München
Neue Holster für neue Dienstwaffen

Die Pistolen sind leichter zu handhaben - das erfordert aber auch besondere Sicherheitsmaßnahmen

17.08.2018 | Stand 23.09.2023, 4:25 Uhr
Alexander Schmid
Die neue Dienstwaffe der bayerischen Polizei hat mehr Feuerkraft (links). Ein spezielles Holster soll verhindern, dass Unbefugte sie in die Hände bekommen. Auch das Holster der alten Dienstpistole (oben) war bereits doppelt gesichert ? "die Art und Bedienung der Sicherungen unterscheidet sich aber systembedingt", so das Innenministerium. −Foto: Fotos: Grießer, Woehe/Bayerische Polizei

München/Landshut (DK) Die Feuerkraft ist im Vergleich zum Vorgängermodell gewaltig. 15 Patronen statt wie bisher 8 Kugeln stecken im Magazin der SFP9. Die neue Dienstpistole der bayerischen Polizei ist leicht, sie ist sofort schussbereit und selbst in Stresssituationen leicht zu handhaben. Aber dafür ist auch neues Holster notwendig.

Eine Handballensicherung, wie bei der P7, die noch im Einsatz ist, gibt es nicht mehr. Auf keinen Fall darf deshalb das passieren, was sich im Juni am Landratsamt in Landshut abgespielt hat: Ein Asylbewerber, der abgeschoben werden sollte, hatte einem Polizisten die Waffe entrissen und mehrmals abgedrückt. Szenarien wie diese soll das neue Holster verhindern, das vom Bayerischen Innenministerium jetzt bestellt wurde. Schüsse waren in Landshut nicht gefallen, weil der Mann aus Nigeria die Griffschalensicherung beziehungsweise den Spanngriff der P7 nicht bedienen konnte.

Hätte der Nigerianer allerdings die neue Dienstwaffe in den Händen gehabt, hätte es wohl eine Katastrophe gegeben. Bei ihr muss man nur noch den Abzug kräftig durchziehen. Weil die neue Waffe noch leichter zu handhaben ist als die alte P7, die derzeit noch im Einsatz ist, muss um jeden Preis verhindert werden, dass einem Polizisten in einem Gerangel die Dienstwaffe entrissen werden kann. Sie wird sonst für den Beamten zur tödlichen Bedrohung.

Die neuen Holster "verfügen über zwei unabhängig voneinander funktionierende Sicherungen, wobei die sogenannte Sekundärsicherung selbsttätig wirkt. Die Sicherungen müssen jeweils mit unterschiedlichen Handgriffen deaktiviert werden", sagte ein Sprecher des Bayerischen Innenminsteriums, Michael Siefener. Das aktuell bei der Bayerischen Polizei verwendete Standardholster verfügt ebenfalls über zwei solche Vorrichtungen. "Die Art und Bedienung der Sicherungen unterscheidet sich aber systembedingt."

Trotz dieser doppelten Sicherung konnten Szenen wie im Landratsamt in Landshut bisher nicht verhindert werden. So endete etwa im Juni 2017 ein Vorfall in München tragisch. Am S-Bahnhof in Unterföhring wurde einer Polizeibeamtin mit der Waffe ihres Kollegen in den Kopf geschossen. Ein psychisch kranker Randalierer (38) hatte es geschafft, die Pistole im Handgemenge aus dem Holster des Polizisten zu ziehen. Mit dem neuen Holster soll das nicht mehr so leicht möglich sein. "Die Sicherung der neuen Waffe befindet sich jetzt im Holster", so der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Peter Schall. "Das Problem sollte damit erledigt sein." Ob das tatsächlich so ist, wird der Einsatz in der Praxis zeigen.

Klar ist auch, dass das neue Holster zwei Eigenschaften erfüllen muss, die eigentlich unvereinbar sind: Im Einsatz muss die Waffe auch in Stresssituationen von den Beamten schnell und unkompliziert aus dem Holster zu ziehen sein. Gleichzeitig muss die Waffe aber auch so sicher im Holster sitzen, dass sie nicht ohne Weiteres von Unbefugten gezogen werden kann. In Einsatztrainings werden die Beamten deshalb intensiv geschult, wie sie so ein Albtraumszenario verhindern. In der Praxis hat sich die neue Ausrüstung bereits bewährt. "Das neue Standard-Holster für den Streifendienst der Bayerischen Polizei ist in Deutschland weit verbreitet und bei mehreren Bundesländern sowie der Bundespolizei im Einsatz", sagt Siefener. Die neuen Dienstpistolen samt Holster sollen erstmalig im September dieses Jahres an die neu eingestellten Polizisten und Polizistinnen in Bayern ausgegeben werden. Der Austausch bei den Polizeipräsidien ist ab Januar 2019 vorgesehen.

Alexander Schmid