Neuburg
Neue Kleinkunstbühne im Werkfach

Melle Strauß und Vicky Müller-Toùssa arbeiten am "Kuze" - Nähe zum Publikum

29.04.2018 | Stand 02.12.2020, 16:29 Uhr
  −Foto: ahl

Neuburg (ahl) Als Inthro dient ein Impro-Stück, und das hat es in sich. "Baby-Wickeln" hat das Publikum als Haushaltstätigkeit ausgesucht und ehe sich Kerstin Egerer und Lucie Schafferhans versehen, liegt Sepp Egerer zwischen ihnen und spielt das Baby. Worauf sich die beiden Frauen gegenseitig die unangenehme Aufgabe zuzuschanzen versuchen.

Das Ganze gibt es dann noch einmal im Westernstil und schließlich als Eifersuchtsszene, in der sich beide darum reißen, diesen Liebesdienst zu leisten. Einfach super, der "Replay"-Einstieg für das Kulturzentrum (KuZe) Neuburg.

Dahinter stehen Melle Strauß und Vicky Müller-Toùssa, um mit den nach Aussagen ihrer Partner "starken Frauen an der Front" zu beginnen. Die beiden sind die Motoren, während Roland Beran und Maik Müller sich eher im Hintergrund halten. Und dort gelegentlich ungeahnte Fähigkeiten entwickeln. Als Bühnenbauer zum Beispiel, was Müller-Toùssa ihrer besseren Hälfte ursprünglich gar nicht zugetraut hat. "Ich mir auch nicht", kommentiert Müller gut gelaunt ihr Lob für die selbstgebaute Bühne, vor deren schwarzem Hintergrund sich nun allerlei Kleinkunst, Theater, Konzerte, Vorträge und sonstig Kreatives abspielen soll.

Einen Vorgeschmack hat es am Freitagabend zur offiziellen Eröffnung mit einem bunten Mix aus Improtheater, Maskenspiel, Liedern und Theaterszenen begonnen - kein durchgängiges Theaterstück, sondern ein "kunterbunter Kleinkunstabend". Der hält, was Müller-Toùssa versprochen hat. Die Bühne im Bistro vom Werkfach project hat alles, was eine Kleinkunstbühne braucht - vor allem Nähe zum Publikum, das natürlich immer wieder eingebunden wird, aber auch einen gewissen Improvisations- beziehungsweise Werkstattcharakter.

"Wir wollen Projekt bleiben und immer in Bewegung sein, es soll sich ständig etwas ändern, erklärt Strauß, die das Werkfach Project im Novemer 2016 gemeinsam mit ihrem Partner Beran in der Blumenstraße aufgemacht hatte und nun in die Schrannenstraße 54 umgezogen ist. Auch hier bieten sie weiterhin handgearbeitete Sachen von regionalen Hobbykünstlern und Kleingewerbetreibenden als Agenturware an.

Neu ist die Zusammenarbeit mit Vicky Müller-Toùssa, die das von Strauß bereits begonnene Kreativangebot noch einmal erweitern will. Gegründet werden soll ein Förderverein, der einerseits Theaterproduktionen beispielsweise bei der Materialbeschaffung unterstützt, andererseits aber auch soziale Aspekte verfolgen soll. So ist eine Kreativ-AG während der Ferien angedacht, eine Art Ferienbetreuung, in der die sich Kinder wie in der Sommerakademie künstlerisch betätigen können und Eltern ihren Nachwuchs gut betreut wissen. Für den Verein werden noch mindestens sieben Gründungsmitglieder gebraucht, denn die vier Akteure des Kuze dürfen nicht im Vorstand tätig werden.
Berans Dank galt auch dem Vermieter Stefan Schimmer, der "soziale Projekte gerne unterstützt", wenn er auch zunächst gesagt hatte: "Ihr seid verrückt". Im Bistro gibt es auch so genanntes gekauftes Essen und Getränke. Das funktioniert so: Wer spenden will, kauft Bons und die werden an Bedürftige weitergegeben.
Jede Menge Charme versprühte Jens Maria Clauer mit seinen Chansons, darunter "Fräulein Pardon", mit dem er von einer Frau zur nächsten wanderte - schließlich sind die Wege in der maximal 50 Zuschauerplätze bereithaltenden Kleinkunstbühne kurz. Die nutzten auch die Egerers, Schafferhans und Müller-Toùssa, die Baseler Larvenmasken modelliert hat, um Charaktere überzeichnet darzustellen. Die lösten beim Publikum im Gegensatz zu Clauer Berührungsängste oder neugierig-skeptische Blicke aus. Lucie alias Juniper Vox trug selbstgeschriebene Lieder bei und mit "Adam und Eva" aus Müller-Toùssas Soloprogramm "Sex aber mit Vergnügen" war auch das Genre Theater vertreten. Nach gut 90-minütigem Programm und der Impro-Zugabe "Multiples Date" waren die 40 Gäste zum gemütlichen Beisammensein und Besichtigung der Räume eingeladen.