Mühlenidyll anstelle von Sprengstoffresten

17.03.2021 | Stand 23.09.2023, 17:26 Uhr
Von Wald dominiert ist das Gelände der ehemaligen Munitionsanstalt bei Langlau. Weil dort aber noch viele militärische Altlasten vorhanden sind, ist das Areal seit Jahren eingezäunt. −Foto: Foto: Center Parcs

Mit vielen Gutachten ist Center Parcs bei der Vorstellung des Masterplans für eine Anlage am Brombachsee quasi in Vorleistung gegangen. Im Genehmigungsverfahren braucht man derlei Studien etwa über Umweltverträglichkeit oder Verkehrsbelastung. Doch ob es so weit kommt, hängt von einem Bürgerentscheid in der Gemeinde Pfofeld ab, für den es aber noch keinen Termin gibt.

Langlau - Jetzt liegen die Karten auf dem Tisch: Mit zahlreichen Studien hat Center Parcs seinen Masterplan unterfüttert, wie sich das Unternehmen seine Anlage am Brombachsee vorstellt, das einmal eine Million Übernachtungsgäste pro Jahr mehr in die hiesige Region locken soll. Erstmals können Gegner und Befürworter des Projekts auf der von Experten erarbeiteten Datenbasis das Für und Wider diskutieren.

1Wirtschaft

Einen Blick darauf warf der ehemalige Regionalmanager des Landkreises Weißenburg-Gunzenhausen, Dieter Popp, heute Geschäftsführer der Futour-Regionalberatung mit Sitz in Haundorf. Er berechnet, dass mit einem Park der touristische Gesamtumsatz auf über 340 Millionen Euro anwächst- davon sind etwa 80 Millionen auf das Feriendorf zurückzuführen. Dieses lockt neue Gäste an, trägt zum Bekanntheitsgrad des Fränkischen Seenlandes und der Saisonverlängerung bei, deshalb werde es keine Verdrängung bestehender Beherbergungsbetriebe geben; diese profitierten im Gegenteil vom Park. Rein rechnerisch ergebe sich ein Plus von 1310 Arbeitsplätzen. Da annähernd 200000 Ausflüge in einem Umkreis von 30 Kilometern zu erwarten seien, profitierten auch Gastronomie und Einzelhandel im Umland. Popps Fazit: "Wir haben keinen einzigen Punkt gefunden, der aus touristischer Sicht massiv gegen eine Ansiedlung gesprochen hätte."

2Verkehr

Das Verkehrsaufkommen auf der Staatstraße zwischen Gunzenhausen und Pleinfeld steigert sich laut Prognose bis 2035 von heute 320 Fahrzeugen pro Stunde ohnehin auf 514 - ohne den Park. Im schlimmsten Fall - also vor allem bei An- und Abreise, wäre die Spitzenlast noch einmal um die Hälfte mehr. Der Kreisverkehr bei Langlau kann dies verkraften, so das Gutachten. Handlungsbedarf gibt es aber bei Thannhausen, wenn die Bewohner des Ortes kaum noch auf die Staatsstraße einfahren können. Denkbar sind auch dort ein Kreisverkehr oder eine Umfahrung - Letzteres bevorzugt das Unternehmen. Auch der Öffentliche Personennahverkehr müsse ausgebaut werden. Mit dem Berufsverkehr kollidieren An- und Abreise der Gäste nicht, man fährt zu unterschiedlichen Zeiten. Im Regelfall lässt der Gast sein Auto stehen, bewegt sich zu Fuß oder mit dem Rad - 1800 Parkplätze entstehen.

3Parkdesign

Die im Brombachsee versunkenen Mühlen sind das Leitmotiv, das sich bei der Gestaltung von Bungalows und von Kinderspielplätzen wiederfindet. Das Zentralgebäude unter anderem mit Schwimmbad liegt an der tiefsten Stelle der Muna, damit es von außen möglichst wenig einsehbar ist, daneben wird ein 2,7 Hektar großer See angelegt. Die Beleuchtung ist vom Brombachsee abgewandt, damit es dort zu keinen Beeinträchtigungen kommt. Aufgeteilt ist die Anlage in sechs kleine Dörfer, den sogenannten Halmets, auf die sich 800 Bungalows verteilen. Die Halmets sind dort angeordnet, wo es die geringsten Belastungen für die Tier- und Pflanzenwelt gibt, zudem werden kleinere Waldbestände zwischen ihnen angepflanzt. Problematisch ist allerdings, dass ein Flugkorridor von Fledermäusen mitten durchs Gelände in Nord-Süd-Richtung führt. Weil er erhalten bleiben muss, entsteht durch eine abgesenkte Straße eine sogenannte Fledermausbrücke.

