Ingolstadt
Neue Technik für ältere Semester

Aktionstag an der Technischen Hochschule: Senioren testen automatisiertes Fahren für Forschungszwecke

24.04.2018 | Stand 23.09.2023, 3:01 Uhr
Mit der VR-Brille im Testmodus: An einer der Stationen beim Seniorenaktionstag an der THI konnten die Besucher in die virtuelle Realität eintauchen. Anschließend berichteten sie den jungen Forschern über ihre Erfahrungen. −Foto: Foto: Brandl

Ingolstadt (DK) In der Automobiltechnologie kündigen sich große Umwälzungen an.

Die steigende Automatisierung in verschiedenen Stufen bis hin zum autonomen - also fahrerlosen - Fahren bietet in Zukunft neue Möglichkeiten, verändert aber auch die bekannten Anforderungen und Interaktionen mit dem Fahrer.

Insbesondere für Senioren biete das automatisierte Fahren bezüglich Sicherheit und Mobilität im Alltag viele Vorteile, heißt es aus der Forschung. Um diese jedoch optimal nutzbar zu machen, müssen die Systeme auf die Anforderungen der Zielgruppe angepasst sowie deren Wünsche und Probleme erkannt werden. Denn diese unterscheiden sich in großen Teilen von denen jüngerer Fahrer.

Dazu beitragen sollte jetzt der Seniorenaktionstag an der Technischen Hochschule Ingolstadt (THI). Rund 70 ältere Menschen, die in Kooperation mit dem Seniorenbüro des Bürgerhauses Neuburger Kasten zu der Veranstaltung eingeladen waren, hatten Gelegenheit, die neue Technologie an verschiedenen Stationen wie dem Fahrsimulator-Labor und im Forschungszentrum Carissma kennenzulernen. Unter anderem konnten sie ausprobieren, wie es ist, wenn auf der Windschutzscheibe Informationen zur Fahrt angezeigt werden. Was sie anschließend zu berichten hatten, wurde von den jungen Forschern notiert.

Ältere Leute wollen danach während des automatisierten Fahrens weder schlafen noch Videos ansehen. "Sie möchten einen Tisch zum Kartenspielen oder einfach hinaussehen, die Umgebung betrachten und Informationen zu Sehenswürdigkeiten bekommen", sagt Andreas Riener, Professor an der THI und Leiter der Forschungsarbeiten der Mensch-Maschine-Interaktion. Das Einblenden der neuesten Twitter-Nachrichten und der aktuellen E-Mails auf der Windschutzscheibe sind vielen dagegen weniger wichtig, stellt sich während des Tages heraus.

Das sagt auch Werner Fraedrich aus Ingolstadt, der die Displays in der Frontscheibe getestet hat. "Ich brauche in jedem Fall die Informationen, die ich auch über das Armaturenbrett erhalte, also Geschwindigkeit, Kühlwassertemperatur, Tankanzeige und Anzeige des Blinkers", sagt er im Gespräch mit dem DK. Das Wichtigste sei für ihn beim automatisierten Fahren aber ein Tempomat, der selbständig bremst, sobald Geschwindigkeitsbegrenzungen auftreten.

Reiner Eisenburger aus Ingolstadt stimmt ihm zu. "Wenn ich eine Informationen haben möchte, muss ich nach unten schauen. Wenn diese in der Scheibe in der richtigen Größe, an der richtigen Stelle und in der richtigen Intensität angezeigt wird, ist das eine Erleichterung. " Er glaubt: "Wenn autonomes Fahren ausgereift ist, wird die Unfallquote verringert. Unfälle wird es aber trotzdem noch geben. " Vor allem vor dem Hintergrund der im Alter nachlassenden Reaktionszeiten und einem etwa beeinträchtigten Sichtfeld sehe er "riesige Vorteile" im automatisierten Fahren für Senioren. Er glaube aber auch, dass es ältere Menschen gibt, die die Technik verunsichert. Vor allem dann, wenn diese nicht mehr bereit seien, sich auf Neues einzulassen und dazuzulernen. Gerade bei älteren Frauen, die noch selbst fahren, sehe er gewisse Ängste, die es abzubauen gelte.

"Das automatisierte Fahren wird ein wichtiges Thema für die ältere Bevölkerung", sagt Andreas Riener. Zudem sei diese eine "attraktive Zielgruppe" für die Autohersteller - gerade im Premiumbereich. "Es sind aber noch keine Konzepte vorhanden, wie diese Autos einmal aussehen sollen", so der Professor weiter. Bisher seien diese auf eine jüngere Käuferschicht ausgelegt. Die THI unterhalte aktuell Kontakte zu BMW und Audi, denen die Forschungsergebnisse vorgestellt werden sollen.
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Michael Brandl