Landkreis Roth
Neue Runde im Kampf um die Fachoberschüler

Zeitraum für FOS-Anmeldungen an den Standorten Weißenburg und Schwabach hat begonnen - Attraktiver Norden

08.03.2022 | Stand 23.09.2023, 0:05 Uhr
Der Besuch der Weißenburger Fachoberschule ist für Jugendliche aus dem Kreis Roth seit zwei Jahren nicht mehr so selbstverständlich wie zuvor. Denn seit der Eröffnung solch einer Einrichtung in Schwabach gibt es eine schnell erreichbare Alternative. −Foto: Luff

Hilpoltstein/Weißenburg/Schwabach - Markus Brautsch aus dem Gredinger Gemeindeteil Herrnsberg, Professor an der Ostbayerischen Technischen Hochschule (OTH) Amberg-Weiden, war einst der jüngste Professor in Deutschland. In seinem Heimatlandkreis und weit darüber hinaus ist er vor allem als Experte für Erneuerbare Energien bekannt und geschätzt. Bevor er aber zu einem Pionier in Sachen Energiewende geworden ist, war Brautsch Schüler der Fachoberschule (FOS) in Weißenburg. Er ist nur ein Beispiel dafür, wie es über viele Jahre hinweg gelaufen ist: Wer im Landkreis Roth etwa nach der Mittleren Reife nach Höherem strebte, war in der Nachbar-Kreisstadt an der richtigen Stelle. Seit Schwabach im September 2020 eine neue FOS eröffnet hat, ist das allerdings nicht mehr selbstverständlich.

Gerade Schüler aus dem Landkreis Roth haben nun die Wahl, ob es eher der Norden oder der Süden sein soll. Die Konkurrenzsituation hatte schon vorab Befürchtungen in Weißenburg geweckt, der Bestand der dortigen FOS könnte mittelfristig gefährdet sein. Immerhin kamen im Schuljahr 2018/19, als sich die Gründung einer FOS in Schwabach allmählich abzeichnete, 245 der insgesamt 635 Schüler aus dem Kreis Roth, weitere 53 direkt aus Schwabach - summa summarum fast die Hälfte aller Schüler.

Am Montag hat in Bayern die Anmeldung in die Fachoberschulen für das Schuljahr 2022/23, begonnen, der Zeitraum hierfür lauft noch bis 18. März. In Schwabach wird es ab September den dritten Jahrgang geben. Zeit also, einen Blick auf den Werdegang der Schulen zu werfen. Wie haben sich die Zahlen an den beiden FOS-Standorten entwickelt?

Schwabacher Standort mitsteigenden Schülerzahlen

Zur Premiere in Schwabach starteten im September 2020 126 junge Frauen und Männer, inklusive Vorklasse - diese soll vor allem Absolventen des M-Zugs der Mittelschule sowie aus der Wirtschaftsschule den Übergang erleichtern. Für das laufende Schuljahr verzeichnet der Schwabacher Schulleiter Claus Bauer eine Steigerung um 17 Schüler auf 143 - davon 12 in der Ausbildungsrichtung Wirtschaft, Verwaltung und Rechtspflege, die anderen 5 im Sozialwesen. Das sind die beiden Zweige, die in Schwabach bislang angeboten werden.

51 Prozent der Schüler an seiner Einrichtung stammten direkt aus Schwabach oder Nürnberg, resümiert der Schulleiter. Macht 49 Prozent, die aus dem Kreis Roth kommen. Für Bauer ist der Anteil, den seine Schule eventuell aus Weißenburg abgezogen hat, verschwindend gering. "5 Prozent kommen aus dem südlichen Landkreis Roth", sagt er, sichtlich bemüht, das "normale dienstliche Verhältnis" der beiden Schulleiter nicht zu belasten. So zählt die Kreisstadt Roth für ihn schon samt und sonders zum Norden.

