Morden im Auftrag des Herrn

Düsterer "Polizeiruf 110": Ein mysteriöser Fall beschäftigt das deutsch-polnische Team Lenski und Raczek

30.04.2020 | Stand 23.09.2023, 11:52 Uhr
Silke Nauschütz
Jonas Fleischauer (Tom Gronau) muss sich regelmäßig von Pater Anselm (Maciej Robakiewicz) exorzieren lassen. −Foto: Thomaß/rbb/ARD

Frankfurt - Nur wenige Minuten vergehen im neuen Polizeiruf 110 "Heilig sollt ihr sein", bis man zum ersten Mal das Gefühl hat, tief durchatmen zu müssen.

Die Geschichte um die ungewollte Schwangerschaft einer 16-Jährigen zieht den Zuschauer sofort mitten in den Konflikt. Verzweifelte Eltern, die nicht in der Lage sind, ihrer Tochter zu helfen. Ein Selbstmordversuch des Mädchens und ein junger Mann, der in einem Krankenhaus Ungeheuerliches tut. Gleichzeitig greift der Film ein politisch aktuelles Thema auf. Und: Das deutsch-polnische Ermittlerteam gerät in persönliche Konflikte.

Die 16-jährige Larissa (Paraschiva Dragus) erwartet ein Kind, das sie nicht bekommen will. Über den Vater schweigt sie. Ihre Eltern, Nikola (Julia Krynke) und Simon Böhler (Shenja Lacher), die im polnischen Slubice an der Grenze zu Brandenburg wohnen, sind mit der Situation überfordert und wissen nicht, wie sie ihrer Tochter helfen sollen. Die Ärzte haben Trisomie 18 bei dem Ungeborenen diagnostiziert. Das bedeutet: Das Kind kommt mit Behinderungen auf die Welt. Einen Abbruch wollen die polnischen Ärzte nicht vornehmen. Medien greifen das brisante Thema schnell auf und schreiben von "Handlangern des Teufels". Abtreibungsgegner beherrschen die öffentliche Meinung. Polen hat eines der strengsten Abtreibungsgesetze in Europa. Larissa sieht keinen Ausweg mehr. doch dann taucht Jonas Fleischauer (Tom Gronau), ein fremder junger Mann, scheinbar zufällig auf. Er nennt sich selbst Elias, er redet auf Larissa ein und kann die Verzweiflungstat im letzten Augenblick verhindern. Jonas versucht die junge Frau zu überzeugen, das Kind zu bekommen, die 16-Jährige entscheidet sich dagegen. In einem Krankenhaus in Frankfurt (Oder) soll der Spätabbruch der Schwangerschaft vorgenommen werden. Jonas kann sich zu Larissa in den Operationsraum schleichen: Er fühlt sich dazu berufen, das Leben des ungeborenen Kindes zu retten.

Als die Kommissare Olga Lenski (Maria Simon) und Adam Raczek (Lucas Gregorowicz) eintreffen, schwebt die junge Frau in Lebensgefahr. Das Kind ist gesund. Auch der behandelnde Arzt hat keine medizinische Erklärung dafür. Wie kann das möglich sein? Und wer ist dieser Jonas, der sich den Namen eines Heiligen gibt?

Die Kommissare Lenski und Raczek kommen in dieser Episode emotional an ihre Grenzen. Olga, die ihrem oft aufbrausend reagierenden, rastlosen Kollegen meist Routine und Sachlichkeit entgegensetzt, kann ihr Entsetzen über die Tat kaum verbergen. Als Ermittlerin wirkt sie oftmals distanziert und nüchtern, in dieser Geschichte kommt sie den Betroffenen ganz nah.

In einem weiteren Polizeiruf werden die beiden Kommissare noch gemeinsam ermitteln, dann verlässt Maria Simon das Team. Der Abschied falle ihr "überhaupt nicht leicht", sagt sie. Doch die Entscheidung habe sich lange bei ihr geformt. "Ich möchte meine Gabe in einen anderen Dienst stellen. Menschen brauchen Werkzeuge, wie wir das schaffen, wieder zu uns zu finden, Dinge zu überwinden, auszuhalten. Da will ich mich gern dran beteiligen", beschreibt die Schauspielerin - verrät darüber hinaus aber nicht mehr. Sie habe bestimmte Träume, Visionen und Wünsche. "Inwieweit die gehört werden, inwieweit sie sich verwirklichen lassen - kein Plan. "

dpa


Polizeiruf 110: "Heilig sollt ihr sein", Sonntag, ARD, 20.15 Uhr.

Silke Nauschütz