Hirschberg
Müll, der klingt, und Abfall, der schmückt

Schöpfungstag auf Schloss Hirschberg: Originelle Ideen und Impulse rund um "Wert(e)stoffe"

29.09.2014 | Stand 02.12.2020, 22:11 Uhr

 

Hirschberg (DK) Eine Plastik-Straße pflastert den Weg im Hof von Schloss Hirschberg. 46-mal kann man mit den in einem Jahr in Deutschland verbrauchten Tüten den Äquator umrunden. 260 Millionen Liter Erdöl sind für die Produktion notwendig. Neben der Installation liegt ein Berg Müll, quer über den Hof hängt eine Leine mit Tüten, ein Kreuz steht da: mit Tetra-Packs, Kunststoffflaschen bestückt. „Wir wollen auf den immensen Plastikverbrauch aufmerksam machen und versuchen selbst, möglichst wenig Abfall zu produzieren“, sagen Stefanie Hertl, Diözesanvorsitzende der Katholischen Landjugendbewegung (KLJB), und Alfred Schröttle.

Und fügen gleich selbstkritisch hinzu, dass die Versuchung groß sei, einfach, „ja, bitte“ zu sagen, wenn die Verkäuferin an der Kasse fragt: „Eine Tüte“

„Einfälle statt Abfälle“ hieß das Motto des Schöpfungstags, den die Umweltreferentin der Diözese, Lisa Amon, gemeinsam mit dem Sachausschuss Kirche und Umwelt des Diözesanrates in Kooperation mit den BDKJ-Verbänden, dem Caritasverband, dem Katholischen Deutschen Frauenbund (KDFB) und dem Verbraucher-Service Bayern im KDFB im Bistumshaus veranstaltet hat. Ein eindrucksvolles Beispiel einer umfassenden thematischen wie praktischen Auseinandersetzung rund um Müllverwertung, Müllvermeidung und Schonung der Ressourcen, der „Wert(e)stoffe“. Es ist ein informativer Nachmittag mit vielen Aha-Effekten und Impulsen. Trotz der Brisanz des Themas wird alles mit Freude präsentiert. „Wir sollen als Christen mit frohen Gesichtern und als Vorbilder ohne moralische Keule den Menschen das Schöne der Schöpfung und die Bewahrung nahe bringen“, sagt der Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke zur Eröffnung und fordert ein „Umdenken in der Gesellschaft“. Am Ende des Tages ist der Bischof begeistert vom „Engagement der Akteure und der großen Resonanz auf das so wichtige Thema“.

Viele Jugendliche verschiedener Gruppen stehen an den Ständen und animieren die zahlreichen Besucher, mitzumachen. Einer Schnitzeljagd gleich führt der Weg durch das Bistumshaus und den Hof. Es gibt Filmvorführungen, eine Podiumsdiskussion, eine Tiersegnung und eine ökumenische Vesper.

Die Vielfalt an kreativen und originellen Ideen ist enorm. So als ob sie nie etwas anderes getan hätte, erklärt Clara Grünauer, wie man aus Blumeneimern, die im Discounter weggeworfen werden, Musikinstrumente basteln kann: mal ein Bass, mal eine Teufelsgeige, mal eine Trommel. „Man kann aber auch prima Tomaten darin pflanzen.“ Fast die ganze Familie ist beteiligt und stellt sich gerne spontan zum Foto der „Recycling-Band“. Ein paar Meter entfernt werden aus alten Krawatten Hüllen für Smartphones genäht. Eine der Jugendlichen ist vorbildlich konsequent: Ihr Mobiltelefon ist fair trade. „Es funktioniert und ist recycelbar.“ An anderen Tischen entstehen aus alten Kassetten Geldbeutel und Taschen, die Pfadfinder des Sankt Georg Bundes bereiten frische Smoothies zu, und Agraringenieurin Caroline Fischer informiert über den ökologischen Fußabdruck. Beim KDFB werden aus Kalenderblättern Geschenktüten und aus Nespresso-Kapseln Anhänger und Ohrringe. „Noch besser wäre es, man würde verzichten oder aber wiederverwertbare Kapseln verwenden“, regt Danuta Waldau, Geschäftsführerin des Frauenbundes, an. Mit flinken Fingern bastelt Mathilde Bez vom Katholischen Frauenbund aus 47 Tetrapack-Streifen schicke Taschen, und Marianne Herzog, stellvertretende Diözesanvorsitzende des KDFB, faltet aus den Seiten des alten Gotteslobes zierliche Engel oder Christbäume. Das könnte der diesjährige Renner beim Weihnachtsschmuck werden.

Vieles, was sich die Redner an diesem Tag wünschen, ist bei den Gruppen des Schöpfungstages bereits in die Tat umgesetzt. Etwa „das Netzwerk“, das Lisa Amon für unverzichtbar hält, oder „der Kultur- und Gesinnungswandel“, den Andreas-Abraham Thiermeyer anmahnt. „Wir stehen in der Verantwortung vor Gott und unseren Mitgeschöpfen“, sagt der Umweltbeauftragte der Diözese. „Die Schöpfung ist nicht unser Eigentum, sondern alles ist nur für eine bestimmte Zeit geliehen.“ Man brauche deswegen „eine Umkehr von der Leitkultur der Verschwendung und des uneingeschränkten wirtschaftlichen Wachstums“. Und Thiermeyer weist einen Weg: „Wir brauchen in Zukunft mehr Einfälle für die geschenkten Wertstoffe, damit wir weniger Abfälle produzieren.“