Für spannender als die reinen Schülerzahlen hält Bauer die Frage, wohin die jungen Leute gegangen wären, wenn sie sich nicht für Schwabach hätten entscheiden können. Laut einer Befragung hätten 60 Prozent Nürnberg bevorzugt, lediglich 38 Prozent wären nach Weißenburg gegangen, der Rest nach Ansbach oder Fürth. Jugendliche bevorzugten nicht per se den kürzesten Schulweg, so Bauer. Der laute Ruf der größeren Stadt sei unüberhörbar, auch sei mitunter entscheidend, wohin es den Freund oder die Freundin zieht.

Überdies setze die Schwabacher FOS bewusst einen anderen Akzent: "Wir sind eine reine iPad-Schule", erklärt der Schulleiter. Die Eltern hätten dafür zu sorgen, dass ihren Kindern ein solches Tablet zur Verfügung steht, was mit Kosten verbunden sei. Der eine entschließe sich genau deshalb für Schwabach, für die andere sei es ein Grund, sich eine Alternative zu suchen. "Jedenfalls machen wir die Bildungslandschaft bunter."

Ein Ziel sei mit der Schwabacher FOS auf jeden Fall erreicht, so Bauer: "Die Hauptmotivation war, Nürnberg zu entlasten - das ist so eingetreten." Ohne seine Schule hätte man in Nürnberg eine Außenstelle der dortigen FOS einrichten müssen, sagt Bauer.

Schwabach bietet derzeit zwei Ausbildungsrichtungen an: Wirtschaft und Sozialwesen. Diese beiden Richtungen gibt es in Weißenburg schon lange, außerdem Technik und seit September 2018 als vierten Zweig Gesundheit. Damit konnte der Trend der rückläufigen Schülerzahlen seinerzeit getoppt werden - vorübergehend. Als die Schwabacher FOS 2020 an den Start ging, unkte der Weißenburger Schulleiter Klaus Drotziger für seine Schule: "Jahr für Jahr werden die Gesamtschülerzahlen und die Klassenzahlen sinken."

Die Zahlen, die die Schule jetzt präsentiert, untermauern diese Ansicht: Besuchten 2019/20 - also vor Schwabach - noch 270 junge Frauen und Männer die elfte Jahrgangsstufe sowie die Vorklasse in Weißenburg, so waren es 2020/21 nur noch 223. Im laufenden Schuljahr haben dann lediglich 204 Schüler in Weißenburg eine FOS-Karriere angestrebt.

Anteil der Schüler aus Rothund Schwabach gesunken

Von der einst annähernd hälftigen Aufteilung zwischen Weißenburg sowie Kreis Roth und Schwabach ist man mittlerweile weit entfernt. 61 Prozent der FOS-Anfänger in Weißenburg zum laufenden Schuljahr stammen nach Angaben der Schule aus dem Kreis Weißenburg-Gunzenhausen. Aus Stadt und Landkreis Roth kommt demnach mit 36 Prozent nur noch ein gutes Drittel, aus Schwabach nimmt niemand mehr den Weg auf sich. Der Anteil von Schülern aus anderen Landkreisen wie Eichstätt oder Ansbach ist mit drei Prozent sehr gering.

Gespannt wartet Schulleiter Drotziger auf die Anmeldungen, die bis 18. März eintreffen. Wenngleich er relativiert, dass diese im Vergleich zu den tatsächlichen Einschreibungen zum September ohnehin zu hoch angesetzt sein dürften. Denn der eine potenzielle Schüler hat am Ende doch nicht die Voraussetzungen für den Besuch der FOS im Zeugnis stehen, die andere Schülerin entscheidet sich noch wir eine Lehrstelle. "Wir - und auch das Ministerium - wissen, dass wir noch mit Abschlägen rechnen müssen", sagt Drotziger. An seiner grundsätzlichen kritischen Einschätzung eines Schwabacher FOS-Standorts "hat sich nichts geändert".

HK

Volker Luff