Hilpoltstein
Naturschützer legen den Finger in die Wunde

Bund Naturschutz kämpft gegen Flächenfraß und giftige Spritzmittel – Aktionsprogramm für die ganze Familie

24.07.2012 | Stand 03.12.2020, 1:15 Uhr

Studenten und Schüler machen in den nächsten Wochen Werbung für den BN. Darüber freut sich auch Kreisvorsitzender Michael Stöhr (links) - Foto: Meyer

Hilpoltstein (HK) Eigentlich wäre es das Beste, man bräuchte ihn gar nicht: den Bund Naturschutz. Aber weil der Flächenfraß um sich greift, Landwirte genauso wie Hobbygärtner zu giftigen Spritzmitteln greifen und gierige Großkonzerne die Gentechnik als Allheilmittel propagieren und die Politik teilweise sogar mitspielt, ist diese unermüdliche Truppe von Naturschützern notwendiger denn je.

In einem Pressegespräch stellten Kreisvorsitzender Michael Stöhr und Geschäftsführer Richard Radle das aktuelle BN-Halbjahresprogramm „Die Distel“ vor.

Die Themen, mit denen sich der BN auf Kreisebene beschäftigt, reichen von praktischen Aktivitäten wie dem Mosten heimischer Äpfel bis hin zur eindringlichen Warnung vor dem „Allestöter“ Glyphosat. Dieses weltweit am häufigsten eingesetzte Unkrautvernichtungsmittel steckt zum Beispiel in Produkten mit dem Handelsnamen Roundup. „Das verwenden viele in ihrem privaten Garten und wissen nicht, was sie sich damit antun“, sagte Michael Stöhr. Das Münchener Umweltinstitut erklärt, dass Glyphosat bereits im menschlichen Blut nachgewiesen wurde, da es Verbraucher zum Beispiel auch über gespritzte Lebensmittel zu sich nehmen. Schon bei geringsten Konzentrationen können gravierende gesundheitliche Risiken auftreten: „Krebs, Zelltod, Störungen der Fruchtbarkeit und des Immunsystems zählen zu den Folgen“, heißt es im Flyer des Instituts. „Das ist ein Chemiehammer“, sagte Stöhr, der sich ärgert, dass dieses Mittel überhaupt zugelassen ist. „Das ist schlicht und einfach kriminell.“

Weitergeführt werden sollen auch die so genannten Parteiengespräche, also Treffen mit örtlichen Kommunalpolitikern. Das aktuelle Thema: „Energie und Ernährung“. Diese Gespräche hätten sich als „erfolgreiche Ideenschmiede“ etabliert, berichtete Stöhr erfreut. Denn es habe sich der Plan herauskristallisiert, im Rother Schulzentrum eine Ausstellung eben zum Thema „Energie und Ernährung“ zu zeigen.

Erst am Wochenende hat der BN beim jährlichen Reichswaldfest auf ein weiteres Problem aufmerksam gemacht: den Flächenfraß. Der Reichswald, der sich von Nürnberg bis nach Allersberg erstreckt, ist laut Stöhr für das Kleinklima enorm wichtig. „Es wäre für Nürnberg verheerend, wenn er größere Lücken bekäme.“ Dort Lücken zu schlagen, das werde immer wieder versucht, zuletzt, als es um eine Anbindung zum Wendelsteiner Gewerbegebiet ging, die zwar offiziell vom Tisch ist, aber laut Stöhr immer von interessierten Firmen betrieben werde.

Was die Naturschützer ebenfalls auf die Palme bringt, ist das rücksichtslose Wirtschaften im Wald. Große Harvester, mit denen Bäume quasi geerntet werden, würden den Waldboden durchpflügen. Und auf die Brutzeiten von Vögeln und die Aufzucht der Jungtiere werde auch keine Rücksicht genommen, kritisierte Richard Radle. Es habe zwar schon runde Tische mit Vertretern der Staatsforsten gegeben, aber „es waren weder Einsicht noch ein Einlenken zu spüren“, sagte Stöhr bedauernd. „Das Ziel ist eben, Gewinne zu machen. Und die Natur hat das Nachsehen.“

Letzteres befürchtet der BN auch für das Bundeswehrgelände in Roth. Dort gibt es eine Reihe von Biotopen und seltene Tiere wie die Ringelnatter, die Goldammer oder der Kuckuck fühlen sich dort wohl. Wenn das Gelände nach der Auflösung des Standorts zivil genutzt wird, befürchtet Stöhr, dass dann auch die Natur darunter leiden könnte. „Bevor Fakten geschaffen werden, wollen wir die Behörden darüber informieren, dass es dort wertvolle Biotope gibt.“

Viele weitere Aktivitäten wie Sommerfeste, Kraut einmachen, Wanderungen und Amphibienrettung schultern die einzelnen BN-Ortsverbände . Allerdings sei es immer schwieriger, all dies zu organisieren, bekennt Michael Stöhr, da es zu wenig Nachwuchs gebe. Deshalb startet der Kreisverband, der zurzeit 2300 Mitglieder zählt, jetzt eine Werbeaktion und will Studenten von Haustür zu Haustür schicken (siehe Kasten). Wer sich über die Aktivitäten des BN informieren möchte, kann dies in der Distel nachlesen, die in der BN-Geschäftsstelle in Roth in der Sandgasse 1 sowie in Raiffeisenbanken, Sparkassen, Rathäusern und Arztpraxen ausliegt.