Greding (HK) Es ist kein Jubelgeschrei für Erdogan, was dem Besucher des nun schon neunten Deutsch-Türkischen Volksfestes auf der Wiese beim Gredinger Volksfestplatz entgegenkommt. Der Wind weht eher die Düfte ganz verschiedener Spezialitäten in die Nase. Die Wahl in der Türkei, das umstrittene Foto des alten und neuen Staatschefs mit deutschen Fußballstars - alle dies spielt hier keine Rolle. Es ist ein Fest des fröhlichen Miteinanders.
Das findet auch Stadtratsmitglied Günther Netter, der hier schon Stammgast ist. "Das ist jedes Jahr ein super Fest!" Er mag es vor allem auch deswegen, "weil es hier so familiär zugeht", sagt der Vater einer sieben- und einer einjährigen Tochter. Hüpfburg, Bastelangebote oder lustige Luftballonfiguren nach Wunsch sorgen unter anderem dafür, dass die junge Generation hier auf ihre Kosten kommt.
Und immer wieder darf getanzt werden. Zum Beispiel der berüchtigte "Pinguintanz", der den Buben und Mädchen sichtliches Vergnügen bereitet. Auch das Angebot an abwechslungsreichem Essen begeistert Familie Netter. "Heuer gab es mal keinen Döner, sondern mit Rinderhack gefüllte Auberginen." Karniyarik heißt diese Spezialität, die nicht selten mit bayerischem Bier den Hals hinuntergespült wird. Wer es lieber süß mag, der ist etwa mit Baklava gut beraten, ein mit verschiedenen Leckereien gefülltes Gebäck.
Dass all dies nicht zu sehr auf den Hüften landet, dafür sorgen die türkischen Tänze, bei denen sich alle gerne beteiligen: ob jung, ob alt, Mann oder Frau und egal, welcher Kultur er oder sie sich zugehörig fühlt. Dass viele mitmachen, dafür sorgt Nurulla Usta als Vorsitzender des Deutsch-Türkischen Kulturvereins als Veranstalter des Freundschaftsfest selbst.
Aber man darf sich nicht nur selbst tänzerisch betätigen, sondern auch den Profis zuschauen. Zum Beispiel der Bauchtänzerin Nahid Safija. Mit bürgerlichem Namen heißt sie Stefanie Bergmeier-Hupfer und weiß ihre Tanzkunst auch trefflich im Rahmen von VHS-Kursen weiterzugeben. Die Ergebnisse lassen sich beim Fest ebenso bestaunen, als die "Beilngrieser Belly Dancers" mit ihrem orientalischen Bauchtanz loslegen. Als Usta sich dem Tanzduell mit Safija stellt, zieht er klar den Kürzeren. Immerhin aber kommt dabei das DFB-Trikot toll zur Geltung, das er sich wie einige andere demonstrativ übergestreift hat. Fast schon ein Pendant zu jenem Treffen, das immer noch für Empörung sorgt: das der Nationalspieler Mesut Özil und Ilkay Gündogan mit dem türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan - inklusive Trikotübergabe. Hierfür hatte es Kritik gehagelt, die teilweise auch ins Rassistische umschlug. In Greding spüre man hiervon aber überhaupt nichts, sagt Usta. Die Begebenheit sei leider auch arg aufgebauscht worden. Vielleicht habe ja gerade das zu Blockaden bei den Spielern und somit zum vorzeiten WM-Aus geführt, mutmaßt der Vereinsvorsitzende.
Sein Bekenntnis zu Deutschland und einem friedlichen Miteinander erschöpft sich aber nicht in einem übergestreiften Trikot. Das gelungene Fest spricht eine klare Sprache - "gemeinsam können wir viel bewegen", ist Usta überzeugt. Es sei erstaunlich, was aus den zarten Anfängen alles geworden ist, betonen es mit Blick auf die Veranstaltung sinngemäß auch Landrat Herbert Eckstein und Bürgermeister Manfred Preischl bei ihrer Stippvisite, während die türkische und die deutsche Fahne munter im Wind wehen. Ein Besuch beim Freundschaftsfest, bei dem auch diesmal an die 600 Gäste zu verzeichnen sind, sei eigentlich schon ein "Muss", viele warteten jährlich schon darauf. Eines seiner festen Bestandteile ist auch eine Tombola, die im nächsten Jahr vielleicht noch viel größer aufgezogen wird, denn dann wird Zehnjähriges gefeiert. Dieses Mal kann es spät am Abend noch mit zwei Höhepunkten aufwarten: mit der obligatorischen Feuershow und einem Heiratsantrag, der das Fest als eindrucksvolle Umrahmung nutzt.
Jürgen Leykamm
