München
Neues Wohnen in der Stadt

Das Architekturmuseum der TU München stellt zwölf europäische Projekte gemeinschaftlichen Bauens vor

29.03.2016 | Stand 02.12.2020, 20:02 Uhr

Foto: DK

München (DK) Als in den 1970er-Jahren junge Menschen Altbauwohnungen in der Großstadt und Bauernhäuser auf dem Land in Beschlag nahmen, ging es ihnen vor allem darum, neue Formen des Zusammenlebens zu erproben. Fragen der Architektur und der rechtlichen Absicherung waren damals unwichtig - in den Kommunen sollte aller Besitz "commune", also gemeinschaftlich sein.

Das ist heute anders, wenn Projekte kooperativen Bauens von Genossenschaften oder Baugemeinschaften verwirklicht werden, denn da muss eine Balance gefunden werden zwischen Individualität und Gemeinschaft, zwischen Freiwilligkeit und Verpflichtung. Zwölf Projekte kooperativen Bauens stellt das Architekturmuseum der TU München jetzt in einer ansprechend aufbereiteten Ausstellung vor, unter dem Titel "Keine Angst vor Partizipation! - Wohnen heute".

Wenn Menschen einen Verein gründen, um etwa im teuren München Grundbesitz zu teilen, dann werden zunächst soziale, bauliche und ökologische Ziele definiert. Integration von sozial Benachteiligten, Gemeinschaftsräume und ein Energiekonzept geben Richtungen vor, die dann mit Experten in einem Konzept umgesetzt werden. Erst später, in der sogenannten Planungsphase, werden Architekten hinzugezogen und Fördermittel beantragt. In der Wohnphase setzen dann selbstverwaltete Arbeitskreise bestimmte Projekte um, wie etwa Kinderbetreuung, Gemeinschaftsküche und gegenseitige Einkaufshilfen.

Die Ausstellung widmet jedem der zwölf Beispiele aus der Schweiz, aus Österreich, Dänemark und Deutschland eine doppelte Stellwand, darauf ausgebreitet die Fakten wie Grundstück, Grundrisse und Planungsziele. Dabei fällt auf, dass ein Projekt im grünen Umland von Kopenhagen 6400 Quadratmeter Grund zur Verfügung hat, während "Frauenwohnen München" in der teuren Metropole mit knapp 3000 Quadratmetern auskommen muss.

Einen Einblick ins wirkliche Leben vermitteln vor allem die Schauseiten der Stellwände, wo still beobachtende Filmbeiträge zeigen, dass beispielsweise an die gemeinsame Waschküche eine Bibliothek angrenzen kann. Oder dass sich die Glastüren der Fahrradgarage automatisch öffnen. Und dass ein Wohnblock mit großem Innenhof gewährleistet, dass spielende Kinder immer im Auge behalten werden können. Oder dass die gewerbliche Nutzung des Erdgeschosses für Kino, Restaurant, Einzelhandel dazu beitragen kann, solche Wohnprojekte zu finanzieren und zugleich eine Öffnung zur Stadt hin zu bewirken.

Der Ausstellung gelingt mit diesen Filmbeiträgen ein erzählerischer, anschaulicher Einblick in moderne Wohnformen, die sowohl Singles als auch Familien ansprechen wollen und die Generationen und soziale Schichten mischen können, da jeder nach seinen Möglichkeiten in das Projekt einzahlt. Ein Plus an Information, auch für künftige Gründungsmitglieder solcher Wohnprojekte, bietet das "Alphabet" als Wandzeitung und als Taschenbuch zur Ausstellung: Von Architekt, Dachterrasse und Gästeapartment über Leitziele, Quartier und Spekulation bis hin zum hohen Zeitbedarf wird aufgelistet, welche Hürden bewältigt werden müssen und welche Chancen eine solche Wohnform eröffnen.