Schrobenhausen
"Motiviert bin ich immer!"

Paraclimber Michael Füchsle gibt jetzt auch Kurse für Menschen mit Handicap<?ZE> <?ZE> <?ZE> <?ZE>

22.01.2019 | Stand 23.09.2023, 5:42 Uhr
Leidenschaft Klettern: Die begleitet Michael Füchsle (oben mit Freundin Marion Gabel) seit vielen Jahren, auch zu einer Tour in der Mauerner Höhle (u.). −Foto: privat

Verletzungsbedingt hat es zwar nicht geklappt, dass Paraclimber Michael Füchsle bei der Weltmeisterschaft 2018 in Innsbruck auf den vorderen Plätzen mitmischt - die Freude an neuen Herausforderungen lässt sich der 52-Jährige davon jedoch nicht nehmen. Unter anderem gibt er seit Kurzem auch Kletterkurse für Menschen, deren Schicksale Parallelen zu seinem eigenen aufweisen: Menschen mit Handicap.

So gut ist die Resonanz auf die Kurse für Menschen mit Handicap, die Michael Füchsle - neben jenen für nicht gehandicapte Menschen - abhält, dass er jetzt sogar damit liebäugelt, das Ganze noch öfter anzubieten als nur am Freitagnachmittag. Mit dabei bei diesen Kursen in Augsburg seien Menschen mit verschiedensten Beschwerden und Handicaps, "von MS über Parkinson, ganz unterschiedlich", berichtet Füchsle. Er findet: "Es ist wichtig, dass sie rauskommen, sich trauen, einen Sport auszuüben. Jemand mit Handicap hat doch auch das Recht, Sport zu machen!"

Und wer könnte sich besser in Menschen wie sie hineinfühlen als Michael Füchsle? Jemand also, der vor zwölf Jahren nach einem Darmdurchbruch, nach Blutvergiftung und vorübergehender Ganzkörperlähmung mehr als zwei Wochen lang im Koma lag, sich anschließend mit einer sechsmonatigen Reha zurückkämpfte - auch zurück in seinen geliebten Sport.

Denn der begleitet den Schrobenhausener schon seit Langem. Seit über drei Jahrzehnten ist Michael Füchsle Profi-Sportkletterer, bereits Mitte der 80er-Jahre nahm er an Kletterwettkämpfen teil, wiederholte Routen und machte zahlreiche Erstbegehungen. Vor rund sieben Jahren entschloss er sich schließlich dazu, wieder mit dem Sportklettern und Bouldern anzufangen. Das Thema Handicap allerdings bleibt. "Ich habe einen künstlichen Darmausgang, bin zu 90 Prozent schwerbehindert", erzählt der 52-Jährige. "Man ist halt eingeschränkt; das Schlimmste ist die Bewegungsfreiheit, die nicht so gegeben ist wie bei Gesunden." Doch Füchsle lässt sich trotz alledem nicht davon abhalten, optimistisch nach vorne zu blicken. Und so spuken dem 52-Jährigen auch für die nächsten Monate bereits allerlei Vorhaben durch den Kopf. Zum Beispiel stehen ein paar Erstbegehungen auf Füchsles ganz persönlichen Agenda, zu allervorderst eine Tour in Richtung Dolomiten. Und vielleicht lässt er sich auch noch auf den einen oder anderen Wettkampf ein. "Aber ansonsten möchte ich mich in nächster Zeit aufs Felsklettern konzentrieren", erzählt Füchsle von seinen Plänen.

Wer bezüglich Füchsles Aktivitäten immer auf dem aktuellsten Stand sein möchte - der 52-Jährige ist in den sozialen Netzwerken ziemlich aktiv und hat auch eine eigene Homepage. Da blickt er beispielsweise auf 2018 zurück, erzählt: "Das Jahr über verfolgten mich Pleiten, Pech und Pannen und der gewünschte Erfolg bei der Weltmeisterschaft blieb aus." Angefangen habe das "bereits im Frühjahr bei einem Boulderbesuch in Tisá, Tschechien, wo ich mir einen Zeckenbiss, der sich später entzündete, zugezogen habe." Nach seinem tollen Abschneiden mit dem dritten Platz beim Paraclimbing-Wettkampf in Karlsruhe sei er dann eigentlich noch guter Dinge gewesen, was die bevorstehenden Wettkämpfe in Imst und Briancon betraf. "Leider sollte sich mein Pech nach dem fünften Platz beim Wettkampf in Imst fortsetzen: Beim anschließenden Trainingslager in Innsbruck und genau drei Tage vor dem World Cup in Briancon zog ich mir eine Muskelquetschung zu."

Aufzugeben scheint allerdings so gar nicht Michael Füchsles Ding zu sein. Er probierte es trotzdem, ging an den Start, "aber mehr als ein achter Platz war aufgrund starker Schmerzen nicht drin", bedauert er. Es folgte eine ihm vom Orthopäden ans Herz gelegte, fast sechswöchige Trainings- und Kletterpause. Bereits da sei ihm klar gewesen, dass es mit einem der vorderen Plätze bei der Weltmeisterschaft wohl eher nicht klappen dürfte. Das mag nach dem zweiten Platz im Gesamt-World-Cup 2017 in der Kategorie RP2 für den 52-Jährigen enttäuschend sein, und selbstkritisch fügt er auch hinzu: "Dass gerade ein dummer Fehler meinerseits mich früh aus dem Wettkampf warf, traf mich dann doch sehr" - trotz allem habe er im vergangenen Jahr wieder viele neue Kletter- und Bouldergebiete entdeckt "und ich hatte sehr schöne Tage".

Tage wie jene - und die gibt es fünf-, sechsmal die Woche -, an denen er in den Kletterhallen in Pfaffenhofen, Ingolstadt, Augsburg oder München trainieren geht. Und er plane, eine Biografie zu veröffentlichen, erzählt Füchsle, den die Stadt Ingolstadt übrigens auf Vorschlag seiner Sektion Ringsee im vergangenen Jahr für "hervorragende sportliche Leistungen" ehrte. Doch wie klappt das eigentlich, sich immer wieder aufs Neue aufzuraffen, auch wenn es dazwischen mal nicht so läuft? An innerlichem Ansporn jedenfalls mangelt es Füchsle nicht, denn er versichert: "Motiviert bin ich immer!"

Ute De Pascale