Hilpoltstein
Mortler nimmt Gemeinden in die Pflicht

Drogenbeauftragte der Bundesregierung fordert im Gespräch mit Schülern schnellere Hilfen für Betroffene

05.02.2019 | Stand 23.09.2023, 5:52 Uhr
"Kommunen müssen diese Aufgabe ernst nehmen und ihr hohe Priorität einräumen", erklärt die Drogenbeauftragte Marlene Mortler dem Redaktionsteam der Schülerzeitung "Egon" mit Madita, Kate, Anna und Eva (von links). −Foto: Schmitt

Hilpoltstein (HK) "Warum kriminalisiert man Drogenabhängige?" Wie so oft ist Marlene Mortler auch am Gymnasium Hilpoltstein sofort mit dieser Frage konfrontiert worden. Schon am Eingang hatte ein Schüler die Drogenbeauftragte der Bundesregierung abgepasst, um sie deutlich anzusprechen. "Prävention ist wichtiger als Strafe", entgegnet sie und sieht verstärkte Aufklärung als Königsweg im Kampf gegen Drogenmissbrauch. "Cannabis zu liberalisieren, wäre das falsche Signal", erklärt sie am Montagvormittag etwa 20 Schülerinnen und Schülern einer neunten Jahrgangsstufe.

Im Rahmen eines Projekttags der Hertie-Stiftung stand Mortler den Jugendlichen gemeinsam mit weiteren Fachleuten Rede und Antwort. Anschließend wechselte sie die Schule, blieb aber im Thema. An der Realschule Hilpoltstein gab sie der Redaktion der Schülerzeitung ein Interview.

"Blue Brain Club", heißt die Lernsoftware, mit der die Hertie-Stiftung an Schulen über die Wirkungen von Drogen im Gehirn aufklären will. Wie Alkohol und andere Rauschmittel konkret im zentralen Nervensystem wirken, das beantwortet der "Blue Brain Club" in sieben Modulen. Fritz Schneider, Biologielehrer am Gymnasium, hatte die Klasse vor dem Podiumsgespräch in zwei Unterrichtseinheiten mit dem Lernprogramm vertraut gemacht und will sie auch künftig im Unterricht einsetzen. Danach kam die Gruppe mit konkreten Fragen in die Diskussion. "Was ist die Schlimmste Droge von allen?" "Wie erkennt man, dass man süchtig ist?" "Gibt es auch positive Süchte?" "Sollte man Alkohol verbieten?", wollten die Jugendlichen wissen. Neben Mortler waren Hertie-Stiftungs-Vorstandschef Frank-Jürgen Weise, der Nürnberger Psychiatrie-Professor und Chefarzt Thomas Hillemacher sowie Projektleiter Alexander Lehmann die Ansprechpartner.

"Mitte und Maß" zu halten, das fand Frank-Jürgen Weise in einem Umfeld wichtig, bei dem Drogen wie Nikotin und Alkohol ständig präsent seien. "Immerhin sterben jährlich in Deutschland 120000 Menschen an den Folgen des Rauchens und über 50000 aufgrund Alkoholmissbrauchs", erklärte Marlene Mortler. Entsprechend sei immer diejenige Droge am gefährlichsten, die einen Menschen erfasse, so Thomas Hillemacher. "Psychosoziale Faktoren in der Entwicklung sind dabei erhebliche Risikofaktoren. Je früher jemand mit Drogen in Kontakt gerät, desto gravierender könnten die Störungen im Gehirn werden", sagte der Psychiater. "Allein mit Verboten werden wir aber keinen Erfolg erzielen", meinte Weise, "man muss vielmehr die Persönlichkeit der Kinder und Jugendlichen stärken". Marlene Mortler fand es sinnvoll, die Alkoholwerbung einzuschränken. "Doch dafür brauche ich eine Mehrheit", sagte Bundestagsabgeordnete für den Stimmkreis Roth. Außerdem forderte sie die Kommunen auf, sich mehr für Drogenabhängige zu engagieren. Im Schnitt erhalte ein Cannabisabhängiger nach sieben Jahren die ersten Hilfen. "Das ist viel zu spät", findet die Bundesdrogenbeauftragte.

Diesen Aspekt betonte Mortler auch in ihrem Gespräch mit den vier Redakteurinnen des "Egon". Die kommende Ausgabe der vielfach preisgekrönten Schülerzeitung der Hilpoltsteiner Realschule steht unter dem Motto "High". Ein guter Anlass, die Bundesdrogenbeauftragte zum Gespräch einzuladen. Kate, Anna, Eva und Madita sind 15 und 16 Jahren alt und betreuen die 13 Jahre alte Schülerzeitung mit viel Einsatz und Leidenschaft. Nun soll der "Egon" dabei helfen, Landkreise sowie Städte und Gemeinden für die wichtige Aufgabe der Aufklärung, Beratung und Hilfe im Drogenfragen zu sensibilisieren, legte Mortler den jungen Blattmacherinnen nahe. "Kommunen müssen diese Aufgabe ernst nehmen und ihr hohe Priorität einräumen", sagte Mortler. Schließlich gehe es um die Gesundheit. "Deshalb müssen die Hilfen früher ansetzen und in der Fläche geleistet werden", erklärte Marlene Mortler. "Nicht schweigen, hinschauen", müsse das Motto vor Ort lauten. "Transportiert das über euere Zeitung", gab Mortler dem Redaktionsteam mit auf den Weg.

Robert Schmitt