Reichertshofen (DK) Caroline Jung strahlt. Erstens, weil sie wieder zu Hause ist in Reichertshofen. Zweitens, weil sie vier Wochen in Gujarat/Indien war. Eingeladen zum ersten Global Art Festival. Ein Spektakel mit 30 Künstlern aus 18 Nationen, die nahe der Grenze zu Pakistan zu Kunstpionieren wurden.
"Es war schon lang, aber einfach unbeschreiblich", sagt Jung und macht kurz Pause. Dann sprudelt es aus ihr heraus: Mahatma Gandhi, Weltkulturerbe, Salzwüste, Ehrengäste, 3D-Künstler, 23-Stunden-Anreise, 14-Stunden-Busfahrten, Pakistan, Polizeischutz, Tempel, Veganerin von 0 auf 100 und natürlich: "Fünf Kunstwerke habe ich in den vier Wochen geschaffen." Wohl gemerkt: fünf Mosaik-Kunstwerke, zum Teil ansehnlich groß.
Jung war wie knapp 30 weitere Künstler aus aller Welt eingeladen worden. Ganz offiziell von der Regierung. Aber auf Betreiben eines Künstlers aus Amerika, den Jung vor fünf Jahren in Chile kennengelernt hatte. "Wir wurden empfangen wie Ehrengäste", erzählt die Reichertshofenerin.
Natürlich stand die Kunst im Vordergrund. Aber auch Kultur, Land und Leute fanden Platz in der Vier-Wochen-Reise. "Wir haben einen Sonnentempel aus dem elften Jahrhundert angeschaut, ich habe trotz strenger Bewachung an der Grenze sogar einen Fuß auf pakistanischen Grund gesetzt." Das beeindruckendste Bauwerk war die 182 Meter hohe Statue of Unity, die sich im indischen Nirgendwo befindet: "Sie steht an einer Staustufe und ist fast doppelt so hoch wie die Freiheitsstatue." Das Wasser für diese Staustufe fließt übrigens durch Kanäle, die zusammen 11000 Kilometer lang sind und aus dem Himalaya gespeist werden.
Jung erzählt weiter: "Ich habe den zweitgrößten Salzsee der Erde gesehen. Der wurde von einem indischen Zement-Giganten entdeckt." Das Unternehmen haben die Künstler natürlich auch besucht. "Blumenkinder waren da, der Vorstand des Betriebs empfing uns. Es gab Omelett - die ersten Eier seit zwei Wochen. Gott sei dank war es nicht so würzig." Das Essen war Jung und mitteleuropäische Essgewohnheiten gewöhnungsbedürftig. "Ich war von 0 auf 100 Vegetarierin. Es gab nämlich nichts anderes." Zumindest kein Fleisch. Die Hauptstadt von Gujarat, Ahmendabad, war Gandhis Geburtsstadt, und er hat kein Fleisch gegessen. Jung nennt das Essen "kreativ", lobt die Kochkünste als "hervorragend" und nennt den Einsatz von Gemüse als "wahnsinnig viel". Ihr Magen hat alles verkraftet. "Dank viel Cola, vielen Bananen und viel Schokolade."
Das Kunst-Festival empfand die gebürtige Pfaffenhofenerin als "sensationell". Sie war auch eine der wenigen, die die vom Veranstalter erhofften fünf Kunstwerke in den vier Wochen realisiert hat. "Diese Kunstwerke sollen als Werbung für kommende Events auf Reisen geschickt werden." Unter anderem auch nach London. "Da fliege ich dann hin."
Verrücktes Kamel, Pferdekopf, Verschleierte Inderin, Riesen-Mandala und Fatimas Hand - das waren Jungs Kunstwerke. Beim Pferdekopf fand Jung Fliesen, die Shiva und Parvati zeigten, zwei Göttinnen der indischen Mythologie. Diese Fliesen lagen völlig verschmutzt im Außenbereich einer Fliesenfabrik. Daneben eine Glasfabrik, die auch an namhafte europäische Firmen liefert. Das Mandala hatte einen Durchmesser von rund einem Meter. Jung war auf jeden Fall zufrieden mit ihren Arbeiten. Und sie hat fotografiert. Viel. "1200 Fotos habe ich gemacht, und auch schon ein Fotobuch gestaltet."
Untergebracht waren die Künstler (Mosaik, Tattoo, Wolle, Holz, Kunstfotograf und Maler) in Hütten. Von dort ging es - entweder zu Fuß oder per Anhalter im Kamelwagen - zum riesigen Zelt, in dem gearbeitet wurde. "Wenn ich nicht schlafen konnte, bin ich auch mal nachts den Kilometer gelaufen und habe weitergemacht." Drei Betreuer standen den Künstlern immer zur Verfügung, überall hatten die Geladenen freien Eintritt. "Mir war das fast schon peinlich", gibt Jung zu.
Die Reichertshofenerin hatte bei der Anreise nach Indien im Koffer neben einer Zange auch Glasscherben. "Ich wusste ja nicht, ob wir Werkzeug und wieviel Material bekommen." Auch mitgebracht hatte Jung "viele Süßigkeiten" für die Kinder. "Die sind im Zelt auch ganz gerne zu mir gekommen", erzählt Jung. Teilweise habe sie vom Frühstück Essen mitgenommen und habe es den Kindern gegeben. Dann sagt Jung, dass Deutsche die Zustände in Indien als Elend empfinden würden, dass die Menschen dort aber trotzdem glücklich wären. Sie sagt auch, dass sie versucht habe, ein Stück Bescheidenheit mit nach Deutschland zu nehmen. "Deutschland hat dich aber schneller wieder als dir lieb ist."
Nach drei Tagen Eingewöhnung wurde zehn Tage am Stück im Zelt in Rann Kutsch gearbeitet, dann gab es ein Wochenende Pause: "Da-dumm, da-dumm, da-dumm ging es über wenig gute Straßen in die Stadt. Wir sind 14 Stunden hin- und 14 Stunden zurückgehoppelt." Cool war auch, dass die Künstler im Alter von 22 bis 75 Jahren - unter ihnen ein 3D-Spezialist aus Mexiko - die indische Nationalhymne einstudiert und diese - jeder ein, zwei Zeilen Text - gesungen haben. Aufgenommen auf Video. Jung lacht: "Das hat uns Spaß gemacht." Zu sehen war es am Nationalfeiertag im indischen Fernsehen. So wie ein Bild von einigen Künstlern auf der Titelseite der lokalen Tageszeitung erschien. Natürlich mit Caroline Jung.
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