Schrobenhausen
Neuentwicklung aus dem Forst

Bundeswehr kauft bei der MBDA in Schrobenhausen das System Enforcer

10.01.2020 | Stand 02.12.2020, 12:14 Uhr
Der Enforcer soll Bundeswehrsoldaten künftig im Kampf gegen asymmetrische Kräfte - also bei Begegnungen mit Guerillakämpfern - helfen. Die Bundeswehr hat jetzt eine erste Lieferung in Auftrag gegeben. −Foto: Bernhard Huber/MBDA Deutschland

Schrobenhausen - Dieser Auftrag könnte wegweisend für einen der großen Arbeitgeber im Schrobenhausener Land sein: Die Bundeswehr hat noch kurz vor Weihnachten einen Vertrag mit MBDA Deutschland im Hagenauer Forst bei Schrobenhausen unterzeichnet und die Lieferung von Enforcer-Lenkflugkörpersystemen bestellt. Wie der regionale Bundestagsabgeordnete und Sicherheitsexperte Reinhard Brandl (CSU) auf Anfrage unserer Zeitung mitteilt, könnte dieser Auftrag Tragweite haben.

Die Enforcer-Lenkflugkörper werden von der Schulter aus abgeschossen. Entstanden war die Idee, eine solche Waffe zu entwickeln, offenbar in Afghanistan, wo deutsche Soldaten keine geeigneten Mittel gegen die asymmetrischen Kräfte - früher bezeichnete man das Guerillakrieger - hatten, die aus Stellungen oder von Pick-ups aus locker zwei Kilometer weit schießen können. Das kann der Enforcer auch. Die Bundeswehr hat nach Informationen unserer Zeitung rund 850 Lenkflugkörper bestellt, sie kosten wohl rund 76 Millionen Euro.

Bei der MBDA in Schrobenhausen macht man zu Summen und Mengen keine Angaben. Nur so viel: "Mit der Beschaffung der Lenkflugkörper werden die Anforderungen der Bundeswehr an ein leichtes, präzises, bei Tag und bei Nacht einsetzbares Lenkflugkörpersystem mit einer Reichweite von mehr als 1800 Meter erfüllt", berichtet MBDA Deutschland in einer Pressemitteilung. Der Enforcer könne sowohl stationäre als auch bewegliche leicht gepanzerte Ziele oder auch gegen Ziele hinter Deckungen auch im urbanen Umfeld eingesetzt werden.

Dazu Thomas Gottschild Geschäftsführer von MBDA Deutschland: "Der deutsche Kunde hat sich nach einer sorgfältigen Bewertung für den Enforcer entschieden. Wir werden nun gemeinsam mit der Bundeswehr sicherstellen, dass die deutschen Streitkräfte zukünftig dieses vielseitige Lenkflugkörpersystem einsetzen."

Der regionale Bundestagsabgeordnete Reinhard Brandl, wie er gegenüber unserer Zeitung auf Anfrage sagte, ist sehr zufrieden mit dem Zustandekommen des Vertrags. Denn: "Das ist das erste Mal seit vielen, vielen Jahren, dass ein Lenkflugkörper in Deutschland neu entwickelt worden ist. Das stärkt Deutschland und die MBDA in Schrobenhausen gleichermaßen - ein Zukunftsprojekt." Zuletzt seien die meisten Entwicklungen auf Basis bestehender Systeme erfolgt. "Diese echte Neuentwicklung könnte der Einstieg in eine neue Lenkflugkörperfamilie sein." Das System sei sehr eng zusammen mit der Bundeswehr entwickelt worden, "und es könnte die Basis für weitere Systeme sein", so Brandl. So sei zum Beispiel denkbar, auch Varianten zu entwickeln, die zum Beispiel von Hubschraubern aus eingesetzt werden können.

Ähnlich sieht das auch Éric Béranger, der Chef des MBDA-Gesamtkonzerns. Hier sei ein Portfolio entstanden, "von dem wir hoffen, dass zahlreiche Weiterentwicklungen folgen werden", teilte er mit.

Der Enforcer wiegt samt Flugkörper rund zwölf Kilo. Damit gilt er als vergleichsweise leicht. Bei mehreren Schießversuchen wurden sehr exakte Treffer erzielt, das überzeugte offenbar das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw). (Foto: Gerd Grimm)

SZ