Riedenburg
"Neues vom Valentin"

Couplet-AG liefert drei Stunden beste Unterhaltung über den unvergessenen Volksschauspieler

15.01.2017 | Stand 02.12.2020, 18:48 Uhr

Einen gelungenen Abend bereiteten Bernhard Gruber (von links), Bianca Bachmann, Jürgen Kirner, Berni Filser und Valentin-Biograf Alfons Schweiggert ihrem Riedenburger Publikum. - Foto: Bauer

Riedenburg (msb) Karl Valentin ist zeitlos. Selbst wenn man meint, schon alles oder zumindest vieles von ihm zu kennen, erscheint doch immer wieder Neues. "Neues vom Valentin" nennen sich daher auch die neue CD und die Tour der Couplet-AG, die am Samstag in Riedenburg gastierte.

Da gab es "ungehörte Couplets und Lieder von Karl Valentin" - Stücke, die er selbst nie veröffentlicht hat. Ergänzend zu den humorvollen, bisweilen auch kritischen Liedern trug der Valentin-Biograph und Turmschreiber Alfons Schweiggert Anekdoten und Zitate Valentins vor und charakterisierte so das Leben des unvergessenen Humoristen.

Für Jürgen Kirner, den Kopf der Couplet-AG, war es fast ein Heimspiel. Er stammt aus dem benachbarten Hemau. Den Oberpfälzern und Niederbayern sprach Kirner eine "angeborene Neugier" zu. Und diese würde durch das Programm "Neues vom Valentin" befriedigt. "Sie haben heute die Chance, die Couplet-AG ganz neu kennenzulernen", schloss Kirner seine Begrüßung.

Auf das Riedenburger Zigeunertreiben am Faschingsdienstag ging Alfons Schweiggert zu Beginn ein und leitete damit zum Münchner Fasching und zu mehreren Teilnahmen Karl Valentins am Faschingszug in München über. Unter anderem 1937, als Valentin in seinem Wagen ein Verkehrsschilderchaos darstellte mit der Aufschrift "I kenn mi nimmer aus" und einem kleinen Wegweiser "Nach Dachau!" Mit diesem Beispiel machte Schweiggert deutlich, dass Valentin nur schwer in eine einzelne Kategorie zu fassen sei, zumal er auch die aufkommenden Techniken wie Radio, Schallplatte und Film nutzte und damit sein Tätigkeitsfeld verbreiterte. Schweiggert skizzierte das Leben und Wirken Valentins, beschrieb seine Eigenheiten und charakterisierte ihn anhand von Zitaten, Anekdoten und besonderen Fakten aus dessen Vita. So sind zum Beispiel Valentins Beobachtungen und Erlebnisse in der Kindheit und Jugend in der Münchner Au in viele später entstandene Szenen und Stücke eingeflossen. Weitgehend unbekannt ist, dass Valentins erstes Vorspielen im Jahr 1896 als 14-Jähriger auf der vom Schriftsteller Ludwig Ganghofer geschaffenen Wohnzimmerbühne für Talente war. Ein Jahr danach startete er neben seiner Schreinerlehre seine künstlerische Laufbahn.

Bereits in diesen Anfangsjahren schrieb er Lieder und Couplets, die wieder verschwanden und nie von ihm veröffentlicht wurden. So etwa das aus dem Jahr 1899 stammende Fragment "Das suesse Mädel" - ein "Loblied" auf die Schwiegermutter. Bianca Bachmann sang dieses ebenso wie das "Chinesische Couplet". Dieses Lied ist übrigens das einzige, von dem auch eine Fassung von Liesl Karlstadt existiert.

Andere Eigenheiten Valentins, etwa seine Abneigung gegenüber dem Autofahren, setzte er im Couplet "Das Volksauto" um, das ebenso zu hören war wie der "Zufriedene Ehemann", eine Paraderolle für Jürgen Kirner. Einen Mehrwert, weil auf der CD nicht enthalten, bot die von Bianca Bachmann vorgetragene Valentin-Soloszene "Zwangsvorstellungen", wonach die Bevölkerung zum Besuch von Theatern gezwungen werden soll.

Den zum Teil verqueren Humor Valentins, seine besondere Affinität zur Sprache, seine Liebe zu München, die nicht immer erwidert wurde, seine Haltung und Rolle gegenüber den NS-Machthabern - all das beleuchtete Schweiggert sehr akribisch. Natürlich erwähnte der Valentin-Biograph auch Misserfolge und Krankheiten (Einsatz von Morphium). "Karl Valentin hat saugrob sein können - im Film und im alltäglichen Leben", schilderte Schweiggert, weshalb Valentin auch in der Gemeinde Planegg "nicht sehr beliebt" gewesen sei.

Dass Valentin seine Heimatstadt auch in Liedern verarbeitete, zeigen die aus dem Jahr 1916 stammende "Moritat im Gross-Stadtdunkel" oder sein letztes Couplet "Mein München", in dem er die Lage nach dem Zweiten Weltkrieg beschrieb. Auch diese brachte die Couplet-AG zu Gehör. Mit dem im Kriegsjahr 1942 geschriebenen Couplet "Wenn ich einmal der Herrgott wär" - hier hadert Valentin mit der Friedlosigkeit und Raffgier der Menschen - beendete die Kabarett-Gruppe nach gut drei Stunden ihren Auftritt, Natürlich gab es Zugaben, darunter das bereits um 1900 entstandene "So amüsiert sich jeder".