4Altlasten

Dass das Areal durch jahrelange militärische Nutzung belastet ist, war klar. Wie sehr, das hat Christoph Eipper, Chef des Nürnberger Ingenieurbüros Envi Experts, untersucht. Ob Grundwasser, Oberflächenwasser, Sedimente oder Gebäude: Es gibt viele Problemstellungen; die meisten Gebäude sind mit Schadstoffen belastet- mit Teerölanstrichen oder mit Asbest -, zudem finden sich sogenannte Sprengstofftypische und Pulvertypische Verbindungen (STV/PTV). Zusätzlich finden sich eine flächendeckende Belastung mit etwa 280 Kilogramm Kampfmittelschrott und 15 bis 18 scharfe Granaten pro Hektar. Als "massive Herausforderung" bezeichnet Eippner die Räumung, das Gelände sei "zu Recht eingezäunt". Zum Teil müsse man mit Handsonden nach Granaten suchen, anderes könne automatisch erfolgen. Die Räumzeit avisierte er auf eineinhalb Jahre.

5Fauna

Wenn man für die Räumung in den Untergrund eingreifen muss, sei vorab ein Konzept zu erarbeiten, um etwa Bodenbrüter oder Amphibien zu sensiblen Zeiten zu schonen. Das fordert der Umweltplaner Burchard Stocks in seiner Umweltanalyse. 80 Vogelarten sind auf dem Muna-Gelände nachgewiesen, davon 52 Brutvogelarten. Auch gefährdete Vögel finden sich hier, unter anderem Waldlaubsänger, Eisvogel und Grauspecht. Auch 14 Fledermausarten fühlen sich hier mittlerweile wohl, darunter eine Population "von landesweiter Bedeutung". Reptilien, Amphibien, Käfer, Falter... Die Tierwelt ist auf dem Gelände vielfältig, um sie möglichst gut zu schützen, muss Center Parcs seine Halmets auch an den Beständen ausrichten. Für Fledermäuse wird im Nordosten ein Ersatzquartier angelegt.

6Flora

Der Großteil des Muna-Geländes besteht aus Wald, dennoch "übernimmt das Areal bisher keine Waldfunktion", so Stocks. Soll heißen: Weil niemand hineindarf, bietet der Wald dem Menschen keine Erholungsfunktion. Das soll sich grundlegend ändern. Center Parcs wird verpflichtet, alte und wertvolle Baumbestände so weit wie möglich zu erhalten. In anderen Teilen gibt es ohnehin Staunässe. Wieder andere Bestände sind schon instabil, so dass Windwurf droht. Durch Bauarbeiten und Park wird es einen Waldverlust von effektiv 27 Hektar geben. Dies wird einerseits außerhalb des Muna-Geländes kompensiert, andererseits sollen Flächen auf dem Areal aufgewertet werden. "Es gibt hier jede Menge Aufwertungspotenzial", sagt Stocks.

7ENergiE/wasser

Die Wasserversorgung soll möglichst die Reckenberg-Gruppe übernehmen, da deren Hochbehälter auf dem Berg liegen. Bei der Pfofelder Gruppe müsste gepumpt werden. Der mittlere Wasserverbrauch liegt bei rund 8,5 Litern pro Sekunde. Die Entsorgung des Abwassers kann die Kläranlage des Zweckverbands Brombachsee übernehmen, sie hat genügend Kapazität. Der Park wird mittels Photovoltaik, Biogas und Wärmeentnahme aus dem See nicht nur klimaneutral, "wir verdrängen sogar konventionell erzeugten Strom", verspricht der Geschäftsführer von Center Parcs, Frank Daemen.

EK

Volker Luff