stadtgeflüster
Neulich auf der Bundesgartenschau

28.08.2019 | Stand 02.12.2020, 13:11 Uhr

(peh) "Die beste Bildung findet ein gescheiter Mensch auf Reisen", wusste schon Johann Wolfgang von Goethe.

Also machten wir uns, den Baedeker im Rucksack, frohen Mutes auf nach Heilbronn. Zur Bundesgartenschau. 40 Hektar unter dem Motto "Blühendes Leben". Und was wir da alles gesehen haben: Dahlien-, Echsen-, Kakteen-, Apotheker- und unzählige andere Gärten, ein Hochhaus aus Holz, einen bionischen Faserpavillon, den Einsatz von Robotern im Gartenbau, diverse Wasserspielplätze, Baumhoroskope, Klimabäume, einen Modellbodensee und - Sie werden es nicht glauben - den Audi e-tron sowie Vorführungen von autonomem Fahren. So eine Freude: Da fühlt man sich als Schanzer doch gleich wieder wie daheim - wenn nur nicht der etwas gewöhnungsbedürftige Dialekt der dortigen indigenen Bevölkerung wäre. . .

Natürlich ist das autonome Fahren in der Stadt des berühmten Käthchens bei weitem nicht so schick wie bei uns mit einem Testfeld auf der Autobahn und der letzten Meile zum Campus oder gar Flugtaxis. Nein, völlig unförmige, klobige Transporteinheiten quälen sich da lustlos ein paar Meter über den Asphalt. Da ist man in Ingolstadt wahrlich anderes gewohnt.

Aber irgendwie ist das nicht unbedingt das, was man als Besucher einer Bundesgartenschau sehen will. Es muss ja nicht gleich ein ganzer Garten mit Duftrosen oder Pflanzen aus Australien sein. Also machten wir uns auf zu einer anderen Station. Irgendwas mit Wald und dem ganzen Stress, den er wegen der Hitze und der Trockenheit und des Klimawandels hat. Und natürlich der Borkenkäfer, der darf da auf keinen Fall fehlen. Wobei - jetzt sind wir wieder beim Dichter des "Faust" - diese Station wirklich interessant und lehrreich war. Denn wir erfuhren so ganz nebenbei, dass der zentrale Teil des Brutsystems mancher Borkenkäferarten den schönen Namen "Rammelkammer" trägt. Again what learned, wie man im Donaumoos bekanntlich immer zu sagen pflegt.

Ansonsten kann sich Heilbronn natürlich mit Ingolstadt kaum messen, wobei die frühere freie Reichsstadt über ein Salzbergwerk verfügt sowie sich selbst als das Rotweinzentrum Deutschlands bezeichnet. Schon der junge Theodor Heuss verfasste übrigens 1905 seine Doktorarbeit über "Weinbau und Weingärtnerstand in Heilbronn am Neckar". Nur in einer Beziehung sind uns die Heilbronner deutlich voraus. Die Neckarmeile soll die größte Gastromeile an einem Fluss in ganz Süddeutschland sein. Parallel zur Fußgängerzone findet der Besucher auf 700 Metern 20 Lokale direkt am Wasser. Und wir haben genau hingeschaut. Da kann Ingolstadt nicht mithalten. Aber dafür liefern wir ja später mal die autonomen Flugtaxis, wenn man nach einem oder zwei guten Gläschen Trollinger oder Lemberger nicht mehr Autofahren kann oder will. . .