Neuburg
"Momentan macht meine Tätigkeit kaum noch Spaß"

Fußball-Spielgruppenleiter Günther Behr und seine Gedanken rund um die Corona-Pandemie

17.03.2021 | Stand 23.09.2023, 17:26 Uhr
Fußball - eine echte Kontaktsportart: Aber ab wann geht es im Kreis Ostschwaben wirklich wieder um Punkte? −Foto: M. Schalk

Neuburg - Als ob es Günther Behr (kleines Bild) momentan nicht schon schwer genug hätte.

Nicht nur, dass der für den Fußballkreis Ostschwaben zuständige Spielgruppenleiter weiterhin nicht genau sagen kann, wann denn der Punktrundenbetrieb in seinen Klassen beziehungsweise Ligen genau fortgesetzt wird - jetzt wird er zudem noch von seinem Herzensverein geärgert. Der 53-jährige ist schließlich glühender Verehrer von Borussia Mönchengladbach - und auch mit den "Fohlen" vom Niederrhein hat er seit einiger Zeit nichts mehr zu lachen.

"Aktuell ist's wirklich nicht mehr lustig, was wir zusammenkicken", so der Neuburger. Aber damit ist schon Schluss, mehr möchte er lieber nicht zu seinen eigentlichen Lieblingen aus dem Profibereich sagen. Also weiter zu seiner Funktion als Spielgruppenleiter. Bloß wie man es auch probiert, seine Miene erhellt sich bei diesem Thema ebenfalls nicht, sondern bleibt extrem sorgenvoll. "Ich verstehe ja, dass der Wunsch groß ist, möglich schnell wieder auf den Fußballplatz zu dürfen. Aber so, wie es derzeit geplant ist, halte ich das Ganze komplett für verfrüht. "

Stand jetzt soll ja ab dem kommenden Montag wieder Amateurfußball (beziehungsweise Kontaktsport im Freien) erlaubt sein. Allerdings müssen hierfür die Inzidenzwerte in den jeweiligen Landkreisen unter 100 liegen (Neuburg-Schrobenhausen gestern bei 77,1, Pfaffenhofen gestern bei 82,7) - und zudem ist ein tagesaktueller Schnell- beziehungsweise Selbsttest eines jeden einzelnen Aktiven nötig. "Bloß wie soll gerade das Letztgenannte in der Praxis gehandhabt werden? ", fragt sich Günther Behr: "Man stelle sich vor, ein Fußballer macht einen Schnelltest in der Mittagspause des Trainingstages, bei dem er hoffentlich das Ergebnis ,negativ' erhält. Muss er sich danach zu Hause so lange einschließen, bis er dann am Abend zur gemeinsamen Einheit mit seinen Teamkameraden fährt? Schließlich könnte er sich ansonsten am Nachmittag in der Arbeit kurzfristig mit dem Corona-Virus anstecken. . . "

Nein, er persönlich würde bei alledem nicht mehr hundertprozentig durchblicken, räumt der Spielgruppenleiter aus Neuburg ein. "Würde es rein nach mir gehen, hätten wir noch bis Ostern gewartet, bis es wieder mit dem gemeinsamen Fußball losgeht. Wir hätten dann den Ligapokalwettbewerb ersatzlos streichen können und würden immer noch genügend Zeit besitzen, um die restliche Punktrunde 2019/21 inklusive aller Relegationspartien bis Ende Juni durchzuführen. " Aber die Entscheider beim Bayerischen Fußball-Verband sehen es ein bisschen anders. Und Behr aus dem verhältnismäßig kleinen Bereich Ostschwaben hat sich dem zu fügen.

