Pfaffenhofen
Modellprojekt gegen "Flächenfraß"

Im Landkreis Pfaffenhofen werden für den Naturschutz neue Kompensationsformen erprobt

18.07.2013 | Stand 02.12.2020, 23:53 Uhr

Pfaffenhofen (DK) Ein bayernweites Pilotprojekt für naturschutzfachliche Kompensation ist im Landkreis Pfaffenhofen gestartet worden. Es soll den Verbrauch landwirtschaftlicher Nutzflächen als Ausgleichsflächen eindämmen, flexibler sein und obendrein auch ökologische Vorteile bieten.

Bruckbach wird nicht nur das erste gemeindeübergreifende Gewerbegebiet im Landkreis Pfaffenhofen, es ist auch ein Pilotprojekt auf Bayernebene: Rund um das geplante gemeinsame Wolnzacher und Rohrbacher Gewerbegebiet soll die sogenannte produktionsintegrierte Kompensation (Pik) in der Praxis getestet werden: Landwirte bekommen dabei Ausgleichszahlungen für Naturschutzmaßnahmen auf ihren bewirtschafteten Flächen – etwa Brachstreifen am Ackerrand, Rückzugsräume für gefährdete Vogelarten oder Auwaldpflanzungen entlang der Ilm. Möglich macht das die Bayerische Kulturlandstiftung (BKLS) in Zusammenarbeit mit Landwirten, der Pfaffenhofener Trend-Gruppe als Erschließungsträger, den beteiligten Kommunen, dem Landkreis mit der Unteren Naturschutzbehörde, dem Bayerischen Bauernverband (BBV), dem Projektentwickler und der Regierung von Oberbayern.

„Das ist nicht irgendein Feigenblatt – wir reden über ganz konkrete artenschutzfachliche Maßnahmen“, erklärt BKLS-Vorsitzender Walter Heidl, der auch BBV-Präsident ist. Ziel sei es, landwirtschaftliche Nutzflächen zu erhalten. Den „Landfraß“ stoppen, wie er es nennt. „Nicht nur blind Flächen der Nutzung entziehen, um die 100. Streuobstwiese anzulegen.“

Das Bundesnaturschutzgesetz regelt, dass Eingriffe in die unbebaute Landschaft, etwa durch neu ausgewiesene Bau- oder Gewerbegebiete, mit ökologischen Ausgleichsflächen kompensiert werden müssen. In der Praxis bedeutet das bisher, dass die Kommune oder der Erschließungsträger von Landwirten Grundstücke kauft und diese 25 Jahre lang dem Naturschutz zur Verfügung stellt.

Im Fall Bruckbachs, dessen erster Bauabschnitt 23 Hektar umfasst, hätten rund 7,8 Hektar als Ausgleichsfläche ausgewiesen und so der landwirtschaftlichen Nutzung entzogen werden müssen.

Doch im Zuge des Pilotprojekts soll auf zwei Hektar davon nun das Pik-Modell erprobt werden: „Auf diesen Flächen, auf denen die landwirtschaftliche Produktion weiterläuft, werden Maßnahmen für Umwelt-, Natur- und Artenschutz realisiert“, erklärt Landrat Martin Wolf (CSU). Die Kulturlandstiftung bekommt dafür vom Erschließungsträger des jeweiligen Baugebiets Geld, das ansonsten in den Kauf von Ausgleichsflächen fließen würde. Damit finanziert die BKLS ebenfalls 25 Jahre lang Ausgleichszahlungen an Landwirte, die in Abstimmung mit der Unteren Naturschutzbehörde passende Naturschutzmaßnahmen auf ihren eigenen Flächen realisieren. Dafür werden Fünf-Jahres-Verträge geschlossen. Koordiniert wird das von der BKLS: „Wir von der Bayerischen Kulturlandstiftung wollen die Kooperationen und die Kommunikation am Laufen halten“, erklärt Projektleiter Dominik Himmler. „Es sitzen schließlich viele Interessengruppen an einem Tisch.“

Laut Wolf bietet die produktionsintegrierte Kompensation nicht nur für Landwirte, sondern auch für den Naturschutz Vorteile: Anstatt irgendwelche Flächen brach liegen zu lassen, könne man gezielt für die Ilmauen sinnvolle Naturschutzprojekte umsetzen. Im konkreten Fall wären das etwa Projekte zum Schutz von Kiebitz, Rebhuhn oder Heidelerche. Landwirte könnten etwa unbesäte Flecken in den Weizenfeldern zum Brüten freilassen oder bestehende Biotope durch Grünstreifen verbinden. „Für den Naturschutz ist das eine große Chance“, sagt Landrat Wolf. Und gleichzeitig könnten die Landwirte die betreffenden Grundstücke extensiv bewirtschaften, anstatt sie nur der Natur zu überlassen. „Ökonomischer Nutzen und ökologischer Wert schließen sich nicht aus“, betont dazu auch BBV-Kreisobmann Max Weichenrieder.