Eichstätt
Modisch aufgemöbelt und vom Putzwahn befreit

07.11.2010 | Stand 03.12.2020, 3:29 Uhr

Opa Schöberl bringt Ordnung in das Chaos, nachdem Mama Berta (rechts) zum Aufmöbeln in die Stadt gefahren war und modisch gestylt zurückkam. Vater und Sohn schauten hilflos zu. - Fotos: smo

Eichstätt (EK) Als Helmut Kellerer vor neun Jahren die Kolpingbühne aus dem Dornröschenschlaf weckte, waren die Eichstätter kaum zu bremsen. Bei der ersten Premiere damals mussten sogar zusätzliche Stühle in den Kolpingsaal gebracht werden.

Der Zustrom des Publikums hielt auch einige Jahre an – aber so langsam scheint einem, vergessen die Eichstätter ihre Traditionsbühne wieder: Gerade einmal 90 Zuschauer hatten sich für die Premiere am Samstagabend im Festsaal des Gesellenhauses eingefunden.

Dabei war es nicht nur angesichts des recht diesigen Wetters ein richtig erheiternder Dreiakter, den die neun Schauspieler um Spielleiter Wolfgang Weiß und Peter Glaßner auf die Bühne stellte. Es war auch noch ein Jubiläum zu feiern. Zum 150. Theaterstück nach Gründung 1880 hob sich heuer der Vorhang.

"Rein profilaktisch", wie Sigi Schöberl (Johannes Fieger), der Sohn des Hauses, während des Stücks eigentlich immer zu sagten pflege, staubsaugte seine Mutter Berta (Birgit Otz) den ,echten Perser‘ am Anfang sicher nicht. Das Ganze wird ihr von mehreren Seiten als "Pfannenschrubber-Syndrom" diagnostiziert, ihre Freundin Gila (Waltraud Altrichter) macht daraus gar "Frau Saubermann aus Leidenschaft". Die Aktionen von Mutter Berta schaffen allerdings mehr Leiden als ihr Lieb ist – bis hin zum hausgemachten Familienkrieg. Den fabriziert allerdings erst die etepetete aufgestylte Gila, als sie die Schöberl-Mama von ihrem Mann Heinrich (Michael Danner) und Sohn Sigi in die Stadt wegholt. Mannequin soll sie werden. Richtig aufgemöbelt – kanarienvogelgelb und fescher Sonnenbrille – kehrt sie von ihrem Ausflug in die Stadt zurück.

Alma und Otto Dünnwald, (Hanna Risch und Tobias Vater), die Nachbarn in der Schrebergarten-Kolonie, und Bernd Lauber, ein Berta aus der Stadt nachgereister Verehrer machen den Wirrwarr im Hause Schöberl noch größer. Als auch noch Sohn Sigi die Dünnwaldsche Tochter (Steffi Otz) mit nach Hause bringt, ist das Chaos perfekt. Der einzige der da noch Ordnung rein bringen kann, ist der aus dem Altersheim ausgebüchste Opa Schöberl (Wolfgang Weiß).

Weiß, der zusammen mit Peter Glaßner Regie führte, brachte dann auch Schwung ins Stück.

War das Publikum den ersten Akt über doch sehr verhalten in seinen Reaktionen – obwohl Lacher drin gewesen wären – kamen die ab Wolfgang Weiß‘ Auftreten vermehrt und deutlicher. Beste schauspielerische Leistungen lieferten alle Mitwirkenden ab – was der minutenlange Schlussapplaus bezeugte. Souffleuse Karin Adametz musste zwar das ein oder andere Mal aushelfen, aber das gehört beim Theaterspielen einfach dazu. Auch die Maskenbildnerinnen Annette Otz und Steffi Speth sowie Bühnenbauer Emil Otz und Hans Walz am Vorhang leisteten ganze Arbeit.

Jetzt muss bei den verbleibenden Aufführungen nur noch das Publikum mitmachen – sein Applaus ist noch immer das Brot des Künstlers. Und verhungern sollten die Schauspieler der Kolpingbühne bitte nicht. Dann wäre Eichstätt um eine 130-jährige Tradition ärmer.