Grundsätzlich mag er ja seinen ehrenamtlichen Job als Spielgruppenleiter, mag den kollegialen Umgang mit Vereinsfunktionären und Spielern. "Nur momentan macht meine Tätigkeit kaum noch Spaß", gibt er zu. Wie viele Pläne er für den Re-Start im Frühjahr schon erarbeitet habe? Wie viele hiervon bereits wieder in den Papierkorb verschwunden sind? Behr möchte in dieser Hinsicht lieber nicht konkret werden. Das tut er stattdessen, wenn es um das aktuelle Modell des BFV geht - mit dem bereits erwähnten Trainingsbeginn am 22. März sowie einem Punktrundenauftakt dann schon am 11. April: "Sollte es Vereine geben, die hierin eine Art Wettbewerbsverzerrung sehen - ich könnte sie sogar ein Stück weit verstehen, denn nur drei Wochen Vorbreitungszeit nach einer zuvor monatelangen Pause sind in der Tat extrem wenig. "

Er selbst versuche das Ganze zumindest so weit zu entschärfen, indem er in Ostschwaben für den 11. April nur Nachholspiele ansetzen würde. "Aber selbst das ist - Stand jetzt - komplett ohne Gewähr", warnt der 53-Jährige: "Sollten die Inzidenzzahlen an Ostern wieder überall über der 100er-Marke liegen, glaube ich nicht mehr an Fußball noch im April. "

Im benachbarten Fußballkreis Donau/Isar schaut es kaum rosiger aus, dort hat Spielgruppenleiter Ludwig Schmidt mit nahezu den gleichen Problemen zu kämpfen wie sein Pendant aus Neuburg. Aber nicht nur deswegen verfolgt Letztgenannter seinen Kollegen aus Kösching ganz genau. Er arbeitet ja nebenbei auch als Cheftrainer des TSV Egweil - und ist somit von Schmidts Planungen höchstpersönlich betroffen. Übrigens: Aktuell belegt Behr mit seinem Klub den ersten Tabellenplatz der B-Klasse I, der Gewinn des Meistertitels scheint also mehr als möglich zu sein. Und dieser wäre dem Neuburger absolut zu gönnen.

Der 53-Jährige war schon immer jemand, der den Fußball liebte. Seine Nachwuchszeit hatte er einst beim VfR Neuburg verbracht - "zum großen Teil sogar höherklassig", wie Behr sich schmunzelnd erinnert. Seine Position: Immer ein klassischer Zehner, der es liebte, sich der Manndeckung des Gegners zu entziehen, um dafür schöne Bälle in die Tiefe des Raums zu schlagen. "Auch auch wenn diese nur höchst selten ankamen", wie er mit einem breiten Grinsen im Gesicht ergänzt. Im Alter von 24 Jahre trat Behr schließlich seine erste Stelle als Spielertrainer an, war drei Spielzeiten lang für den SC Feldkirchen tätig - ehe er krankheitsbedingt seine aktive Karriere beenden musste.

Aber komplett ohne Fußball? Das ging, das geht für den Neuburger wirklich nicht. Ob es die aktiven Fußballer jetzt, nach der langen Corona-Zwangspause, ebenso sehen? "Das kann ich nur schwer einschätzen", so der 53-Jährige: "Mein Telefon ist zurzeit eher ruhig, ich habe kaum Kontakt zu den verschiedenen Abteilungsleitern. Das kann man aber auch positiv sehen, denn das bedeutet, dass kein Verein aktuell eine Mannschaft wegen Spielermangels abmelden muss. "

Also doch irgendwie noch alles gut im Fußballsektor? " Es wäre schön, wenn das stimmen sollte", sagt Behr: "Andererseits wäre ich nicht überrascht, wenn sich der eine oder andere Klubfunktionär über kurz oder lang doch zurückzieht. Ich bewundere wirklich jeden einzelnen von ihnen, der es sich ehrenamtlich antut, regelmäßig Prügel von verschiedenen Seiten zu bekommen - nur weil er versucht, mit aller Kraft den Karren beim eigenen Verein aus dem Dreck zu ziehen. "

Beziehungsweise im eigenem Fußballkreis - womit wir wieder beim 53-jährigen Neuburger persönlich wären. Bis zum Februar 2022 ist er noch als Spielgruppenleiter für seine neun Klassen verantwortlich - und dann? "Natürlich mache ich mir schon jetzt meine Gedanken, ob es für mich in einem Jahr weitergehen wird", so Behr: "Und aktuell möchte ich überhaupt nichts ausschließen. " Die Chance auf eine Fortsetzung seiner Tätigkeit - in Prozenten ausgedrückt: "Stand jetzt 50:50".

DK

Roland Kaufmann