Roth
Mit viel Blumenerde in die Zwangspause

Ein Besuch im Baumarkt vor der am Freitag angeordneten Schließung für vorerst zwei Wochen

20.03.2020 | Stand 23.09.2023, 11:18 Uhr
Donnerstagnachmittag vor dem Rother Obi-Baumarkt: Mit genügend Abstand zum nächsten warten die Kunden auf den Einlass. Vor der neuen Allgemeinverfügung der Bayerischen Staatsregierung, die nun auch eine Schließung der Baumärkte für vorerst zwei Wochen zur Folge hat, wurden maximal 100 Kunden auf einmal in den Markt gelassen. −Foto: Tschapka

Roth - Am Obi-Eingang in Roth hat sich eine lange Schlange gebildet.

 

Der Grund dafür ist aber kein außerordentlicher Ansturm auf den Baumarkt, sondern die Achtsamkeit der Menschen, die genügend Abstand zu ihren Nächsten halten. Wer glaubt, dass das Geschäft in den vergangenen Tagen regelrecht gestürmt wurde, der irrt.

Es wurde zwar gut eingekauft, aber nicht extrem viel. Selbst nach der Bekanntgabe am Freitagmittag von Ministerpräsident Markus Söder, dass die nun auch die Baumärkte ab diesem Samstag für vorerst zwei Wochen geschlossen bleiben müssen, sind Hamsterkäufe, wie sie in Supermärkten zu beobachten waren, ausgeblieben.

Vor der Allgemeinverfügung, die in der Nacht zum Samstag in Kraft trat, hatte die Obi-Geschäftsleitung für alle Filialen im Bundesgebiet bereits beschlossen, maximal 100 Kunden auf einmal einzulassen. Eine Mitarbeiterin am Eingang wachte auch in Roth darüber, dass diese Zahl nicht überschritten wurde. "Entschuldigung, sie müssen bitte kurz warten, bis wieder jemand herauskommt", sagte die Frau zu den ankommenden Kunden - freundlich, aber bestimmt.

Viele zogen überrascht die Augenbraun hoch, akzeptierten aber die Anweisung in der Regel ohne Nachfrage. Zumal sich die Wartezeiten in Grenzen hielten. "Die allermeisten haben Verständnis für diese Regelung. Manche sagen sogar ausdrücklich, dass sie das gut finden", sagt die Obi-Mitarbeiterin an ihrem ungewohnten Arbeitsplatz an der Eingangstür. "Ich war hier heute noch keine fünf Minuten alleine", sagt sie, denn mehr los als sonst sei in den letzten Tagen schon.

Eine Frau, die gerade in der Schlange steht, findet die Einlassregelung richtig und wichtig. "Ich bin im Pflegebereich tätig und weiß, wie ernst die Lage ist. Hoffentlich wird es nicht noch schlimmer", sagt sie mit besorgten Gesicht.

Wer auf die Kunden blickt, die aus dem Markt herauskommen, der stellt fest, dass sich die Einkäufe nicht zu denen an einem normalen Frühlingstag unterscheiden. Vor allem gefragt ist Blumenerde. Gerade verlässt eine dreiköpfige Familie aus Büchenbach den Markt, den Einkaufswagen dick bepackt mit eben jenen Säcken für die Gartenarbeit. "Ich habe Blümchen zu Hause, und die wollen jetzt eingepflanzt werden", sagt Elisabeth Sennenberger. Lange habe sie nicht am Eingang warten müssen, bis ihr Einlass gewährt wurde, und sie verstünde auch den Sinn dieser Maßnahme. "Aber wenn sie meine persönliche Meinung hören wollen: Ich finde das alles übertrieben", sagt sie.

Auch Dominik Jüllig aus Hilpoltstein schiebt mehrere Säcke Blumenerde aus dem Markt heraus. "Ist allerdings für den Opa", sagt der im Rettungsdienst tätige junge Mann, der seine schichtfreie Zeit für den Einkauf nutzt. Beunruhigen lässt er sich angesichts der Corona-Krise nicht, und auch beruflich hat er derzeit nicht mehr zu tun als sonst. "Nur hin und wieder tauchen Leute bei uns in der BRK-Rettungswache auf, die einen Corona-Test machen wollen", sagt er verwundert. Denn wer grippeähnliche Symptome bei sich feststellt, sollte sich zunächst telefonisch an seinen Hausarzt wenden sollen, um die Ansteckungsgefahr zu minimieren.

Wer vom Wartebereich in den Markt vorgelassen worden ist, merkt nicht mehr viel von der allgemeinen Krisenstimmung. Zwischen den Gängen tummeln sich die Kunden, der ein oder andere lässt sich beraten, es herrscht eine ganz normale Baumarkt-Atmosphäre. Auffällig ist nur, dass fast alle Mitarbeiter Atemschutzmasken tragen - offenbar gibt es davon jedenfalls in diesem Markt noch keinen Mangel.

Ob das tatsächlich stimmt, hätte der Marktleiter beantworten können. Doch dieser lehnte auch nach mehrmaliger Bitte eine Stellungnahme ab. "Wir dürfen leider nichts sagen, Auskünfte erteilt ausschließlich die Pressestelle der Zentrale", sagte ein Angestellter am Service-Schalter, der wiederum von einer Plexiglasscheibe umgeben ist - zum Schutz von Kunden und Mitarbeitern, wie auf einem Schild zu lesen ist.

Wie eine Pressesprecherin später mitteilt, werde im Kassenbereich außerdem darauf geachtet, dass nicht mehr als fünf Kunden auf einmal anstehen. Da fast aber alle Kassen im Rother Obi geöffnet sind, entstehen zumindest beim Verlassen des Baumarktes keine Schlangen. Draußen angekommen wartet dann die Gartenarbeit, für die all diejenigen, die vor der vorläufigen Schließung am Freitagabend eingekauft haben und in den kommenden Wochen voraussichtlich noch viel Zeit haben dürften.

HK

 

Tobias Tschapka