Eichstätt
Musikalische Kontraste

Das Vokalensemble Singer Pur präsentiert Werke aus vier Jahrhunderten im Eichstätter Dom

20.11.2014 | Stand 02.12.2020, 21:58 Uhr

Das Vokalensemble Singer Pur bot dem Publikum eine „Phantastische Nacht“ mit Werken von der Renaissance bis heute. - Foto: Greck

Eichstätt (DK) Stücke von der Renaissance über die Romantik bis in die Moderne präsentierte das Sextett Singer Pur im Rahmen der Eichstätter Domkonzerte. Wie ein guter Architekt baute das Ensemble sein Programm aus Altem und Neuem zu einer stimmigen und abwechslungsreichen „Phantastischen Nacht“ zusammen, so der Konzerttitel.

Den Grundstein des Abends legten Sopranistin Claudia Reinhard, die Tenöre Klaus Wenk, Markus Zapp, Manuel Warwitz, Bariton Reiner Schneider-Waterberg und Bassist Marcus Schmidl mit dem Madrigal „Ove ch’I posi gli occhi“. Die Sänger ließen dieses Stück in zwei Versionen erklingen: Mit der Fassung von Adrian Willaert bauten sie eine Renaissance-Kulisse auf und stellten dieser eine moderne aus dem Jahr 2013 gegenüber. Im Gegensatz zum lautmalerischen Stück aus dem 16. Jahrhundert produzierte Singer Pur mit der komplexen Harmonik des modernen Madrigals, komponiert vom Amerikaner Christopher Lyndon-Gee, einen flirrenden Klangteppich im Eichstätter Dom, der immer wieder von sich reibenden Akkorden durchbrochen wurde.

Auf dieses Fundament aus alter und neuer Musik setzten die sechs Sänger abwechselnd weiter Stück um Stück aus diesen beiden Zeiten: Den Renaissance-Text „Alma redemptoris mater“, in dem die Gottesmutter um Erbarmen gebeten wird, hat der Komponist Martin Smolka 2011 für Singer Pur neu vertont. Fast meditative Passagen mit stets gleichen Motiven in einzelnen Gesangsstimmen wechselten sich dabei mit engen Akkorden ab, die sich in die Ohren der Zuhörer im gut besuchten Dom bohrten, bis sich das Stück im weiten Nichts verlor.

Rhythmischer präsentierte sich „Huc me sidereo“ des Regensburger Komponisten Hans Schanderl. Auch er schrieb das Werk, das von den Leiden Christi erzählt, 2012 eigens für das Vokalensemble, dem es beeindruckend perfekt gelang, mit den Konsonanten und Vokalen des Textes dem sonst eher unaufgeregtem, fast etwas zu langem Stück Akzente zu verleihen. Bei „Memento“ von Arvo Pärt, das auf einem alten kirchenslawischen Bußkanon fußt, lösten sich die tiefen und hohen Stimmen des Sextettes sauber ab und brachten mit ihrem lyrischen, flehenden Gesang die Bitte um Erbarmen klangvoll zum Ausdruck. Zwischen diesen modernen Säulen des Programms zogen Singer Pur immer wieder die der Renaissance ein. Sie präsentierten ein hymnisches Marienlob von Palestrina und eine eher in sich gekehrte Motette von Orlando di Lasso.

Um die Spannung in der Architektur der „Phantastischen Nacht“ zwischen alten Werken aus den Anfängen der Vokalpolyphonie und Gegenwartskompositionen auszugleichen, hatte das Ensemble Stücke der Romantik eingebaut. Zwischen Moderne und Renaissance fanden sich wohl dosiert Stücke von Reger, Rheinberger und Brahms.

Der Höhepunkt des Abends war aber sicherlich die Uraufführung des Stückes „Enttäuschung“ mit einem Text von Frank Wedekind von der jungen Komponistin Lauren Buscemi. Die 22-jährige Amerikanerin war eigens mit ihrem Lehrer Lyndon-Gee für diese Premiere nach Eichstätt gereist. Den Gram eines ausgebrannten Menschen setzt Buscemi mit sich extrem reibenden Harmonien um. Auf diese legt sie fast gesprochene Passagen des Textes, die wie geleiert, wie in Zeitlupe vorgetragen klangen: musikalisch interessant gestaltet und von den sechs Sängern toll umgesetzt.

Das Eichstätter Publikum belohnte die junge Komponistin und Singer Pur mit langem Applaus und entlockten dem Ensemble noch eine Zugabe, bevor es aus der „Phantastischen Nacht“ in die eiskalte Eichstätter Nacht strömte.