Ingolstadt (vl) Nachmittag der Extreme auf dem Rathausplatz: Um 14 Uhr werden die Deutschen Schwimmeisterschaften aus Berlin übertragen, doch da kam gestern nur ein Häufchen Fans der beiden Ingolstädterinnen Janine Pietsch und Raphaela Piehlers. Keine zwei Stunden später strömen die Massen zum Spiel Italien gegen Tschechien – und feiern die Fußballstars frenetisch.
"Da muss doch irgendwie Interesse da sein", sagt Raphaela Piehlers Mutter verständnislos. Gerade hat ihr Zögling vom SC Delphin einen hervorragenden dritten Platz bei den Deutschen Schwimmmeisterschaften in Berlin belegt, und nur ein Tisch jubelt am Rathausplatz. "Schade."
Eine Freundin von Raphaela Piehler ist schließlich extra aus München für die Übertragung gekommen. Der erste Platz über 100 Meter Rücken ging deutlich an die Ingolstädter Kurzbahn-Weltmeisterin Janine Pietsch vom SC Delphin: Als sie mit einer Körperlänge Vorsprung vor Antje Buschschulte anschlägt, jubelt der Tisch kräftig.
Italienische Fans in Scharen
Vom Großvater bis zum Kleinkind tummelt sich die italienische Fangemeinde auf den Bierbänken. "Wenn Tschechien und Ghana gewinnen, können sie auf das Carrara-Weinfest gehen" – dieser Spott eines Deutschlandfans verstummt spätestens beim ersten Tor durch Marco Materazzi in der 26. Minute. Tschechien spielt einfach zu schwach und muss sich kurz vor der Halbzeit von Jan Polak wegen einer gelb-roten Karte verabschieden. In der Pause zeigt sich die einzige Fahnenschwingerin der tschechischen Fans noch optimistisch: "Es wird ganz schwer, aber ich vertraue meinem Team", sagt Natalie Ujfalusi mit "Hauptwohnsitz München , Nebenwohnsitz Ingolstadt und Lieblingswohnsitz Prag". "Ich habe erst fünf Landsleute getroffen" sagt ihre Freundin Patricie Fuzulova: "Traurig, aber so ist es." Erschwerend kommt bei ihr hinzu, dass sie einen italienischen Freund hat. Für das Spiel heut e hat sie sich m it ihm vorsichtshalber nicht verabredet.
Als die Italiener in der 87. Minute das 2:0 nach einem Konter durch Filippo Inzaghi erzielen, weiß sie, dass die Entscheidung richtig war. Die Tschechen sind mit einem Mann weniger noch chancenloser als in der ersten Hälfte. In die "Italia Italia"-Rufe stimmen jetzt auch die Kleinsten mit ein, der Einzug in die K.o.-Phase wird frenetisch gefeiert – für Vincenzo Conigliello und seine Freunde steht nach dem Abpfiff der Autokorso auf dem Programm. Dass der gebürtige Sizilianer mit dem Zug von der Arbeit aus Langenbruck gekommen ist, stört ihn nicht weiter: "Ich setze mich einfach in irgendein Auto mit rein." Die ghanaischen Fans verfolgen die Übertragung ebenfalls am Rathausplatz, wo immer wieder zur zeitgleich ausgetragenen Partie ihrer Mannschaft geschaltet wird. Auch bei ihnen Hochstimmung nach dem Sieg über die USA.
