Eichstätt
Musik ohne Musizieren

An der KU bleiben die Gänge aufgrund der Coronakrise leer - auch in den musischen Abteilungen

02.04.2020 | Stand 23.09.2023, 11:28 Uhr
Jörg Edelmann unterrichtet normalerweise in der Musikpädagogik und Musikdidaktik an der KU in Eichstätt. Wegen der Coronakrise können dort praktische Unterrichtseinheiten aktuell nicht stattfinden. −Foto: Edelmann, Gabbert,dpa

Eichstätt - Bedingt durch die Coronakrise stehen die Tätigkeiten an Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU) still, auch in allen musischen Bereichen.

Während sich die theoretischen Unterrichtseinheiten mit Online-Angeboten über Wasser halten können, sieht es vor allem für die Praxis düster aus. Die Instrumente werden nur noch zu Hause angestimmt.

Der Akademische Oberrat der Professur für Musikpädagogik und Musikdidaktik an der KU, Jörg Edelmann, weist darauf hin, dass alle Fächer, die nicht von einer praktischen Umsetzung abhängig sind, im Notbetrieb weiterfunktionieren. Zwar sei es eine riesige Umstellung, auf Online-Angebote auszuweichen (es gibt kaum Material, da diese bisher schlicht nicht nötig wurden), aber dadurch könnten zumindest die technischen Fortbildungen am Laufen gehalten werden. Auch Einzelunterricht zu Hause sei durch die Bereitstellung von Notenmaterial möglich.

Die Grenzen des Online-Unterrichts und der musikalischen Förderungen seien aber sofort erreicht, wenn es um Ensemblearbeit gehe, sagt Edelmann. Das gemeinsame Üben sei schließlich nur möglich, wenn man in der Gruppe zusammenkommt - und gerade das ist im Moment wegen der Coronakrise nicht möglich. "Orchester und Chöre leben von Synchronität", betont Edelmann. Zwar könne man über Skype oder andere Live-Streams kommunizieren, ein erfolgreiches Musizieren sei dagegen unmöglich. "Wir hätten dabei immer mit mindestens einer Sekunde Verzögerung zu kämpfen. Für einen Chor und noch viel mehr ein Ensemble ist eine Sekunde aber schon eine Katastrophe. Man kann sich nicht mehr vernünftig abstimmen. " Auch die Ensembleleitung, die Edelmann unterrichtet, ist ohne praktische Einheiten nicht realisierbar. Während des Unterrichts vermittelt der Dozent den Studenten, wie beispielsweise ein Chor geleitet werden kann. Dabei ist es entscheidend, dass der Studierende direkt mit Musikern arbeiten kann, um zu lernen, wie er deren Mimik und Gestik richtig deutet, und zu erleben, wie die Reaktion des Orchesters auf seine Anweisungen ausfällt.

Momentan konzentrieren sich die musischen Abteilungen der Universität deshalb darauf, vorbereitend zu arbeiten, wie Edelmann es nennt. Das Hauptziel sei, den Studenten ihr Studium weiter zu ermöglichen. Noch seien beispielsweise die praktischen Prüfungen kein akutes Problem, diese finden schließlich erst am Semesterende statt. "Wir arbeiten mit Hochdruck an Lösungen, um das Studium so breitgefächert wie möglich zu erhalten", betont Edelmann. Dass der praktische Betrieb wieder aufgenommen wird, kann sich der Oberrat frühestens für die zweite Hälfte des Sommersemesters vorstellen. Seine persönliche Hoffnung ist, dass im Wintersemester wieder ein normaler Betrieb möglich sein wird.

Die größten Sorgen macht sich Edelmann um die Künstler und Musiker, die als Lehrbeauftragte an der KU tätig sind. Den Freischaffenden fällt in der aktuellen Situation ein Großteil ihrer Einnahmequellen weg. Für sie stelle die momentane Situation eine Existenzbedrohung dar. "Wir suchen fieberhaft nach Möglichkeiten, um diesen Musikern nach wie vor Aufträge zu ermöglichen, damit sie nicht vor dem Ruin stehen", sagt Edelmann. Auch hier steckt das größte Potenzial in den Online-Möglichkeiten, die freischaffenden Musiker können so beispielsweise den Einzelunterricht mit den Studenten übernehmen. "Wir müssen nun gerade diese Menschen auffangen", betont Edelmann.

Was die Konzerte der KU angeht, liegt derzeit alles auf Eis. Durch die ausfallenden Proben könne aktuell nicht abgeschätzt werden, wann Konzerte wieder stattfinden können. Auch die Arbeit mit den beiden Ensembles Vox Orange und EI Vox, die Edelmann leitet, ruht aus gegebenem Anlass. Trotzdem will sich Edelmann bemühen, positiv in die Zukunft zu blicken. Die Auswirkungen der Krise werden noch lange spürbar sein, aber "es gibt auch ein Danach. " Für den Moment wolle er nicht über ausfallende Konzerte trauern, sondern alles dafür geben, um den Betrieb am Laufen zu halten. Was die Coronakrise langfristig für den Studienverlauf, Studenten und Lehrbeauftragte bedeutet, kann zu diesem Zeitpunkt nur schwer abgeschätzt werden.

EK

Anna Hecker