Nachteile durch "110-prozentige" Umsetzung

23.01.2008 | Stand 03.12.2020, 6:11 Uhr

Eichstätt/Eglofsdorf (EK) "Unsere Landwirte nehmen die Info-Termine wahr. Es gibt auch Wichtiges zu berichten," freute sich der Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbands (BBV), Egid Nunner, zu Beginn der achten und letzten Gebietsversammlung. Alle Versammlungen seien sehr gut besucht gewesen.

Nunner referierte eingangs über Zahlen und Fakten. In Bayern gebe es derzeit rund 124 500 landwirtschaftliche Betriebe mit über zwei Hektar Landfläche. Die durchschnittliche Fläche je Betrieb betrage 26 Hektar. In Bayern stünden rund 57 000 Landwirte im Haupterwerb. Dies entspräche rund 45 Prozent. Das bedeute, der größere Anteil arbeite im Nebenerwerb, mit rund 13 bis 15 Hektar an Fläche im Durchschnitt. Bayerische Bauern seien bodenständiger als der bundesweite Durchschnitt. Denn nur 2,4 Prozent der bayerischen Bauern geben jährlich ihren Hof auf (bundesweit: 5,5 Prozent), so Nunner. Landwirte sind Nunner zufolge ein großer Wirtschaftsfaktor. Rund zwei Milliarden Euro investierten sie jährlich. Für Futtermittel und sonstige Materialen kämen nochmals fünf Milliarden an Ausgaben hinzu. Ernährte ein Landwirt im Jahre 1950 15 Personen, so waren es 2005 100 Personen mehr.

Nach einer langen Durststrecke sei das Jahr 2007 endlich mit erfreulichen Entwicklungen in fast sämtlichen Agrarbereichen gelaufen. Derzeit habe Getreide "einen guten Preis". Der Milchpreis, jahrzehntelang das Sorgenkind, sei auf gutem Niveau. Im Bereich Raps wird sich aller Voraussicht nach der Preis "im oberen Bereich halten". Dazu trügen insgesamt vor allem die positiven Entwicklungen aus China und Indien bei. Mittelfristig hätten die Bauern hier Chancen ihre Betriebe gut weiter zu führen, auch gut an die "Jungen" zu übergeben. Nunner warnte jedoch vor allzu großer Euphorie. Denn Sorgenkinder wären die Schweinemäster, wenngleich auch hier ganz leicht positive Tendenzen bei der Preisentwicklung sichtbar wären. Aber die Preisspirale nach oben treffe momentan besonders die Schweinemastbetriebe. Höhere Kosten für Energie und Futtermittel wären nicht auszugleichen.

Nunner prangerte die "Tendenz der Deutschen, alles 110-prozentig umsetzen zu wollen, was Brüssel vorgibt" an. Eine "Eins-zu-eins-Umsetzung" der Gesetze, wie in Frankreich oder England, würde den Deutschen zumindest keine Wettbewerbsnachteile verschaffen.

Im Anschluss hielten Geschäftsführer Robert Reimann und Erika Meyer von der BBV-Geschäftsstelle Fachvorträge. Die EU-Kommission will die Agrarreform noch einmal auf Herz und Nieren überprüfen: mit einem so genannten Health Check. Diese "Gesundheitsüberprüfung" der Agrarreform, die seit 2005 von den EU-Mitgliedsstaaten umgesetzt wird, erläuterte Erika Meyer: Der finanzielle Rahmen an sich solle bleiben wie bisher. Jedoch wird es Umschichtungen geben. "Als Berufsverband wollen wir endlich verlässliche Rahmenbedingungen und nicht jedes Jahr etwas Neues", forderte Meyer.

Zur Erbschafts- und Schenkungssteuerreform referierte BBV-Geschäftsführer Robert Reimann. Die Freibeträge für Ehegatten und Lebenspartner werden auf 500 000, für Kinder auf 400 000 und für Enkel auf € 200 000 Euro angehoben. Immobilien werden künftig mit dem tatsächlichen Wert bewertet. Betriebsvermögen soll unter bestimmten Voraussetzungen von der Erbschaftsteuer verschont werden. Reimann erklärte, das größte Problem, das er bei der Erbschafts- und Schenkungssteuerreform sehe, wäre, dass viele wichtige Fragen erst in Rechtsverordnungen geregelt werden sollen.