Ingolstadt
Neues Leben in der Steinwüste

21.06.2013 | Stand 02.12.2020, 23:59 Uhr

Ingolstadt (jhh/sic) Die Verwaltung geriet in Verzückung: „Ich bin davon überzeugt, dass auf dem Rathausplatz was ganz Exzellentes entstehen wird!“, schwärmte Guido Schwarz, der Leiter des Hochbauamts 2004, als die Neugestaltung des Rathausplatzes in die finale Phase rückte.

Siegfried Dengler, damals Chef des Stadtplanungsamts, würdigte das Projekt mit Hilfe der historischen Relation: Im Lichte von „fast 50 Jahren Planungsgeschichte kann man durchaus etwas stolz sein, dass endlich was vorangegangen ist“. Man erkenne jetzt, sagte Dengler angesichts der Baustelle, „dass dieser sehr helle, freundliche Farbton des Granitsteins doch sehr angenehm ist“.

Doch schon damals hagelte es Kritik am neuen Rathausplatz. Das Wort „Steinwüste“ war auch dabei. Der DK fand kaum mehr den Platz, all die Leserbriefe mit Missfallensbekundungen abzudrucken und verlagerte die Debatte auf seine Internetseite. Im Stadtrat hatte das Projekt nach Jahrzehnten der Diskussion und einem halben Dutzend Architektenwettbewerben allerdings eine breite Mehrheit gefunden.

In der Bevölkerung dagegen nie. Doch OB Alfred Lehmann, für den die Optik des Rathausplatzes auch eine Frage der Ehre ist, ließ Wünsche nach Verschönerung stets mit dem Hinweis auf den Ensembleschutz abperlen. Aber nun ändert sich in den Parteien das Meinungsbild. Zuletzt haben die SPD, die Grünen, die ÖDP und die Linken – mit Unterstützung der Piraten – einen Antrag für den Stadtrat formuliert. Gemeinsam mit den Architekten Auer und Weber, die den Platz seinerzeit entworfen haben, solle eine grundsätzliche Umgestaltung erörtert werden. Der Wille, den Platz aufzuwerten, ist längst mehrheitsfähig.

„Der Rathausplatz hat so keine Freunde“, ist sich Karl Ettinger, OB-Kandidat der FDP, sicher. Neben Bäumen fehlt dem Platz vor allem ein großer Brunnen, findet er. Der müsse auch Veranstaltungen nicht im Wege stehen. „Es gibt auf dem Stachus in München einen tollen Brunnen und im Winter an der Stelle eine Eislaufbahn.“

In der Stadtratsfraktion der Freien Wähler hat man sich noch nicht zu einer gemeinsamen Position zusammenfinden können. Grundsätzlich sei man der Meinung, man müsse auf dem Rathausplatz „nicht alles auf den Kopf stellen“, wie Fraktionsvorsitzender Markus Reichhart sagt. Er jedenfalls ist dafür, die Straßenlinie entlang des Platzes zu betonen. „Früher standen hier Lampen“, sagt er. „Man könnte die Linie der Bäume vor der Sparkasse weiterführen“, schlägt Reichhart vor. Mehr Grün wäre auch für das Stadtklima gut, das hätten die heißen Tage Anfang der Woche deutlich gemacht. Allerdings sei es schon „komisch“, dass drei Parteien, die seinerzeit für die Gestaltung des Rathausplatzes in der jetzigen Form gestimmt hätten, nun mit ihrer Initiative in grundsätzliche Opposition gingen. „Es ist ja nicht so, dass die CSU das damals durchgedrückt hat.“

Ähnlich argumentiert CSU-Fraktionschef Joachim Genosko. „Damals war ja auch Stadtplanungsleiter Dengler involviert, der der CSU ja nicht gerade nahe steht.“ Jetzt gegen das zu sein, das man vorher befürwortet hat, sei „schon etwas merkwürdig“, findet Genosko. „Man kann nicht alle fünf Jahre sagen: ,Wir machen jetzt alles wieder anders’.“ Statt einer Umgestaltung sei vor allem eine Belebung des Platzes wichtig. Die Vergabe von Veranstaltungen solle künftig „weniger restriktiv“ erfolgen, schlägt Genosko vor. Dass eine Belebung aber keine leichte Aufgabe sein könnte, räumt Genosko ein. „Ich habe damals schon gesagt, dass das schwierig ist, wenn außen herum nur Banken angesiedelt sind.“