Geisenfeld
"Müssen diesen Brennpunkt entschärfen"

Ilmendorfer Disko: Mit Sperrzeitverlängerung wollen Polizei und Stadt weitere Eskalationen eindämmen

17.05.2019 | Stand 23.09.2023, 7:02 Uhr
Die Disko "Viva" im Ilmendorfer Gewerbegebiet hat der Polizei und den Rettungsdiensten in den vergangenen Monaten viel Arbeit beschert. −Foto: Kellerer

Ilmendorf (GZ) Allein in den zurückliegenden zwölf Monaten 15 Polizeieinsätze mit 53 registrierten Straftaten - und zuletzt ein Rettungssanitäter, dem von einem komplett ausgerasteten Gast gegen den Kopf getreten wurde: Die Diskothek "Viva" im Ilmendorfer Gewerbegebiet hat sich in den vergangenen Monaten immer mehr zu einem Brennpunkt entwickelt. Polizei und Ordnungsamt der Stadt wollen dem nun mit Nachdruck entgegenwirken - unter anderem mit einer Verlängerung der Sperrzeit.

"Dem Kollegen geht es schon wieder besser. Er hat großes Glück gehabt, nur eine Kiefer- und Jochbeinprellung erlitten zu haben. Der Fußstoß gegen den Kopf hätte auch viel schlimmere Folgen haben können", berichtet BRK-Wachleiter Paul Weber. Auch er selbst wurde Zeuge, als es am Sonntagmorgen in und vor der Diskothek zu einem Tumult kam, bei dem laut Polizei insgesamt 13 Personen verletzt wurden. Darunter neben dem Rettungssanitäter auch drei Polizisten.

Deren Chef, der Geisenfelder Dienststellenleiter Klement Kreitmeier, will solcherlei Zustände nun nicht mehr länger hinnehmen, und er verweist auch auf die "klare Tendenz": In den zwölf Monaten zuvor habe man im Umfeld der Disko, die in normalen Wochen freitags und samstags geöffnet hat, insgesamt "nur" 32 Delikte gezählt. Bei den Straftaten handle es sich in den meisten Fällen um "wechselseitige Körperverletzungen", immer wieder registriere man aber auch Beleidigungen, Sachbeschädigungen und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. Die Vorfälle am vergangenen Wochenende seien dann der "traurige Höhepunkt" gewesen, so Kreitmeier. Bei diesem Tumult wären für seine Beamten wohl Körperkameras ("bodycams") zur Dokumentation der Abläufe und zur Abschreckung sehr hilfreich gewesen, sagt er, aber mit solchen werde die Geisenfelder Inspektion erst im Herbst ausgestattet.

Auffällig sei es, dass kein einziger der registrierten Vorfälle auf die Nächte zum Samstag entfällt. "Da ist hier ein ganz anderes, ein absolut friedliches Publikum", berichtet der Polizeichef, dessen Erfahrungen sich hier voll mit der von Paul Weber decken. "Wir hatten da unten heuer 19 Einsätze, also im Schnitt jedes Wochenende einen, und jeder von diesen in der Nacht zum Sonntag." Da ist im Viva Party bis zum Abwinken angesagt, das Publikum - zum Teil von weit her - laut Kreitmeier "sehr international", und der Respekt vor Vollzugsbeamten bei so manchem Gast "gleich null".

Natürlich, so der Polizeichef, sei diese Situation schon seit Längerem Anlass für Gespräche mit den Betreibern, und diese hätten sich bei geforderten Nachbesserungen stets auch "recht kooperativ" gezeigt. So wurde vom Betreiber die Zahl der Sicherheitskräfte auf acht erhöht, und seit einigen Monaten sind auf Wunsch der Polizei und des städtischen Ordnungsamtes auch Außenkameras in Betrieb.

Auf diese Kooperationsbereitschaft verweist gegenüber unserer Zeitung auch Julia Kiefel, die das Viva zusammen mit zwei Partnern betreibt. Nach den jährlichen Besprechungen mit der Stadt und der Polizei "haben wir immer alles gemacht, was gefordert wurde, und dies auch mit Erfolg", sagt sie: So habe es 2018 weniger Vorkommnisse gegeben als im Jahr zuvor. Zu den aktuellen Zahlen könne sie nichts sagen, da die Jahresbesprechung für 2019 noch ausstehe. Im Übrigen sei die wachsende Gewaltbereitschaft bei manchen Personen "sicherlich kein örtliches Phänomen unserer Disko, sondern auf jedem Stadtfest genauso zu beobachten".

Dem will der Geisenfelder Polizeichef nicht widersprechen, "dennoch müssen wir diesen Brennpunkt entschärfen". Weitere Maßnahmen seien notwendig, "um diesen Brennpunkt zu entschärfen". Einen besonders wichtigen Ansatzpunkt sieht der Polizeichef in einer Sperrzeitverlängerung auf drei Uhr. Bislang darf das Viva bis fünf Uhr früh geöffnet haben, und genau in diesen zwei Stunden, von drei bis fünf Uhr, komme es - bei noch mehr Alkoholkonsum - zu den meisten Vorfällen. "Wir können also gute Gründe für eine Sperrzeitverlängerung geltend machen."

Beim Ordnungsamt der Stadt, das für die entsprechende Anordnung zuständig ist, rennt der Polizeichef mit seinem Vorschlag offene Türen ein. "Wir haben jetzt lange genug zuschaut, das kann hier so nicht weitergehen", meint Katrin Limmer als Leiterin der Behörde. Weil eine Sperrzeitverlängerung als Eingriff in die Berufsfreiheit gesehen werde, seien die rechtlichen Hürden für eine solche Anordnung zwar recht hoch, "aber wir können die Notwendigkeit ja mit Zahlen belegen", sagt Limmer, die sich aber schon jetzt auf ein Klage gegen die Anordnung einstellt.

"Wie auch immer - da unten müssen wir wieder zu geordneten Verhältnissen kommen", fordert auch BRK-Wachleiter Paul Weber. Es könne nicht sein, dass der Geisenfelder Rettungswagen fast jede Samstagnacht stundenlang in Ilmendorf gebunden sei. Mit der Folge, "dass bei anderen Notfällen in dieser Zeit die Menschen länger auf Hilfe warten müssen, weil ein Rettungswagen von auswärts angefordert werden muss".

Gerhard Kohlhuber