Königsmoos
Nahwärmenetz für neue Baugebiete?

Lebhafte Diskussion und viele Fragen: Königsmooser Gemeinderat berät Vor- und Nachteile

13.12.2017 | Stand 02.12.2020, 17:04 Uhr

Peter Mießl und Manfred Rössle (v.l.) von der BEG Neuburg-Schrobenhausen-Aichach-Eichstätt stellten dem Königsmooser Gemeinderat samt Bürgermeister Heiner Seißler und Geschäftsführer Gerhard Ottillinger die Möglichkeit kalter Nahwärme für Baugebiete vor. An der Ingolstädter Straße (unten) entsteht ein Baugebiet - dort könnte das Projekt bei entsprechendem Interesse der Bauherren verwirklicht werden. Termine: Die Weihnachtssitzung des Gemeinderates ist für Montag, 18. Dezember geplant. - Fotos: Hammerl

Königsmoos (DK) Zwei Möglichkeiten für Nahwärmenetze in zukünftigen Baugebieten stellte Bürgermeister Heiner Seißler (FW) seinem Gemeinderat jetzt vor. Die Volksvertreter fanden vor allem die kalte Nahwärme interessant und stimmten dafür, die Gespräche darüber weiter zu vertiefen.

Im Schnelldurchgang erläuterte der Bürgermeister selbst die sogenannte solare Nahwärme. Meist handele es sich um größere Anlagen, sofern sich der Gemeinderat aber trotzdem näher darüber informieren wolle, werde er einen Experten einladen. Die Energie komme dabei entweder aus Solarkollektoren oder Erdwärmesonden, gekoppelt mit einer Biogas befeuerten Absorptionswärmepumpe beziehungsweise -kältemaschine und Pufferspeicher. Es gebe zwei Förderstufen, so Seißler. Gefördert werde sowohl die Machbarkeitsstudie als auch die Umsetzung. Für die sogenannte kalte Nahwärme könne dagegen nicht mit Fördermitteln gerechnet werden.

Letztere erläuterten Architekt Peter Mießl und Manfred Rössle von der Bürgerenergiegenossenschaft (BEG) Neuburg-Schrobenhausen-Aichach-Eichstätt dezidiert, nachdem sie zunächst ausführlich die BEG an sich und ihre Kooperation mit der SolEnergie, an der die Gemeinde Königsmoos beteiligt ist, vorgestellt hatten. Das kalte Nahwärmenetz boome, berichtete Mießl, Hintergrund seien der sinkende Energiebedarf bei Neubauten und die Chance, in Baugebieten anstelle von privaten Sonden auf jedem Grundstück eine zentrale Anlage gemeinsam zu bauen, was preiswerter sei. Die Energie kommt hier aus einem Bohrfeld - alternativ aus Abwärme - dessen Nahwärmenetz mit darin zirkulierendem Wärmeträgermedium und die Ringleitung werden gemeinsam genutzt.

Die dezentrale Wärmeerzeugung erfolgt aus dem bis zu 20 Grad warmen Wasser der Ringleitung durch eine Wärmepumpe in jedem Haushalt. Wärmeverluste gebe es nicht, weil es sich um "ganz normales, kaltes Wasser" handele. Erhard Berger (SPD) wollte wissen, ob sich die Erde in dem Sondenfeld nicht zu sehr aufheize. Das sei nicht der Fall, antwortete Mießl, eher im Gegenteil könne die Erde im Winter zu sehr abkühlen, wenn zu viel Energie entzogen werde.

"Unsere Empfehlung ist zusätzlich eine Photovoltaikanlage auf jedem Dach", sagte Mießl, ideal seien ohnehin Energieeffizienzhäuser 40 plus, was kaum teurer käme für den Häuslebauer und sich schnell über die gesparten Energiekosten amortisiere. Zudem werde der Bau staatlich gefördert. Die Anlage könnte im Sommer zum Kühlen genutzt werden, die entzogene Wärme würde dann in der Erde gespeichert.

Stefan Fäustlin (BGK) fragte nach dem Platzbedarf, er ging davon aus, dass pro Baugebiet zwei bis drei Bauplätze weniger verkauft werden könnten. Das sei nicht der Fall, antwortete Mießl, die Sonden könnten unter der bestehenden Infrastruktur angelegt werden. Warum eine Zentrale effizienter sei als eigene Sonden jedes Hausbesitzers, wollte Stefan Schnell (CSU) wissen. "Weil eine gemeinsame Wärmepumpe für 40 Wohneinheiten nicht 40-mal so groß ist, wie jede einzelne", erklärte Rössle, es reiche, die gemeinsame Anlage für weniger Einheiten auszulegen, da die Erfahrung zeige, dass niemals alle Verbraucher gleichzeitig Wärme zögen.

Weiter interessierte die Gemeinderäte, wie es in der Praxis aussehe, wenn Baugebiete sukzessive bebaut würden, denn dann müsste ja vorfinanziert werden für die Grundstücke, die später bebaut würden. Das werde von den Bauwerbern mit den Grundstückskosten mitfinanziert, lautete die Auskunft. Hans Steierl (FW) wies auf die Problematik des Moosbodens mit hohem Wasserstand und möglichen Setzungen hin. Mießl sah darin keine Probleme, der Moorkörper sei sogar ein Vorteil, weil die Wärmeübertragung umso besser sei, je nasser der Boden.

Reiner Huber (FW) meinte, es müssten finanzielle Anreize gegeben werden, damit sich die Bauherren dafür entschieden. Die Referenten antworteten, es gebe Möglichkeiten über Ökorabatte beim Kaufpreis der Grundstücke, das sei auch mit Eigenheimmodellen kombinierbar. Oder es sei möglich, Förderprogramme aufzusetzen.

Josef Kraus bezweifelte, dass Bauherren und ihre Handwerker sich ihre Heizung vorschreiben ließen. Risiken sah er auch bei späteren Baumaßnahmen. Wenn dabei die Ringleitung verletzt werde, stehe das gesamte Baugebiet ohne Heizung da. Auf Dauer hätten Bauherren mit der Nahwärme eine langlebige, preiswerte Heizung, betonte Mießl und ungeschickten Baggerfahrern käme niemand aus, das gehöre zum normalen Risiko.

Auf etwa 20 Euro pro Quadratmeter bezifferten die Referenten die zusätzlichen Erschließungskosten. Markus Appel fand das zu teuer - eine eigene Anlage käme aus seiner Sicht günstiger, meinte er aus eigener Erfahrung. Nach gut 90 minütiger lebhafter Diskussion erhielt Seißler das einstimmige Votum, in weitere Gespräche mit der BEG zu gehen.