Pfaffenhofen
Nach Rangelei mit Polizisten wieder hinter Gittern

50-Jähriger nach Auseinandersetzung in Wolnzach verurteilt - Angeklagter fürchtet Alkoholexzesse im Gefängnis

30.08.2018 | Stand 25.10.2023, 10:30 Uhr
Alkoholabhängig hinter Gittern: Laut Aussagen des Angeklagten ist es im Gefängnis nicht möglich trocken zu werden. −Foto: Soeren Stache/dpa

Pfaffenhofen (SZ) Für acht Monate schickt das Pfaffenhofener Amtsgericht einen 50-Jährigen ins Gefängnis, weil er betrunken mit Fäusten auf Polizisten losgegangen ist, sie verletzt und wüst beleidigt hat.

Dem Angeklagten schmeckt das Urteil nicht: Er wolle weg vom Alkohol, aber im Knast sei das nicht möglich, weil da gesoffen würde.

Vor zwei Monaten saß Karol F. , (Name geändert) in dieser Sache schon einmal auf der Anklagebank. Damals wurde die Verhandlung vertagt, um weitere Zeugen zu laden. Die erschienen diesmal auch nicht vollzählig, aber die Beweislage war für Amtsrichter Michael Herbert auch ohne deren Aussage eindeutig. Danach war es am 4. Juni vor einem Jahr in Wolnzach zu einem Familienstreit gekommen: Sein Patenkind, sagt der Angeklagte, habe ihn angerufen, die Eltern hätten richtig Zoff. Karol wollte schlichten, was gründlich misslang - wohl auch deshalb, weil der "Friedensengel" sich für seine Mission zweieinhalb Promille angetrunken hatte. Er wurde vom Hof gejagt, sah aber offensichtlich seinen Auftrag noch nicht als erfüllt und blieb, weshalb der Wohnungseigentümer die Polizei rief.

Als die Ordnungshüter den ungebetenen Gast auf die Straße geleiten wollten, riss der sich wieder los und lief zurück aufs Grundstück. Einem 26-jährigen Polizisten gelang es, ihn festzuhalten. Das kam nicht gut an: Karol holte zu einem wuchtigen Faustschlag ins Gesicht des Beamten aus. Der konnte zwar ausweichen, aber beim Gerangel gingen beide zu Boden. Der Polizist verletzte sich an beiden Knien und verstauchte sich die Hand.

Dank der herbeigerufenen Verstärkung war es schließlich möglich, den Wüterich in einen Streifenwagen zu bugsieren. Karol tobte, schimpfte und beleidigte den Beamten und dessen junge Kollegin mit Schimpfwörtern, wobei "Hure" noch eines der harmloseren war.

Aus Sicht des Angeklagten hat sich der Vorfall ganz anders abgespielt: Wie aus dem Nichts und ohne jeden Anlass seien plötzlich Männer auf ihn zugestürmt, hätten ihn geschlagen, seine Arme auf den Rücken gedreht und ihn gefesselt. Er habe sich nur wehren wollen. Dass die Männer Polizeibeamte waren, erschloss sich für Karol deshalb nicht, weil sie kurze Hosen getragen hätten. Die gehören zweifelsfrei nicht zum Dress-Code eines bayrischen Streifenpolizisten, wie der verletzte Beamte bestätigt. Aber bei der Rangelei sei ihm wohl ein Hosenbein nach oben gerutscht.

Das Paar, dessen Streit Karol schlichten wollte, ist als Zeuge geladen worden, aber nicht erschienen. Für Amtsrichter Herbert ist deren Vernehmung auch nicht notwendig, er sieht durch die Aussage der jungen Polizistin die Beweislage eindeutig erhärtet.

Wie bei allen Prozessen üblich verliest der Richter das Vorstrafenregister des Angeklagten - das Aufzählen der Aktenzeichen, Straftaten und Urteile klingt so monoton wie eine Litanei. 18 Mal hat sich Karol schon strafbar gemacht: Fahren ohne Führerschein, Diebstahl, Körperverletzung, die meisten Taten unter Alkoholeinfluss. Er steht unter offener Bewährung, und deshalb ist für die Staatsanwältin eine Haftstrafe unausweichlich: Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Körperverletzung, Beleidigung - für 14 Monate will sie den Angeklagten hinter Gitter schicken.

Der Verteidiger, der noch während der Verhandlung ankündigte, im Fall einer Verurteilung ohne Bewährung in Berufung zu gehen ("es steht Aussage gegen Aussage") nimmt das Vorstrafenregister seines Mandanten zum Anlass, über Sinn und Unsinn von Strafen zu referieren. Warum es all diese Strafen nicht geschafft hätten, dass sein Mandant "brav bleibt"? Er möchte eine Bewährungsstrafe, damit sein Mandant sich therapieren lassen könne, um auf den rechten Weg zu kommen.

Der Angeklagte hat das letzte Wort. "Ich möchte nicht sitzen. Das bringt nichts. Ich strebe eine Alkoholtherapie an. " Karol hat reichlich Knast-Erfahrung: "Ich habe genug gesehen. Im Gefängnis trinkt man jeden Tag Alkohol. Ich weiß, wie man an ihn rankommt, ich weiß auch, wie man ihn im Gefängnis herstellt. "

Das Rezept wird er jetzt wieder ausgraben müssen. Der Richter schickt ihn für acht Monate hinter Gitter. Er sehe keinerlei Anzeichen für eine positive Sozialprognose, die eine Bewährung rechtfertigen würden. Und zum Anwalt: "Sinn einer Bewährung ist es nicht, eine positive Sozialprognose zu schaffen. Sie ist die Voraussetzung. "

Albert Herchenbach