Eichstätt
Nase voll vom "Schwarzen Peter"

Landkreis-Bauverwaltung nimmt Bürgermeister in die Pflicht – Mehr Verantwortung für Gemeinden

08.07.2014 | Stand 02.12.2020, 22:29 Uhr

Ernste Gesichter bei den Sachgebietsleitern der Landkreis-Bauverwaltung: Franz Kratzer (links) und sein Kollege Gerhard Schreiber (Mitte) forderten von den Bürgermeistern des Landkreises Eichstätt Klartext, wie sie in Zukunft mit Bau-Zustimmungen durch Gemeinderäte umgehen sollen. Abteilungsleiterin Regina Otte (rechts) erklärte den Gemeindechefs die baurechtlichen Zusammenhänge. - Foto: aur

Eichstätt (EK) Sie sind es einfach leid: Die beiden Bauverwaltungs-Leiter des Landratsamtes Eichstätt, Franz Kratzer und Gerhard Schreiber, wollen nicht länger die Buhmänner der Bürgermeister sein. Das machten sie gestern bei der Bürgermeisterdienstbesprechung unmissverständlich deutlich.

Ist die Zustimmung einer Gemeinde zu einem problematischen, exotischen, möglicherweise potthässlichen Bauvorhaben wirklich ernst gemeint – oder warten der Bürgermeister und seine Gemeinderäte heimlich bloß darauf, dass das Landratsamt als Genehmigungsbehörde die Notbremse zieht? Diese Frage wollten die altgedienten Beamten Franz Kratzer (zuständig für den südlichen Landkreis) und Gerhard Schreiber (verantwortlich für den Norden) endlich einmal beantwortet bekommen. Eigentlich sollten die Bürgermeister, insbesondere die Neulinge im Amt, nur ganz allgemein über die rechtlichen Schritte bei der Bauleitplanung aufgeklärt werden. Aber dann wurde es richtig konkret. Franz Kratzer schilderte, er und sein Kollege müssten sich massenhaft mit strittigen Dachformen und „exotischen“ Baukörpern auseinandersetzen. „Die Gemeinde erteilt das Einvernehmen, und wenn wir es ablehnen, sagt der Bauherr: ,Was stellt ihr euch so an.’“ Es gehe da immer um die heiklen Fragen des Ortsbilds, ob sich ein Bau in die Umgebung einfüge. „Wie sollen wir uns verhalten“, fragte Kratzer in die Runde im Großen Sitzungssaal des Landratsamtes.

Landrat Anton Knapp positionierte sich deutlich und übergab die Verantwortung an die Gemeinden: „Warum sollten wir uns als Landratsamt gegen die Zustimmung der Gemeinde wenden? Aber ich will nachher nichts hören!“ Oft genug bekomme er hintenrum zu hören: „Lehnt doch ihr das ab!“

Franz Kratzer mahnte fast wortgleich: „Wir möchten dann bitteschön keinen Vorwurf hören. Ich sehe nicht ein, dass wir als Landratsamt permanent den ,Schwarzen Peter’ haben.“ Er warnte die Bürgermeister aber vorsorglich vor den Gefahren für das Aussehen ihrer Ortschaften: „Sie werden schauen, was Sie da für eine Qualität kriegen.“ Eindringlich schilderte er den Bürgermeistern Bauwerke von „monumentaler Raumschiff-Dimension“ in winzigen Dörfern. „Das haben wir alles.“ Er rate allen Gemeinden, problematische Bauanträge zurückzustellen und erst eine Gestaltungssatzung zu beschließen. Wenn die Gemeinde keine Vorgaben mache und allem zustimme, sei für ihn selbst, so Kratzer, die Konsequenz: „Dann haue ich den Stempel drauf.“

Die Mehrheit der Bürgermeister, so der Eindruck, schien das zu begrüßen. Hepbergs Bürgermeister Albert Steiner etwa empfahl: „Das Landratsamt sollte sich zurückhalten.“ Ludwig Mayinger aus Schernfeld meinte, die Gemeinde kreuze schließlich nicht umsonst beim Bauantrag die Stellungnahme „Fügt sich ein“ an. Richard Mittl aus Mörnsheim betonte ebenfalls die Eigenverantwortung der Gemeinden: Der Markt Mörnsheim zum Beispiel habe eine aufwendige Gestaltungssatzung erstellt. „Da steht alles drin, das ging an jeden Haushalt. Das war sehr hilfreich.“ Wolfgang Roßkopf, neuer Bürgermeister von Dollnstein, nahm ebenfalls die Gemeinden in die Pflicht: „Das kann doch nicht sein, dass sich die Gemeinde auf die Ablehnung durch das Landratsamt verlässt!“ Robert Husterer (Wellheim) erklärte: „Bei uns in Wellheim ist so ein Antrag durchdiskutiert“, die Zustimmung des Gemeinderats sei also fundiert und ernst gemeint. Dem Landratsamt empfahl er in diesem Zusammenhang mehr Sensibilität: „Das ist eine Frage der Kommunikation. Sie müssen mit uns, der Gemeinde sprechen und nicht gleich einen Brief an den Bauherren schicken – dann ist wieder der Teufel los.“

„Wir sprechen mit den Leuten“, versicherte hingegen Gerhard Schreiber. „Wir suchen nach dem Mittelweg.“

Landrat Knapp fasste zusammen: „Wenn der Gemeinderatsbeschluss oder der Wille der Gemeindeverwaltung eindeutig ist, wenn es das keine Bedenken gibt, genehmigen wir das. Wir werten das Einvernehmen so, dass es der Gemeinde gefällt.“

Gerhard Schreiber sah das – wenn auch offensichtlich ungern – als klare Ansage für die neue Linie: „Dann wissen wir Bescheid.“