Schrobenhausen
Museumsreife Stapler und gerettete Krankenhäuser

Humanitäre Hilfe des Roten Kreuzes mit drei Lastwagen in Rumänien unterwegs – Not in den großen Städten ist am Abklingen

28.07.2017 | Stand 02.12.2020, 17:43 Uhr
Vorsorge für den Winter: Mitten im Sommer liefert die Humanitäre Hilfe Winterjacken nach Rumänien. Die Kleidung werde für die Armen aufbewahrt, erklärt Dolmetscherin Rodica Leporda (r.). −Foto: Drexler

Schrobenhausen (gfh) Es ist eine eindrucksvolle Liste, die Joe Schlittenbauer auf seinem Rechner verwaltet. Der Rotkreuzmann aus Hohenwart führt Buch über die Aktionen der Humanitären Hilfe im BRK und hat bisher genau 110 Einsätze mit transportierten Waren im Wert von über vier Millionen Euro gelistet. Jetzt kommt die Nummer 111 dazu.

Eine Woche lang belieferten zehn Frauen und Männer mit drei Lastwagen soziale Einrichtungen in Siebenbürgen in Rumänien. Wichtigste Erkenntnis: Die Not in den großen Städten ist am Abklingen, auf dem Land ist Unterstützung aber weiterhin angesagt.

Dass sich einiges geändert hat, erfuhren die Hilfszugfahrer schon an ihrer ersten Station, einem Großparkplatz in der Nähe von Hermannstadt (Sibiu). Dort trifft man sich schon seit einigen Jahren mit Vertretern des Deutschen Demokratischen Forums, das inzwischen selbst über genug Kleintransporter verfügt, um Betten, Kindernahrung, medizinisches Versorgungsmaterial und sonstige Hilfsgüter zu den zentral gelegenen Einrichtungen in der historischen Altstadt bringen zu können. Für die Humanitäre Hilfe sei dies ganz praktisch, erklärt ihr Vorsitzender Toni Drexler. Die Fahrer könnten sich das umständliche Rangieren ersparen und das Abladen sei mit den vorhandenen Staplern auch kein Problem.

Diesmal gab es aber eine Überraschung. Der Großteil der gelieferten Krankenbetten konnte nämlich auf der Ladefläche bleiben. Die ehemalige Neuburger Ärztin Rodica Leporda, die sich in Rumänien einen Alterssitz eingerichtet hat und die die Einsätze der Humanitären Hilfe koordiniert, berichtete von einem Gespräch mit Professor Hans Klein. Der ist Vorsitzender des Deutschen Forums und habe sie wissen lassen, dass derzeit kein Bedarf für Pflegebetten bestehe. Die Hilfszugfahrer nahmen das mit einer gewissen Verwunderung zur Kenntnis, hatten mit ihrer Ladung aber kein Problem.

In Heltau (Cisnadie), ein paar Kilometer südwestlich von Hermannstadt gelegen, wurden sie nämlich mit offenen Armen empfangen. Von der Größe her ist die Stadt mit Schrobenhausen vergleichbar, das Krankenhaus ist mit seinen 80 Betten dagegen schon deutlich kleiner als sein Pendant am Högenauer Weg. Umso bemerkenswerter ist die jüngste Geschichte des Hauses, die Geschäftsleiterin Dorina Dancanet erklärte. Im Rahmen einer landesweiten Krankenhausreform sei vor fünf Jahren die Schließung angeordnet worden. Vergeblich seien Bürgermeister Johann Krech und die Angestellten zu einer Demonstration vor die Kreiskrankenkasse in Hermannstadt gezogen, die Entscheidung des Gesundheitsministeriums hätten sie nicht rückgängig machen können. Reagiert habe allerdings die Kommunalpolitik. Schon zwei Wochen nach der Schließung habe der Stadtrat entschieden, das Haus als städtische Poliklinik weiterzuführen. Und in der würden die Patienten heute von 40 Schwestern und 14 Ärzten betreut.

Das Rotkreuzteam zeigte sich beeindruckt und freute sich, die Aufbauarbeit unterstützen zu können. Weniger Begeisterung rief der Stapler hervor, den das Krankenhaus zum Abladen der Betten schickte, die in schweren Dreierpacks verzurrt waren. „Des wird nix“, vermutete Toni Drexler, als die Rostlaube heranrollte. Er sollte Recht behalten. Nach dem zweiten Stapel war Schluss, der Motor hatte den Geist aufgegeben. Den Hilfszugfahrern blieb nichts anderes übrig, als die Stapel zu verlegen und die Betten einzeln abzuladen. Eine nervige und kräftezehrende Arbeit auf der engen Ladefläche, noch dazu bei einer Außentemperatur von 35 Grad.

Da gerieten der Besuch und das Abladen in Meschen (Mosna) schon fast zur Fingerübung. Auch hier wird schon seit Jahren die Küche der Grundschule versorgt, die auch die armen Kinder mit einem kostenlosen Frühstück versorgt. Diesmal wurden nicht nur Lebensmittel angeliefert. Mit dabei waren auch Geschenkpakete, die von der Neuburger Grundschule im Englischen Garten und vom Kindergarten in Karlskron zusammengestellt worden waren. Mit leuchtenden Augen nahmen die Buben und Mädchen ihre Geschenke entgegen. Und was befand sich in den Paketen? Toni Drexler zuckt mit den Schultern: „Das wissen nur die Kinder, die sie uns mitgegeben haben!“

Letzte Station war Großendorf (Saliste), das ebenfalls im Kreis Hermannstadt liegt. Die Schule dort freute sich dieses Mal über Möbel und Overheadprojektoren. Jetzt hat Toni Drexler seinem ehrenamtlichen Buchhalter den Vollzug gemeldet. Joe Schlittenbauer hat die Bilanz der Humanitären Hilfe schon vervollständigt. In der findet der aufmerksame Leser übrigens ein Jubiläum versteckt. 1982 führte der erste Hilfstransport ins polnische Mikolov, das war vor 35 Jahren.