Steinkirchen
Mit Spaß gegen die Bürokratie

Vereine bereiten Wagen für OCV-Gaudiwurm vor - Sinkende Teilnehmerzahlen führen zu Kritik an Auflagen

28.02.2019 | Stand 23.09.2023, 6:06 Uhr
Der Burschenverein Steinkirchen installiert auf seinem Wagen eine große Musikanlage (links). Die Feuerwehrler aus Pischelsdorf haben einen abgebrochenen Maibaum auf dem Anhänger. Das genaue Motto bleibt aber noch geheim. −Foto: Wenisch

Steinkirchen (PK) Die Wagenbauer beim OCV-Gaudiwurm werden weniger. Über die Gründe gibt es unterschiedliche Annahmen. Die noch verbliebenen Vereine sind dafür mit umso mehr Leidenschaft dabei.

Ein abgebrochener Maibaum. Recht viel mehr ist noch nicht zu sehen auf dem Faschingswagen der Freiwilligen Feuerwehr Pischelsdorf. Und das nur wenige Tage vor dem Umzug am Faschingssonntag von Reichertshausen nach Steinkirchen. Ausbrechende Hektik? "Nein", sagt Florian Moll. "Stress machen wir uns keinen." Dass der Wagen immer erst am letzten Wochenende konkrete Form annimmt und fertig wird, bestätigen auch seine Kameraden mit einem Schmunzeln. "Dann wird er halt am Ende vielleicht nicht immer ganz so, wie wir uns das vorgestellt haben." Das sei aber auch nicht das Wichtigste beim Bauen des Faschingswagens. Entscheidend seien vielmehr die Kameradschaft und der Spaß.

Insgesamt vier Wochenenden investieren die sechs jungen Feuerwehrler, um ein aktuelles Thema aus dem Dorfleben in ihrem Mottowagen umzusetzen. In diesem Jahr schon zum neunten Mal. Welches Motiv genau es sein wird, wollen sie erst beim Umzug zeigen. Aber Alexander Schemitsch erklärt schon mal: "Wir wollen nicht nur Apès-Ski." Das Thema solle jedes Jahr regional oder politisch und vor allem aktuell sein.

Mit ihrem Einsatz gehört die Pischelsdorfer Feuerwehr beim Umzug des OCV Steinkirchen (Beginn um 13 Uhr) allerdings zu einer immer kleiner werdenden Gruppe. Denn die Zahl der Wagen beim Gaudiwurm sinkt kontinuierlich. 2012 waren es nach Vereinsangaben noch zwölf Wagen, in diesem Jahr wird es nur noch die Hälfte sein. Laut Organisator Konrad Moll geht damit die Gliederung im Gaudiwurm verloren: "Bei drei oder vier Gruppen zwischen den Wagen können wir als verantwortliche Veranstalter leichter immer wieder eine gewisse Ordnung in den Zug bringen. Bei fünf und mehr Fußgruppen wird das schwer bis unmöglich."

Neben gesellschaftlichen Veränderungen führt Moll das sinkende Engagement der Vereine vor allem auf eine wachsende Vorschriftenlast zurück. "Früher konnte man mit einem sogenannten Gummiwagen, ohne gültige Papiere, aber optimal für einen Faschingswagen teilnehmen", sagt der Zugorganisator. Diese Wagen seien nicht zu groß und aus Holz und damit optimal zum Bauen und Schrauben gewesen. Aber: "Leider auch meist ohne Auflaufbremse", sagt Moll. Bei der Schrittgeschwindigkeit während des Zugs habe das in der Vergangenheit zwar nie zu Problemen geführt, heute scheitere die Teilnahme dieser Gummiwagen aber aufgrund der fehlenden Betriebserlaubnis. Stattdessen sei eine Ausnahmegenehmigung durch einen Sachverständigen notwendig. "Für einen TÜV-Angestellten eine fast unmögliche Aufgabe", sagt Moll.

Beim TÜV weiß man um die Diskussionen bei den Faschingsveranstaltern. Ganz nachvollziehen kann man sie aber nicht. Denn die entsprechende Richtlinie sei alles andere als neu. Das "Merkblatt über die Ausrüstung und den Betrieb von Fahrzeugen und Fahrzeugkombinationen für den Einsatz bei Brauchtumsveranstaltungen", wie es im Beamtendeutsch heißt, gelte schon lange, sagt ein TÜV-Sprecher. Die meisten Probleme gebe es bei TÜV-Prüfungen mit der Höhe der Brüstung, die oft zu niedrig sei, "und Sicherheit geht vor", sagt der Sprecher. In dem Merkblatt heißt es dazu: "Beim Mitführen stehender Personen ist eine Mindesthöhe der Brüstung von 1000 Millimeter einzuhalten." Der TÜV-Sprecher hat für die Vereine daher einen Tipp: den Prüfer frühzeitig informieren und in die Planungen mit einbeziehen. Wenn man ohne Absprache ein paar Tage vor dem Umzug hoffe, dass der Wagen so durchgehe, "das kann in die Hose gehen".

Der Steinkirchener Burschenverein, der sich ebenfalls seit Jahren am OCV-Gaudiwurm beteiligt, sieht den TÜV nicht als das große Problem. "Es müssen sich viele einfach wieder einen Ruck geben", sagt Vorstand Rudi Dick. So schwer und teuer sei es nicht, die Auflagen umzusetzen. Und beim OCV-Zug seien die Anforderungen ohnehin niedriger als andernorts. Dick berichtet von Umzügen in anderen Dörfern, wo Dixi-Klos auf den Wagen vorgeschrieben seien und die Lautstärke der Musik streng kontrolliert werde. Solche Einschränkungen gebe es hier nicht. Dass die Wagen weniger werden, drückt laut Dick aber auch auf die Stimmung. Denn so gebe es weniger Musik und die großen Wagen machten natürlich auch mehr her, als eine Fußgruppe.

Auch die Burschen investieren viel Zeit in den Wagenbau. Etwa 50 Stunden dauere der Aufbau auf dem Anhänger. "Man muss den Leuten ja schließlich was bieten", sagt Dick. Das Motto hält aber auch er geheim und will nur verraten: Es werde ein sehr aktuelles politisches Thema aufs Korn genommen. Den TÜV aber schon Wochen vorher einzubeziehen, das könnte schwierig werden. Denn so früh steht noch nicht einmal das Thema fest. Darüber werde immer recht kurzfristig entschieden, sagt Dick. Und im Vergleich zum Bauen, sei die Themenfindung der eigentlich langwierige Part. "Da wird schon ausführlich diskutiert", betont er.

Beim Bauen sei das Streichen das Aufwendigste, denn das Grundgerüst des Wagens sei jedes Jahr das gleiche. In den letzten Tagen stehen jetzt noch die Feinarbeiten an: Die Musikanlage montieren, die Sprüche und die Deko anbringen. Beim Umzug werden die acht Wagenbauer aber nicht alleine auf ihrem großen Anhänger sein. Etwa 40 Mitfahrer sind zugelassen. Einzige Voraussetzung: Auch die Frauen müssen sich den vom Burschenverein bestimmten Kostümen anschließen. "Die Emanzipation ist in unserem Verein eben noch nicht so vorangeschritten", sagt Dick mit einem Lachen.

Und auch die Feuerwehrler nehmen zahlreiche Mitfahrer auf. Denn schließlich gehe es letztlich um den Spaß am kommenden Sonntag: "Der eine Umzug, das ist einfach eine riesige Gaudi", sagt Lukas Held. Das sei die Motivation, um jedes Jahr wieder zum Akkuschrauber und zum Pinsel zu greifen.

Daniel Wenisch