Geisenfeld
Nestlingsbrei für die noch federlosen Küken

Wilma Bretz päppelt zu Hause verwaiste Vogelkinder auf - und musste dafür Etliches lernen

09.07.2019 | Stand 02.12.2020, 13:33 Uhr
Mittels Spritze bekommt einer der sechs Piepmätze von Wilma Bretz seinen Brei in den weit geöffneten Schnabel. −Foto: Zurek

Geisenfeld (zur) Noch heißen die sechs Piepmätze in der Obhut von Wilma Bretz alle schlicht "Hansi", weil man sie mangels voll ausgebildetem Gefieder nur schwer unterscheiden kann.

Bald werden sie jedoch flügge und sich als starke Individuen in der Natur behaupten - so die Hoffnung der Vogelmama.

Doch wie kommt die Geisenfelderin zu dem so zerbrechlich wirkenden Nachwuchs? Angefangen hat "die G'schicht" im vergangenen Jahr. Beim Nachbarn hatte es gebrannt, und aus Verzweiflung waren vier Amseljunge aus ihrem Nest gehüpft, um sich zu retten. Eines starb dabei, die drei anderen fanden bei den Bretzens Asyl. "Ich hatte jede Menge Mitleid, aber keine Ahnung von der Vogelaufzucht", erzählt die 57-Jährige, die sich inzwischen dank der Hilfe von Martina Oblinger von der Tierhilfe Jonathan zur Expertin gemausert hat. Die engagierte Tierschützerin gab ihr nützliche Tipps, "und sie hat mir erst mal den Nestlingsbrei besorgt, der für noch federlose Küken die ideale Kost darstellt", ist Bretz dankbar - auch für die beiden Klein-Volieren, die sie von Oblinger geschenkt bekam. "Normalerweise sind wir ja absolut gegen die Haltung freiheitsliebender Vögel im Käfig", erklärt die Geisenfelderin, die vielen als Mitorganisatorin der offenen Bühne bekannt ist. Solange ihre Untermieter aber noch nicht fliegen können, dienen ihnen die Gitterstäbe als Schutz vor möglichen Gefahren.

Dass es gelang, die erste Findel-Brut aufzupäppeln, sprach sich schnell herum, und so brachten besorgte Tierliebhaber nach und nach weitere Viecherl vorbei. Elf sind es bisher, darunter jüngst zwei verwaiste Rotschwänze aus Geisenfeldwinden und sogar ein Sperling aus Beilngries - vermittelt von der Tiernothilfe. "Den hatte ein Hund im Maul, weshalb sein Beinchen in der Nähe der Hüfte gebrochen war", erinnert sich Michael Bretz, der seine Frau tatkräftig unterstützt und dabei "jede Menge lernt". Zum Beispiel, wie man einem solchen Winzling das Bein mittels Tape aus der Apotheke "schient". Der Kleine dankt es, indem er munter unter den fünf weiteren Hausgästen am Boden seiner Unterkunft herumhüpft.

Laut piepsend fordern derweil die ersten ihre nächste Mahlzeit ein. Honigmaden und Pinzette stehen für die Älteren schon bereit. Eigentlich könnten für diese jetzt auch Regenwürmer auf dem Speiseplan stehen, aber die zu finden ist angesichts der Trockenheit schwer.

Während Wilma Bretz einen der jüngeren Vögel auf die Hand nimmt, um ihm mit der Spritze seinen Brei in den weit geöffneten Schnabel zu geben, schauen die beiden Dalmatiner des Hauses neugierig zu. Ein bisserl Eifersucht spielt da wohl mit, wenn Frauchen sich so intensiv um andere kümmert.

Was so idyllisch aussieht, ist eine zeitaufwendige Arbeit. "Anfangs muss man alle halbe bis dreiviertel Stunde füttern", so Bretz. Ihre Schützlinge nahm sie deshalb überall hin mit, wenn sie mal länger weg musste. "Nur nachts geben sie glücklicherweise Ruhe", meint sie lachend.

Bald stehen für die aktuellen Piepmätze im Wohnzimmer die ersten Flugübungen an. Später dürfen sie sich unter Aufsicht auf der Terrasse üben und irgendwann sind sie dann weg. Nicht immer gelingt die Aufzucht. "Das ist ja in der Natur auch so, aber es schmerzt doch, wenn man ein Wutzerl nicht durchbringt", räumt die Tierliebhaberin ein. Umso mehr freut sie sich, dass eine der von ihr gepflegten Amseln regelmäßig vorbeischaut und heuer im Garten ihren Nachwuchs großzieht - ganz ohne menschliche Hilfe.