Möckenlohe
Möckenlohe und das Wasser

Bewohner sperrten sich lange gegen öffentliche Versorgung - Tote Ratten im Brunnenschacht - Magd musste pumpen

19.02.2021 | Stand 23.09.2023, 17:07 Uhr
Dominik Harrer
Der Möckenloher Dorfbrunnen um 1960, im Hintergrund das alte Pfarrhaus. −Foto: Willibald Funk

Möckenlohe - Heutzutage steht uns fließendes Wasser im Bad, in der Küche oder am WC jederzeit zur Verfügung.

Was uns modernen Menschen selbstverständlich erscheint, wurde in Möckenlohe erst 1960 verwirklicht - gegen anfänglich große Widerstände.

"Möckenlohe ist ein Ort, der an den Unterlassungen der Vergangenheit leidet. Ihm fehlt das Wasser. " So beschreibt Lehrer Heckl die Situation Anfang der 1950er-Jahre im Ort. Schon 1939 - so zitiert er Altbürgermeister Funk - sei beabsichtigt gewesen, von Nassenfels aus die umliegenden Orte mit Wasser zu versorgen. Der Krieg jedoch zerschlug diese Pläne. Wäre es im Trockenjahr 1948/49 zu einem Brand gekommen, so hätte dies aufgrund fehlender Löschwasserkapazitäten zu verheerenden Folgen führen können.

Initiative des Landkreises

Im Dezember 1949 beschloss der Landkreis Eichstätt, Schritte in die Wege zu leiten, um die Gemeinden Möckenlohe und Adelschlag an das Pietenfelder Wassernetz anzuschließen. Der Möckenloher Gemeinderat erklärte sich am 26. Dezember 1949 außerstande, den Anschluss alleine zu genehmigen. Am 22. Januar 1950 wurde daher eine Gemeindeversammlung einberufen, und hier wurde der Plan eines Anschlusses einstimmig abgelehnt. Als Gründe wurden angeführt, die Kosten seien zu hoch und die Zuschussmöglichkeiten noch ungeklärt. Außerdem, so schreibt Lehrer Heckl, fehlte ein "Kopf, der die Sache energisch in die Hand genommen hätte".

Anregung aus Nassenfels

Schon wenige Monate später kam ein erneuter Vorstoß des Landratsamtes: Eine Bürgerin aus Nassenfels hätte mitgeteilt, dass sich auf ihrem Grundstück beim Brunnenbau in einer Tiefe von 14 Metern eine unterirdische Höhle gefunden hätte, die ständig von frischem Wasser angefüllt werde. In Trockenzeiten seien durch diesen Brunnen mehr als 30 Anwesen mit Wasser versorgt worden, ohne dass ein Absinken des Wasserspiegels beobachtet worden wäre. Aus diesem Grund wurde angeregt, eine Gruppenwasserversorgung mit Speisung aus dieser Quelle für die Orte Nassenfels, Egweil, Meilenhofen, Möckenlohe und Adelschlag einzurichten. Es wurde vermutet, dass es sich hierbei um eine auslaufende Juraquelle handelte, ähnlich dem Gleßbrunnen bei Wolkertshofen. Der Möckenloher Gemeinderat teilte jedoch am 30. April 1950 mit, dass "unter den angegebenen Verhältnissen kein Interesse an der Errichtung einer Wasserversorgungsanlage" bestehe. Es müsste vor allem die Liefermöglichkeit und Zuverlässigkeit des Brunnens geprüft werden.

Erneuter Vorstoß

Der Landkreis Eichstätt ließ jedoch nicht locker, schrieb die Gemeinde Möckenlohe am 1. Februar 1951 erneut an und verwies auf das dringende Problem der Wasserversorgung. Durch den Zusammenschluss verschiedener Gemeinden könnten Kosten gespart werden. Dennoch entschied sich der Möckenloher Gemeinderat nur zehn Tage später gegen die Pläne. Die Gründe hierfür lagen auf der Hand: Zum einen gab es eine große Zahl von Hauswasserleitungen, womit etwa 20 Anwesen größerer Bauern versorgt waren, zum andern fürchtete man die hohen Kosten.

Hauswasserleitungen

Veronika Stenzel (geborene Meilinger, Hausname "beim Buckmaurer") erzählte einmal, dass sie in den 1930er-Jahren für einige Wochen auf dem Speth-Hof (Oberwirt) in Möckenlohe als Magd ausgeholfen hatte. Bei dieser Gelegenheit lernte sie das Anwesen sozusagen "von innen kennen" und beschrieb die dortige Hauswasserleitung so: Wenn die Magd (die "Mitterdirn") am Brunnen im Garten hinter dem Stadel pumpte, dann hatte die Bäuerin im Haus fließendes Wasser. Dabei war immerhin eine Distanz von etwa 300 Metern zu überwinden.

