Montessori kritisch hinterfragen

23.03.2009 | Stand 03.12.2020, 5:06 Uhr

Zu "Montessori-Verein macht Druck" (EK vom 21./22.März):

Vor 100 Jahren hat Maria Montessori ihr erstes Kinderhaus eröffnet. Heute boomt ihr Konzept wie nie zuvor. Viele sehen es als Allheilmittel – dabei ist die individuelle Methode gar nicht so einfach. Ach ja, Montessori, eine Schule, in der das Kind im Mittelpunkt steht. In der es sich frei von Leistungsdruck in eigener Geschwindigkeit entfaltet. Eine Schule, die eben anders ist.

Nie zuvor war die Montessori-Begeisterung so verbreitet wie heute. Pisa hat das Vertrauen in das öffentliche Schulsystem erschüttert. Aus Furcht vor den schmalen Leistungen der etablierten Lehranstalten suchen Eltern händeringend nach Alternativen.

Hungrig nach einer anderen Schule greifen viele Eltern zu. Montessori klingt liebevoller, kindgerechter, besser? Gerade Eltern, die fürchten, dass ihr Kind im öffentlichen Schulsystem nicht genug gefördert wird, setzen auf dieses Angebot – oft völlig unkritisch. Ob diese Pädagogik tatsächlich zu den Bedürfnissen ihres Kindes passt, ob die Schule tatsächlich ein durchdachtes Konzept und gut ausgebildete Montessori-Lehrer hat, hinterfragt kaum einer.

Montessoris Idee des individuellen Unterrichts setzt sich doch bereits an vielen Grundschulen immer mehr durch. Andere Teile ihrer Pädagogik, etwa die religiös-esoterischen Prinzipien der "kosmischen Erziehung", sind umstritten. Man sollte sich von Montessori nicht das pädagogische Heil versprechen. Vor allem gute Lehrer machen den Erfolg einer Schule aus, weniger die pädagogischen Methoden. Das ist an allen Schulen sowie auch in Kindertagesstätten so.

Ein kritischer Blick lohnt aber dennoch allemal, denn die meisten Montessori-Schulen verlangen schließlich Schulgeld. Das hätte der Ärztin und Reformpädagogin Maria Montessori wohl weniger gefallen. Denn schließlich war ihr vor hundert Jahren eröffnetes Casa dei Bambini in einem Armenviertel Roms angesiedelt. Darum wäre es besser und für alle Kinder erforderlich, unser bestehendes Schulsystem zu verbessern. In Bayern ist unser Kultusminister gefordert, die Verbesserung der Rahmenbedingungen endlich umzusetzen, wie beispielsweise kleinere Klassen, das würde dem Anspruch der individuellen Förderung Rechnung tragen: die Anwesenheit von mindestens zwei Lehrern in einer Klasse, der Ausbau von Intensivierungsstunden auch in der Grundschule sowie eine bessere Zusammenarbeit mit den Kindertagesstätten.

Es wäre wunderbar, wenn auch in der Schule verschiedenste Ansätze der Pädagogik zu einem vernünftigen Konzept vereint werden würden, aber ich halte ein Konzept, das sich nur auf eine einzige pädagogische Richtung beschränkt, für sehr fragwürdig.

Es gibt neben Maria Montessori viele weitere sehr gute Pädagogen und Wissenschaftler, deren Erkenntnisse in der heutigen Zeit immer mit berücksichtigt werden müssen, um unsere Kinder für die Zukunft bestens vorzubereiten.

Martina Riedl

Erzieherin

Denkendorf