Olympiasieger
"Momentan nehme ich alles mit"

17.01.2017 | Stand 02.12.2020, 18:47 Uhr

Da steht der Sportlertraum: Turner Fabian Hambüchen zeigt auf seine olympische Goldmedaille. - Foto: privat

Koblenz (DK) Olympiasieger bleibt man ein Leben, heißt es. Aber wie verändert sich dieses, wenn man den unvergesslichen Moment des Triumphs hinter sich hat? Wir haben uns mit denen getroffen, die Gold geküsst haben. Im zweiten Teil der Serie kommt Turner Fabian Hambüchen zu Wort. Er will jetzt die Chance nutzen, Profit aus dem Olympiasieg zu schlagen.

Fabian Hambüchen muss früh raus an diesem Morgen. Obwohl er am Abend vorher mit Freundin Marcia Ev noch auf einer Studentenfete in Koblenz - seinem neuen Wohnort - etwas länger unterwegs war. "Wir waren um 1 Uhr zu Hause. Also ausschlafen. Aber Pustekuchen", sagt der 29-jährige Wetzlarer. Um halb sieben klingelte es an der Tür. "Dopingkontrolle mit Blutabnehmen", erklärt Hambüchen die frühe Störung. Komplett raus aus dem "Überwachungsmodus" eines Leistungssportlers ist der Reck-Olympiasieger, der 2016 zum zweiten Mal nach 2007 zum Sportler des Jahres gewählt wurde trotz des Endes seiner internationalen Karriere nach dem goldenen Moment von Rio nicht.

 

Herr Hambüchen, wie sieht Ihr Leben nach der Goldmedaille von Rio momentan aus?

Fabian Hambüchen: Stand jetzt ist, dass ich immer noch nicht im Urlaub war. Es ist ein Terminmarathon pur. Ich habe mein Sportstudium in Köln wieder aufgenommen. Für die KTV Obere Lahn habe ich noch in der Bundesliga geturnt.

 

Sehnen Sie sich nach etwas weniger Terminen?

Hambüchen: Ich könnte dichtmachen und sagen, dass ich meine Ruhe haben will. Wir sprechen hier aber vom Turnen und nicht vom Fußball. Ich muss jetzt die Chance nutzen, Profit aus Olympia-Gold zu schlagen.

 

Sie schauen, dass Sie, solange Ihr Name in den Medien und in der Öffentlichkeit präsent ist, damit auch Geld verdienen.

Hambüchen: Ich bin nicht mehr der Sportler, der die nächsten Olympischen Spiele im Visier hat. Finanziell ist das jetzt die Chance, etwas zur Seite legen zu können. Ich werde nie ausgesorgt haben. Ich will später arbeiten, mache mein Studium weiter. Natürlich sagen mein Management und ich Sachen ab. Wenn eine Anfrage vom Dschungel-Camp käme, ist von Klaus Kärcher und von mir aus klar, dass ich das nie machen würde. Momentan nehme ich alles mit: Goldene Henne, Bambi, Sportlerwahl. Das sind super schöne Events, aber da verdiene ich ja nichts.

 

Nichts?

Hambüchen: Es ist ein Trugschluss zu denken: Nur wenn ich über den roten Teppich laufe, bekomme ich einen Haufen Geld dafür. Bei den Terminen, bei denen ich nicht gesehen werde, verdiene ich mehr.

 

Zum Beispiel?

Hambüchen: Ich halte Vorträge über mentales Training oder Motivation. Die Leute hören mir gerne zu. Ich will helfen. Das weitergeben, was ich gelernt habe. Damit andere Menschen mit Stress klarkommen. Als Leistungssportler stand ich über lange Jahre ständig unter Druck.

 

Der Druck hat sich nach dem Olympiasieg bei Ihnen innerhalb von Sekunden gelöst, oder?

Hambüchen: Die Phase kurz vor dem Wettkampf, egal, welcher es war, war so nervenzerrend und anstrengend. Dann ist Olympia vorbei und ich denke: Super, es wird lockerer. Und plötzlich stehe ich bei "Schlag den Star", und mir geht bei einer Spielshow genauso die Muffe. Beim Turnen weiß ich, was ich kann. Im Duell mit Bülent Ceylan wusste ich nicht, was auf mich zukommt und ob ich bei dem oder dem Spiel total blöd aussehe.

 

Und dann gewinnen Sie 100 000 Euro. Was haben Sie mit dem Geld gemacht?

Hambüchen: Noch gar nichts. Erstmal klären wir ab, ob das Geld steuerfrei ist oder nicht. Ich habe die 100 000 Euro zur Seite gelegt, um damit später mal ein Haus zu bauen, eine Familie ernähren zu können und Kindern etwas zu ermöglichen.

 

Dann reden wir doch kurz über Sie und Ihre Freundin Marcia. Haben Sie schon Hochzeitspläne?

Hambüchen: Nachdenken kann man, aber Pläne haben wir nicht. Wir sind jetzt eineinhalb Jahre zusammen und beide noch voll im Studium. Wenn ich heirate, dann will ich die Zeit dazu haben und den Moment in vollen Zügen genießen.

 

Starten Sie 2017 noch einmal in der Bundesliga für die KTV Obere Lahn?

Hambüchen: Ich bleibe bei der KTV. Es wird ein schlagkräftiges Team - egal, wie viel ich turne. Mit Lukas Dauser kommt ein Topmann dazu. Das Finale ist drin.

 

Gleichzeitig basteln Sie fleißig an der Karriere nach der Sportlerlaufbahn. Wie sehen die Pläne konkret aus?

Hambüchen: Letztendlich habe ich mir drei Optionen zurechtgelegt. Erstens könnte ich in den Trainer-Lehrer-Bereich in Wetzlar einsteigen. Ich kann mir vorstellen, dass wenn mein Papa in dreieinhalb Jahren in Rente geht, wir einen vernünftigen Übergang finden. Zweitens könnte ich im Management bei Klaus Kärcher mitarbeiten. Ich betreue Lukas Dauser und Turnkollegin Tabea Alt jetzt schon. Oder es geht in Richtung Medien. Das alles überlege ich mir in der Zeit, in der ich studiere.

 

Wie lange brauchen Sie noch bis zum Abschluss?

Hambüchen: Zwei, drei Semester wird es noch dauern, dann mache ich meinen Bachelor an der Sporthochschule Köln.