Der "Boderbauer" nutzte die einzige Quelle im Dorfgebiet am ihm gehörenden "Boanger" (Bad-Anger), einer großen Wiese am damaligen Ortsrand. Die Quelle in diesem Bereich diente der Überlieferung nach schon in früheren Zeiten dem Betrieb des Möckenloher "Badhauses", der Hausname "Beim Boderbauer" geht auch auf den Zusammenhang des Anwesens mit der Tätigkeit eines "Baders" zurück.

Am Boanger gab es einen Teich, den die Quelle speiste, und in dem eine Zeit lang sogar Karpfen gehalten wurden. Diesem Teich wurde mittels einer Pumpe - geliefert von der Firma Speck aus Hilpoltstein - Wasser entnommen. Hierzu war Mitte der 1930er-Jahre ein eigener Stromanschluss an die Wiese gelegt und über den heutigen Angerweg eine Rohrleitung zum Boderbauernanwesen in der Ortsmitte gebaut worden. Die Leitung ging sogar noch weiter durchs Dorf und versorgte die Anwesen "Beim Zimmer" und den "Oberwirt" mit Wasser. Es wurde für das Vieh im Stall und als Trinkwasser verwendet.

Privater Trinkwasserbrunnen

Im Jahr 1933 hatte der Gastwirt Andreas Meyer im Hof seines Anwesens einen Tiefbrunnen mit 62 Metern bauen lassen. Dieser versorgte bis 1960 das Gasthaus und den Hof mit Trinkwasser über eine eigene Pumpanlage beziehungsweise Hauswasserleitung. 1954 war die Anlage durch den örtlichen "Schmie" erneuert worden. Der Brunnen ist bis heute erhalten, und auch wenn er derzeit nicht genutzt wird, wurde im Januar die Nitratbelastung des Wassers geprüft und als niedrig eingestuft. Immer noch bewahrt Josef Meyer die Rechnung der ausführenden Firma Hans Kastl aus Nürnberg für den Brunnenbau auf. Demnach betrugen die gesamten Baukosten für Material und Ausführung 2634 RM. Zum Vergleich: 1933 kostete am Münchner Oktoberfest die Maß Bier 90 Pfennige. Weil der Brunnen ursprünglich nur auf 50 Meter geplant war, wegen Problemen im Untergrund aber um 12 Meter tiefer gebohrt werden musste und deshalb die Kosten enorm gestiegen waren, findet sich am Ende der Rechnung ein bezeichnender Satz: "Es ist mir lieber, wenn ich die wirklichen Unkosten bezahlt bekomme, wenn du glaubst, dass es zu hoch gerechnet ist. "

Dorfbrunnen

Kleinere Anwesen ohne eigenen Brunnen mussten ihren Wasserbedarf über den Dorfbrunnen decken. Er befand sich in der Ortsmitte unweit des Möckenloher Pfarrhofs, östlich des Lebensmittelgeschäfts Habold. Seine Tiefe betrug etwa 11 Meter, und er wurde ganz selbstverständlich als Trinkwasserbrunnen genutzt. Dazu wurde das Wasser mit einer Handpumpe an die Oberfläche gefördert und in hölzernen Zubern nach Hause transportiert. Eine objektive Aussage über die Wasserqualität ist wohl nicht mehr möglich, jedoch werden von älteren Dorfbewohnern bis heute gern Anekdoten von toten Ratten oder Ähnlichem im Brunnenschacht erzählt - um im gleichen Atemzug lächelnd zu erwähnen: "Wir leben alle noch! " In den 1960er-Jahren wurde der Dorfbrunnen leider eingefüllt, er ist aus dem Ortsbild verschwunden. Nur mehr ein Hydrant, der sich heutzutage an etwa der Stelle des alten Dorfbrunnens befindet, erinnert entfernt an die zentrale dörfliche Wasserstelle. Im Frühjahr 1952 war ein zusätzlicher Gemeindebrunnen am nördlichen Ortseingang als Feuer- und Reservebrunnen gebaut worden, er besteht bis heute.

Moderne Wasserleitung

Im Mai 1960 war es aber dann doch endlich so weit: Möckenlohe wurde zusammen mit Egweil, Nassenfels, Adelschlag, Meilenhofen und Zell an die zentrale Wasserversorgung angeschlossen. Fortan kam das Wasser aus einem 12 Meter tiefen Brunnen im Schuttertal und gilt bis heute als Trinkwasser bester Qualität. In vielen Anwesen wurden die Leitungen übrigens zunächst nicht neu verlegt, sondern die gemeindliche Trinkwasserleitung ging wieder zu den vorhandenen Brunnen und speiste von dort die bereits bestehenden Hauswasserleitungen. In manchen Fällen befand sich sogar die Wasseruhr im Brunnenschacht.

Auch wenn es viele Jahre Widerstand gegen die öffentliche Wasserleitung in Möckenlohe gab, so dürfte heutzutage niemand mehr den Nutzen und die Vorteile von jederzeit verfügbarem Trinkwasser anzweifeln.

EK

Dominik Harrer