Neuburg
"Neuanfang mit neuen Leuten ist erforderlich"

Versammlung der Landkreis-Lebenshilfe abgebrochen – Mitglieder lehnen Entlastung des Vorstandes ab

07.07.2014 | Stand 02.12.2020, 22:30 Uhr

Neuburg (r) „Der Sumpf muss weg.“ Äußerungen aus der Mitgliederschaft der Landkreis-Lebenshilfe e.V. lassen unschwer erkennen, dass es im Verein brodelt. Bei der lange verschobenen Mitgliederversammlung am Samstag kam es zum Bruch: Mit 17:14 Stimmen lehnte die Versammlung die Entlastung der Vorstandschaft ab.

Vorsitzender Uwe Jackisch verließ das Treffen vorzeitig.

Die Lebenshilfe Neuburg-Schrobenhausen – nicht zu verwechseln mit der Lebenshilfe für die Region – betreibt in Neuburg das Maria-Weigl-Haus. 40 Mitarbeiter betreuen derzeit 53 Behinderte. Angestellte sprechen von „Mobbing“ und formulieren Vorwürfe gegen die Heimleiterin, die das Haus „in Gutsherrenart“ führen würde.

Der frühere Geschäftsführer und 2. Vorsitzende Mario Christ, Anfang 2013 von Uwe Jackisch eingestellt, mahnte die Heimleiterin nach eigener Aussage ab, entzog ihr Prokura und Kassengewalt. Die Konflikte nahmen zu, der Vorsitzende kündigte Mario Christ und zeigte ihn im Herbst 2013 bei der Staatsanwaltschaft an.

Christ ist vom Amtsgericht Neuburg rechtskräftig wegen Untreue verurteilt worden, weil er 18 000 Euro aus einem Hausverkauf der Lebenshilfe vorübergehend auf seinem Konto „geparkt“ hatte. Das Verfahren wegen seines angeblich eigenmächtig angehobenen Gehalts stellte das Gericht ein.

Am Samstag gab der Ex-Geschäftsführer eine ausführliche Stellungnahme vor den Mitgliedern ab. Die Mehrheit hatte ihn dazu ermächtigt, noch vor der Neuwahl zu sprechen. Vorsitzender Uwe Jackisch verließ daraufhin auf Anraten seines Arztes die Versammlung „aus gesundheitlichen Gründen“. Nach der Christ-Stellungnahme verweigerte eine knappe Mehrheit die Entlastung des Vorstandes. Im Herbst werden Neuwahlen angestrebt.

Uwe Jackisch erklärte gestern: „Für die Vorstandschaft der Lebenshilfe stehe ich nicht mehr zur Verfügung.“ Er wolle aber auf jeden Fall im Verein bleiben. Die Vorwürfe weist er als „Verschwörungstheorie“ zurück. Leider seien im Vorfeld „mit Halbwahrheiten Leute aufgehetzt worden“. Dass sich auch Eltern von Behinderten instrumentalisieren haben lassen, „das macht mich sprachlos“. Er habe zehn Jahre ehrenamtlich für die Lebenshilfe gearbeitet. Dass er seine Ehefrau (die Heimleiterin) eingestellt und begünstigt habe, entspreche nicht den Tatsachen.

Am heutigen Dienstag stehe ein Gespräch mit dem Lebenshilfe-Landesverband an. Am Mittwoch wolle die Vorstandschaft die Satzung ändern, weil nach dem Rückzug der AWO keine (gemeinnützige) GmbH mehr notwendig sei. Beobachter bedauern den Imageschaden, den die Affäre dem Verein und dem Maria-Weigl-Haus zufügt. „Für mich kommt nur ein Neuanfang mit neuen Leuten in Frage“, sagt Günter Kalleder, früherer Vorsitzender. Stadtrat Bernhard Pfahler, seit 30 Jahren Mitglied, sieht die alte Vorstandschaft in der Pflicht „alle Vorwürfe zu klären und aufzuarbeiten“.

Zu Beginn der Versammlung war sogar eine Polizeistreife angerückt. Die Beamten stellten klar, dass nur nachgewiesene Mitglieder in die nichtöffentliche Versammlung dürften. Im Vorfeld hatte es zwischen beiden Lagern Streit um Neuaufnahmen von Mitgliedern gegeben.