Musikalische Weltreise

15.07.2011 | Stand 03.12.2020, 2:37 Uhr

Klassik kostenlos und in Massen: Beim Open Air im Luitpoldhain genießen Musiker und Publikum die Kulisse. - Foto: Uli Kowatsch

Nürnberg (HK) Die Picknickdecken werden ausgeklopft, die Sektkelche poliert und die Kühltaschen aus dem Keller geräumt: Das Nürnberger Klassik-Open-Air steht vor der Tür. Bei der 12. Auflage der größten klassischen Freiluftkonzerte in Europa werden wieder rund 100 000 Zuhörer erwartet.

Der Reigen der beiden kostenlosen Freiluftkonzerte im Nürnberger Luitpoldhain eröffnen die Nürnberger Philharmoniker am Sonntag, 24. Juli. Ab 20 Uhr nehmen sie ihre Gäste auf eine musikalische Weltreise mit. Dirigent Dirk Kaftan und Hrachuhí Bassénz (Sopran) spannen den geografischen Bogen von Brasilien bis Armenien, von Norwegen bis Griechenland, sogar Berliner Luft dürfen die Konzertbesucher schnuppern. Das Repertoire reicht von Edvard Griegs Peer Gynt bis zu Mikis Theodorakis Alexis Sorbas. Bizets Carmen wird zu hören sein und Johann Strauß’ Walzer „An der schönen blauen Donau“. Damit tragen die Philharmoniker auch einem breiten Publikumsgeschmack Rechnung. Denn auf der Wiese lauschen nicht nur routinierte Konzertsaalgänger. Die Moderation übernimmt Sabine Sauer.

Nach rund drei Stunden Klassik und dem obligatorischen Wunderkerzen-Lied wird es am Ende noch einmal richtig laut im Luitpoldhain. Dann brennt Götz Schwörer sein Feuerwerk ab. Bereits vor dem ersten Ton kommt das Picknickinventar zum Einsatz, Tische werden prachtvoll gedeckt, der Prosecco fließt, die Kerzenleuchter und der Brokat werden ausgepackt, sofern noch Platz ist. Verboten sind Pavillons, Räder und Hunde, auch gegrillt darf nicht werden.

Das zweite große Orchester in Nürnberg, die Symphoniker, richten ihren Blick nach Osten. „Wolga, Wehmut, Wunderkerzen“, lautet in diesem Jahr ihr Motto, das natürlich schon weit vor dem tragischen Schiffsunglück in Russland festgelegt wurde. Der junge britische Chefdirigent Alexander Shelley konzentriert sich auf Peter Tschaikowsky. „Der Nussknacker“ und das Violinkonzert D-Dur stehen auf dem Programm. Solist ist Erik Schumann (Violine). Nach der Pause spielen die Symphoniker Sergej Rachmaninows Symphonie Nr. 2, e-Moll. Den zweiten Titel darf das Publikum auswählen. Bis zum 27. Juli kann man im Internet unter www.klassikopenair.de zwischen Jules Massenet, Meditation aus Thais, Manuel María Ponce, Estrellita, und Tschaikowskys Melodie op. 42, No. 3 auswählen.

Beide Konzerte sind kostenlos. Einen Kostenbeitrag kann man leisten, wenn man sich einen Vogelpin des Nürnberger Kulturpreisträgers Toni Burghart leistet. Den gibt es heuer in violett und im Doppelpack, hell und dunkel. Ein Anstecker kostet vier Euro, beide acht. Sammler können die alten Vogelpins seit dem Jahr 2001 beim Kulturamt nachkaufen. Fünf Euro kostet das Stück. Allerdings sind die Vögel der Jahre 2001 und 2002 bereits vergriffen.

Das Klassik-Open-Air feierte zum Stadtjubiläum im Jahr 2000 Premiere. Damals war die Austragungsstätte umstritten, weil die Nationalsozialisten 1933 auf diesem Gelände ihren „Reichsparteitag des Sieges“ gefeiert hatten mit Paraden von SS und SA. Auch bei späteren Reichsparteitagen wurde das Gelände von den Nazis genutzt. Hier fand die sogenannte Blutweihe der neuen Fahnen statt.

Der Luitpoldhain gehört bereits seit dem 17. Jahrhundert zum Naherholungsgebiet Dutzendteich. Später wurde dort eine 700 000 Quadratemeter große Parklandschaft angelegt, auf der 1906 die Landes-, Industrie-, Gewerbe- und Kunstausstellung stattfand, mit der an das 100-jährige Jubiläum der Zugehörigkeit Nürnbergs zu Bayern erinnert wurde. Zumindest an diese künstlerische Tradition knüpfen die Klassikkonzerte unter freiem Himmel wieder an.