Rostock
Mord im Kinderheim

Polizeiruf aus Rostock heute Abend

05.04.2019 | Stand 23.09.2023, 6:32 Uhr
Ein Blaulicht leuchtet auf dem Dach eines Polizeiwagens. −Foto: Friso Gentsch/Archiv

Rostock (DK) "Wenn die Betreuung von Kindern und Jugendlichen abhängig gemacht ist von ökonomischen Rahmenbedingungen, werden diese Kinder und ihre Probleme zu einem Gut, mit dem die Menschen handeln. Das kann in der Konsequenz zu Missständen führen, wie wir sie in unserem Film beschreiben", sagt Lars Jessen, der gemeinsam mit Christina Sothmann das Drehbuch geschrieben hat und den Rostocker "Polizeiruf 110: Kindeswohl" auch inszeniert hat.

Es ist der erste "Polizeiruf"-Krimi des Regisseurs nach vier "Tatorten", darunter drei mit den Spaßmachern Thiel und Boerne aus Münster. Zu lachen gibt es diesmal nichts. Das Krimidrama ist düster, traurig, trist und hart.

Heimjunge Keno ist geprägt von Aggression und Hass, ein "Systemsprenger", wie seine Jugendbetreuer ihn einordnen. Virchow, Leiter des privaten Heims "Heimathafen", schließt ihn in seinem Zimmer ein - ohne Handy und Internet. Keno kommt mit Hilfe der Erzieherin Valli frei, zieht los mit seinem Kumpel Samuel - Kommissar Bukows pubertierender Sohn - und erschießt Virchow, der den beiden im Wald beim Joggen begegnet, mit einer gestohlenen Pistole. Samuel ist geschockt, doch er begleitet Keno auf dessen Flucht nach Polen, wo der seinen "Bruder" Otto, der bei einer Pflegefamilie lebt, rausholen will.

Die Rostocker Kripo jagt die beiden Jungs, unklar ist für sie (nicht aber für die Zuschauer), ob Samuel an der Tat beteiligt war oder Kenos Geisel ist. Kripo-Chef Röder überträgt die Ermittlungen Katrin König, Bukow soll sich zumindest offiziell aus dem Fall heraushalten, erweist sich aber als unberechenbar. Und so erreicht das ohnehin schon schwierige Verhältnis zwischen den beiden Kollegen einen neuen Tiefpunkt: "Das war das letzte Mal, dass Sie sich in mein Leben eingemischt haben", herrscht Bukow die König an.

"Kindeswohl" ist ein aufwühlendes Drama um das Geschäft mit der "Auslagerung" von schwierigen Jugendlichen ins benachbarte Ausland. Der Film verbreitet eine fast skandinavisch anmutende Winteratmosphäre, die gut zu der Geschichte passt. Im Mittelpunkt steht Keno, wütend, verzweifelt, unkontrolliert. Der junge Junis Marlon, der schon seit dem Kindesalter vor der Kamera steht, spielt den extrem gewalttätigen Jugendliche sehr intensiv und konzentriert, in einigen Momenten sogar richtig beängstigend. Und Charly Hübner und Anneke Kim Sarnau überzeugen auch im 19. Einsatz als spannende, problembeladene Ermittlerfiguren Bukow und König, die sich nichts schenken und ständig angiften.

"Polizeiruf 110": Kindeswohl läuft am Sonntag, ARD, 20.15 Uhr.

Volker Bergmeister