Münchner Anwälte arbeiten auch für das Bistum Eichstätt

Ersteller des umstrittenen Missbrauchsgutachtens der Erzdiözese Köln seit fünf Jahren eingebunden - nicht ohne Kritik

06.11.2020 | Stand 23.09.2023, 15:16 Uhr
Beginn der Zusammenarbeit mit dem Bistum Eichstätt vor rund fünf Jahren: Martin Pusch (l.) und Ulrich Wastl (2. v. l.) von der Kanzlei Westpfahl/Spilker/Wastl, der damalige Personalchef Rainer Kastl (r.) und der frühere Generalvikar Isidor Vollnhals im Gespräch mit unserer Zeitung. −Foto: Schneider, Archiv

Eichstätt/München - Nach der Entscheidung des Erzbistums Köln, ein Missbrauchsgutachten nicht zu veröffentlichen, steht die damit beauftragte Anwaltskanzlei Westpfahl/Spilker/Wastl aus München in der Kritik.

 

Die Sozietät ist in kirchlichen Kreisen nicht unbekannt: Sie arbeitet für mehrere deutsche Bistümer - unter anderem auch für Eichstätt.

In dem kleinen bayerischen Bistum begleiten die Anwälte der Münchner Kanzlei seit fünf Jahren mehrere Prozesse, blieben aber in den vergangenen Jahren auch dort nicht immer frei von Kritik - allerdings ohne so gravierende Folgen und öffentliche Auseinandersetzungen wie jetzt im Kölner Fall. Mit Missbrauchsfragen wie in der nordrhein-westfälischen Diözese ist die Kanzlei allerdings in Eichstätt in betraut.

Der wohl nach außen am meisten bekannte Fall, der von der Kanzlei betreut wird, ist der Finanzskandal: Vor über dreieinhalb Jahren war intern aufgekommen, dass ein ehemaliger Mitarbeiter rund 60 Millionen US-Dollar aus dem Bistumsvermögen in ungesicherte Darlehen in die USA gesteckt hatte. Die Sache ist bis heute nicht juristisch aufgearbeitet, die Staatsanwaltschaft teilte unlängst auf Anfrage unserer Zeitung mit, dass man nach wie vor Ermittlungen führe - seit nunmehr dreieinhalb Jahren.

Im Zuge dieses Finanzskandals erstellen die Anwälte Ulrich Wastl und Martin Pusch einen sogenannten "Prüfbericht" zu den Verantwortlichkeiten. In dem hatten sie ein "System Eichstätt" ausgemacht, durchtränkt von Klerikalismus, dominiert von einem "engen Zirkel hochrangiger Kleriker", geleitet von einer "Machtclique", feststeckend im Sumpf eines "Feuchtbiotops für kriminelle Straftäter". Die Schelte folgte prompt: Der ehemalige Chef des Eichstätter Domkapitels, Klaus Schimmöller (79), ging an die Öffentlichkeit, nannte den Bericht "eine Unverschämtheit" und verwies darauf, dass den genannten Aussagen jegliche Belege fehlten. Auch die amtierenden Domkapitulare sahen sich durch den Prüfbericht in ein falsches Licht gerückt, dies aber nie nach außen kommuniziert.

Ein von den hochrangigen Geistlichen Informationen unserer Zeitung zufolge angestrebtes Gegengutachten zu diesem Prüfbericht kam, ander als in Köln, bis heute nicht zustande: Offenbar haben mehrere angefragte Kirchenrechtler den Auftrag abgelehnt.

In Köln werfen zwei weitere Juristen dem dort von der Kanzlei verfassten Gutachten über den Umgang mit sexuellem Missbrauch vor, es weise erhebliche methodische Mängel auf. Das Gutachten sei "nicht gerichtsfest" und "im Ganzen misslungen", sagte Anwalt Matthias Jahn. Während das Erzbistum Köln erklärte, dass man eine juristische Aufarbeitung erwartet habe, teilte die Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl indes mit, dass man einen "derartig beschränkten Gutachtensauftrag als unabhängige Gutachter im Bereich des sexuellen Missbrauchs von vornherein abgelehnt" hätte. Auch im Fall Eichstätt, der aber letztlich anders gelagert ist, verwiesen sowohl Bischof Gregor Maria Hanke als auch die Anwälte Ulrich Wastl und Martin Pusch immer wieder darauf, dass man unabhängig und "ohne Ansehen der Person" (Hanke) agiere.

Auf Anfrage unserer Zeitung teilte die Diözese mit, dass die Anwaltskanzlei aus München aber überdies weitere Aufgaben für Eichstätt wahrnimmt, "hauptsächlich in der Transparenzoffensive". Diese hatte Bischof Gregor Maria Hanke nach dem Skandal um das Limburger Bischofshaus angestoßen. Demnach unterstütze die Kanzlei das Bistum bei verschiedenen Prozessen, "die zur Modernisierung der Strukturen dienen". Unter anderem nennt Sprecherin Regina Greck die Neuaufstellung der Finanzkammer, die Einführung eines Amtschefs (der mit Thomas Schäfers mittlerweile eingestellt ist) sowie die Unterstützung bei der Erstellung verschiedener Regelwerke. Hier geht es etwa um ein Diözesangesetz zur Erstellung des Finanzplans und des Jahresabschlusses.

DK

Marco Schneider