Essing
Musikalischer Höhlenrausch

Günter Müller gibt im Schulerloch ein Konzert in völliger Finsternis

19.10.2017 | Stand 02.12.2020, 17:20 Uhr
Zu Beginn des Finsterniskonzerts von Günter Müller erleuchtete noch ein Strahler den Tempelraum im Schulerloch. Doch dann wurde auch dieser abgeschaltet. Musiker und Publikum interagierten danach in absoluter Dunkelheit. −Foto: Schulerloch

Essing (DK) Einen Auftritt in absoluter Dunkelheit hat der Musiker und Klangkünstler Günter Müller absolviert. Ort des ungewöhnlichen Geschehens war das Schulerloch bei Essing.

Das Konzert in völliger Finsternis fand im großen Tempelraum der Tropfsteinhöhle statt. Dank der besonderen akustischen Eigenschaften des natürlichen Raumes konnte Müller seine Instrumente ohne künstliche Verstärkung perfekt in Szene setzen.

Der in Westfalen geborene Musiker und Komponist ist nicht nur eine bekannte Größe im Bereich des Jazz, er fasziniert die Menschen ebenso mit beinahe längst vergessenen Klängen traditioneller Instrumente aus fernen Ländern. Diese Naturklangmusik, vorgetragen auf handgefertigten Originalinstrumenten, ist der kreative musikalische Ausdruck seiner gelebten Verbundenheit mit der Natur. Doch nicht nur in Sachen Musik hat Müller die Natur zu seiner Muse auserkoren. Der studierte Diplom-Bauingenieur ist unter anderem verantwortlich für den Umbau des Deutschen Höhlenmuseums, welches zugleich den Zugang zur Dechenhöhle im nordrhein-westfälischen Iserlohn darstellt.

Nun war er bereits zum 20. Mal zu Gast im Schulerloch in Essing, um eines seiner bekannten Finsterniskonzerte zu geben. Dieses bildet alljährlich der Abschluss der Konzertsaison in der bekannten Tropfsteinhöhle. Als die Besucher die Höhle betraten, bot sich ihnen ein faszinierendes Bild. Der Weg in den großen Tempelraum des Schulerlochs führte durch den ehemaligen Wohnbereich der Neandertaler, in der seltene Sinterformationen zu sehen sind. Um die Ecke standen vor der kleinen Bühne im noch dezent beleuchteten Tempelraum die Sitzgelegenheiten.

Auf der Bühne stand Müller mit nichts als einem Tisch voller mehr oder weniger bekannter Instrumente. Das australische Didgeridoo und der große Gong im Hintergrund waren den Zuhörern geläufig. Die wenigsten Besucher kannten jedoch die slowenische Fujara, die indische Bansuri oder eine ganz besondere Flöte aus Asien, die Shakuhachi. Dieses aus einem Bambusrohr gefertigte Instrument wurde ursprünglich von Bettelmönchen im sechsten Jahrhundert nach Japan gebracht und spielt heutzutage immer noch die Rolle als heiliges Instrument, auf der Mönche in tiefer Meditation spielen, um durch den einzigartigen Ton den Weg zur Erleuchtung zu finden. Das Beherrschen dieser Flöte setzt eine besondere Feinfühligkeit voraus.

Zum Beginn füllte Müller gekonnt den parabolartigen Raum mit dem vollen Klang des Didgeridoos, während der einzige, auf ihn gerichtete Scheinwerfer langsam bis zur völligen Dunkelheit gedimmt wurde. Ab diesem Moment herrschte visuelle Stille, man sah weder die Köpfe der vorderen Reihen, noch die eigene Hand vor Augen. Der einzige Sinn, der hier in extremer Weise angesprochen wurde, ist das Gehör.

Der leidenschaftliche Naturmusiker führte seine Gäste durch eine musikalische Weltreise, meditative Klänge und Melodien, unbekannte, manchmal auch lustige akustische Schwingungen drangen in die Köpfe der Besucher. Die Fantasie wurde angesprochen, eine individuelle Geschichte im Kopf entstehen zu lassen. Die Identifikation der einzelnen Instrumente war, zumindest für nicht erfahrene Naturmusik-Liebhaber, nahezu unmöglich. Lediglich die kurzen Pausen und die leisen Geräusche des Ablegens auf dem Tisch kündigten einen Klangwechsel an.

Während des Konzerts herrschte eine meditative Stimmung, die jeden Besucher den Alltag vergessen ließ: Entspannung pur. Beim Finale kehrte Müller an den Anfang zurück und holte den abgetauchten Zuhörer mit den tiefen Schwingungen des australischen Blasrohrs in die Wirklichkeit zurück - und das Licht wurde sanft aufgeblendet. Man erkannte lächelnde Gesichter. Jeder hatte dieses Konzert auf seine eigene Weise erlebt. Dann erläuterte Müller noch seine Instrumente und berichtete über deren Funktionsweisen.

Das Schulerloch ist in diesem Jahr ab dem 6. November geschlossen. Bis dahin können Besucher bei den täglich halbstündlich stattfindenden Höhlenführungen noch die unterirdische Natur entdecken. Die Saison 2018 beginnt mit den bayerischen Osterferien.