundfunkanstalten mittlerweile auch nur noch Visagisten, die – im Gegensatz zu Maskenbildnern – keine Friseurausbildung durchlaufen mussten.

Königsbesuch

Für Gabi Grosch stellt das jedoch kein Problem dar. Sie erhält eine Vielfalt von Aufträgen und kann von einigen spannenden Begegnungen berichten. „Bei den Sicherheitstagen am Bayerischen Hof war einmal Abdullah II. bin al-Hussein, der König von Jordanien, anwesend. Zuerst war nicht klar, ob er eigene Maskenbildner mitbringen würde oder sich von mir schminken lassen wollte, aber er hat sich dann für mich entschieden. Als er in den Raum kam, mussten alle genau auf die Etikette achten und niemand durfte ihm die Hand geben. Nachdem ich ihn dann fertig geschminkt hatte, umarmte er mich plötzlich zum Abschied. Ich war total erschrocken und dachte nur: ‚Ich hab nichts gemacht!‘. Was die anderen Anwesenden wohl gedacht haben“, erinnert sie sich lachend.

Oft schminkt sie bekannte Politiker an Parteitagen und anderen politischen Events. Nebenher ist sie auch bei der Sternstundengala oder beim Dreh von Werbeclips zu finden. Außerdem arbeitet sie bei sogenannten Homestorys mit. Neulich erst hat sie Schauspielerin Diana Körner besucht. „Am liebsten mache ich aber bei aktuellen Sachen mit“, sagt sie, „ich mag generell alles, was live ist.“.

Vor der Kamera

Mittlerweile ist sie jedoch nicht mehr ausschließlich hinter den Kulissen zu finden, sondern gibt gelegentlich selbst Interviews. Nach dem Tod Petra Schürmanns im vergangenen Jahr war sie in der Sendung „Auf der blauen Couch“ in Bayern 1 geladen, um von ihrer guten Freundin zu erzählen.

Außerdem arbeitet sie als Dozentin in einer Journalistenschule, wo sie zusammen mit Claudia Schick von der ARD angehende Moderatoren ausbildet. Dabei gestalten diese erst selbst eine Sendung, am nächsten Tag erhalten sie Tipps. „Ich zeige den Studenten, wie sie ihre Kleidung ans Bühnenbild und das Thema anpassen können. Das Erscheinungsbild spielt bei der heutigen Programmvielfalt eine sehr große Rolle, da es zusammen mit der Stimme entscheidet, ob die Leute weiterzappen oder nicht. Das Thema ist da erst mal nebensächlich“, berichtet sie.

Wenn man Gabi Grosch fragt, wann das denn war, wovon sie erzählt, stutzt sie manchmal. „Bei den vielen Reisen verliert man einfach das Zeitgefühl. Man kann es sich nicht leisten, in der Vergangenheit zu leben, es zählt nur die Gegenwart“, entschuldigt sie sich. „Schauspielern geht es da in Interviews oft ähnlich, die wissen meist auch nicht, wann sie welchen Film gedreht haben. Oft vergesse ich sogar, wen ich alles geschminkt habe und es fällt mir erst durch Fotos oder Ähnliches wieder ein. Trotzdem denke ich mir immer wieder: Es ist toll, diese Leute persönlich kennenzulernen!“